wirksam gewesen, höchstwahrscheinlich aber hat dieser die Por- trätierung Fischers durch Richter veranlaßt. Zwei jahre vorher hatte Richter seinen Chef Heraus selbst modelliert und die dar- aus hervorgegangene Gußmedaille wirkt wie ein Pendant ZU. dem Medaillenporträt Fischers (Abb. 4). Das Verhältnis Fischers zu dem um 15 Jahre jüngeren Heraus wird durch die einfluß- Abb. 4. Porträtmedaille des Antiquitäteninspektors Karl Gustav Heraeus, 1717. Ktmsthlstorisches Museum. reiche Stellung des Antiquitäteninspektors wohl mitbestimmt worden sein, im wesentlichen aber scheint es auf einer Wahlver- wandtschaft der beiden ausgreifenden Barocknaturen beruht zu haben, die den vielseitigen Schweden dem großen Österreicher wenigstens potentiell kongenial machte. Denn das Werk des unruhigen Heraus, der bereits zwei jahre nach Fischer starb, war ja leider bei aller Großartigkeit dazu verurteilt, vielfach Fragment zu bleiben. Die barocke Gußmedaille hat aber trotz großer Leistungen doch nicht die offizielle Bedeutung und popu- läre Verbreitung der am Ausgange der Lcopoldinischen Epoche wieder in Aufnahme kommenden Präge- medaillc gewinnen können. Um die jahrhundertwende setzt der Prozcß der endgültigen Loslösung aus der Abhängigkeit von den 0berdeut- sehen Medaillenfabrikanten ein und die offizielle österreichische Me- daille wird sozusagen in Kürze autark. Eines der frühesten Zeug- nisse dieser Verselbständigung ist die aus dem jahre 1700 stammende interessante Medaille auf das da- mals im Bau befindliche Lustschloß Schönbrunn, deren Stempel die Sig- natur des sonst nicht näher bekann- ten, vielleicht aus Augsburg stam- menden Eisenschneiders j. V.Wolf- gang trägt. Sie ist, wie ich selbst Abb. 5. Richter. 1719. Fischer von Erlach, Medaille von Bengt aktenmäßig feststellen konnte, schon wieder im Wiener Haupt- münzamt geprägt worden. Der Avers trägt das Brustbild jo- sefs I., für dessen römische Königswürde das neue Schloß an der Wien ursprünglich die Folie abgeben sollte, der Revers zeigt in perspektivischer Schau einen Überblick über die geplante Gesamt- anlage des Schlosses, wie es nach dem zweiten Entwurf Fischers für die Ausführung bestimmt war. Die Medaille hat, dem damali- gen Bauzustand entsprechend, noch die flachen Dächer, die offene Loggia über dem Mittelrisalit, die das Reiterstand- bild Josefs I. aufnehmen sollte, und die große Freitreppe auf der Hofscitc, dagegen noch nicht den Druchbruch zu den Gartenanlagen. Der große Aufschwung der geprägten österreichischen Barock- medaille, der nur zum Teil in die Zeit Fischers fällt, ist nicht zuletzt dem persönlichen Interesse Kaiser Karls VI. für dic Numismatik zu danken. Im Zuge einer großen technischen und künstlerischen Reform des Priigeweseits hat er für die Heran- bildung heimischer Medailleure eine eigene Graveurschule ein- gerichtet und damit die Voraussetzung für die Entstehung der geprägten Wiener Barockmedaillc geschaffen. Im Sinnc der „Histoire metallique" Ludwigs XIV. hat Heraus, der Exponent der numismatischen Interessen Karls VI. und Rcorganisator des kaiserlichen Münzkabinettes, die aufblühendc Medaille in den Dienst der Verherrlichung seines hohen Herrn und der imperia- len Würde gestellt. Für Fischers populärstcs Wiener Werk, die Karlskirchc, hat der schon unter Leopold I. nach Wien gekommene Schwede Daniel XVarou (1674-1729) zur (jrundsteinlegung 1716 cinc Medaille geschnitten. Wenn man dazu weiters die hier nicht erwähnten übrigen Medaillen auf Fischersche Bauten hinzu- nimmt, so ergeben sich neben seiner eigcncn Medaillcurtätig- keit eine Fülle indirekter Beziehungen zu numismatischen Ob- jekten, die durch Fischers architektonische Werke angeregt und hervorgerufen worden sind. Und wiesehr auch die österreichische Barockmedaille in ihren Anfängen personell von Ausländern be- stimmt gewesen sein mag, so ist doch der Genius des Schöpfers des österreichischen Barocks auch an der Medaille sciner Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Im übrigen sind die in diesem kosmopolitischen Zeitalter an den Kaiserhof gekommenen Ausländer keine Exponen- ten fremden Kultureinflusses gewesen, sondern, wie das glänzende Beispiel des Prinzen Eugen zeigt, treue Diener des habsburgischen Reichsgedan- kens geworden, gleich dem gebo- renen Österreicher Fischer von Er- lach selbst. Und auf dem Boden, den schwedische und italienische Medail- leure bestellt haben, ist dank der österreichischen Assimilationskraft die Blume der heimischen Barock- medaille erblüht. Schon die erste Schülergeneration der von Karl VI. begründeten künstlerischen Medail- leurschule hat dieser in Matthäus Donner, dem Bruder des auch als Medailleur bekannten großen Ra- phael, einen Österreicher als Direk- tor gestellt, und in der Folge hat un- scre österreichische Heimat einen Nachwuchs an Medailleuren hervor- gebracht, dcr bis in die Tage des Klassizismus eine Reihe klingender Namen umschließt. Aber diese Ent- wicklung führt nicht nur über die Lebenszeit Fischers, sondern auch über die Regierung Kaiser Karls VI. hinaus in die Epoche seiner großen Tochter Maria Theresia. Kunsihisionscbes Museum. 31