ÖSTERREICHISCHE MEDAILLEN DER FISCHER-ZEIT Von EDUARD HOLZMAYR Abb. 1. Porträtmedaillon des Hofarchitekten Ludovico Ottavio Bunnacini, Joh. Bernh. Fischer von Erlach zuge- schrieben, 1687788. Kunsthistnrisehes Museum. Hans Sedlmayr hat seiner prächtigen Monographie über Johann Bernhard Fischer von Erlachl ein Medaillenbildnis des Meisters vorangestellt, das er als das einzig gesicherte Porträt Fischers bezeichnet (Abb. 5). Wenn aber aus dem Bestande der numisma- tischen Denkmäler ein derart wichtiges Zeugnis für das äußere Erscheinungsbild des genialen Barockarchitekten beigebracht werden kann, so wird es vielleicht auch nicht ohne Interesse sein, von seinen direkten und indirekten Beziehungen zur öster- reichischen Barockmedaille gesondert zu handeln. Wie die österreichische Barockkunst im allgemeinen, so steht auch die österreichische Barockmedaille im Zeichen des Werdens der Großmacht nach den säkularen Siegen über die Türken. Nicht etwa so, als ob die Medaille in Österreich überhaupt erst ein Geschöpf dieser kunstgesättigten Epoche gewesen wäre. Denn die vorausgegangenen Zeiten haben seit den Tagen Maximi- lians I. beachtliche Leistungen der heimischen Medaillcurkunst aufzuweisen. Aber das 17. Jahrhundert hatte durch seine kul- turmordenden Kriege, die dem wirtschaftlich und finanziell un- entwickelten Österreich größte Lasten aufhürdeten, eine Periode des fortschreitenden Niederganges gebracht. Die typischen Ver- treter der Medaille dieser Zeit sind die Erzeugnisse der kaiser- lich privilegierten Mcdaillenproduzenten, vor allem Augsburgs, die in Form der publizistisch geeigneteren Prägemedaille allge- meine Verbreitung fanden und über die Jahrhundertwende hin- aus auch noch den Zwecken des XViener Hofes dienten. Erst die Kunst der Barockzeit bringt der österreichischen Medaille wieder Aufstieg und Selbständigkeit, zuerst der gegossenen, später der geprägten, weil diese nicht nur personell-künstlerischer, sondern auch technischer Verbesserungen zur Regenerierung bedurfte. Zu den ältesten Zeugnissen der Wiener Barockmedaille zählen die Arbeiten des um 1657-1680 in Wien tätigen, aber biogra- 1 H. Sedlmayr, Johann Bernhard Fischer von Erlach, Wien 1956. - Zum Thema weiters: F. Dwurschak, Der ltiedaill-eur Johann Bernhard Fischer von Erlacl-t. Jb. d. Kh. Slgn, N. F. VIII (1934), S. 225 ff.; II. Aurenhamrner, Katalog der Ausstellung Johann Bernhard Fischer von Erlach. phisch noch nicht ganz erfaßten Wachsbossierers Johann Per- mztnn. Da seine Tätigkeit in die Zeit vor Fischers Auftreten fällt, so sei von ihm nur eine umfangreiche Serie von unifor- mcn Medaillen des Hauses Habsburg erwähnt, die in einer merk- würdigen, von dem kaiserlichen Historiographen Dominik Franz Calin aufgestellten Genealogic bis auf einen sagenhaften Franken- könig Pharamund (s. auch Abb.3) zurückgeführt wird. Die- selben Porträts finden sich vereint auf dem bekannten und oft behandelten großen genealogischen Mcdaillon Leopolds I., das schon mit einem Gewichte von über 7 kg und einer Größe von 3752300 mm (oval) zu den merkwürdigsten numismatischen Objekten aller Zeiten gehört (Abb. 3). Dieses kulturgeschicht- lichc Denkmal der alchimistischen Gedankenwelt jener Tage wurde dem Kaiser Leopold I. im Jahre 1677 von dem Alche- misten Johann Wcnzel Seyler von Reinburg, der seine Adelung der Vorliebe seiner Zeit für die Goldmacherkunst verdankte, „als Probe einer wahrhaften und vollständigen metallischen Ver- Wandlung" von Silber zu Gold gewidmet? Zu den österreichischen Barockmedailleuren zählt auch Johann Bernhard Fischer von Erlach selbst, wenn auch die bekannteren Stücke seines leider nicht umfänglichen medaillistischen Wer- kes im Auslande entstanden sind. In die Wiener Zeit fallende Medaillen von seiner Hand sind ihm nicht mit derselben Be- stimmtheit zuzutcilen, wie die auswärtigen Arbeiten. Von relativ sicherer Provenicnz ist ein eindrucksvolles Porträtstück auf den Hofarchitckten Ludovico Ottavio Burnacini, das in jene Zeit fällt (1687[88), da Fischer unter dessen Leitung an den Skulptu- ren der Pestsiiule auf dem Graben tätig war. Der von Fritz Dwor- sehak vorgenommenen Zuteilung schließt sich nunmehr gegen Walter liuchowiecki auch Hans Sedlmayr an (Abb. 1). Wenige Jahre später, im Jahre 1690, hat Fischer eine indirekte Anregung zur Entstehung zweier Architekturmedaillen gegeben. 2 Näheresigrüber bei: K. Domanig, Die deutsche Medaille in kunst- und kulturhistoriseher Hinsicht. Wien 1907, Nr. 820; Mitt. d. Num. Ges. in Wien, XVI (1932), S. 209 ff. Abb. 2. Medaille von Johann Ignaz Bendl mit dem Triumphbogen J. B. Fischers v. Erlach, den die Wie- ner Bürgerschaft zum Einzug Josef I. in Wien anno 1690 errichten ließ- Kunslhlslorlsches Museum. 29