KOSTBARKEITEN
SIND DIE KIRCHEN-
IM WIENER
KUNSTHANDEL
RÄUBER ORGANISIER
Von HANS ZE
MÄDCHENKOPF
Balthasar Permoster, der
Schöpfer der Apotheose
des Prinzen Eugen im
Unteren Belvedere, hat
diesen reizenden Mäd-
ehenktopf aus weißem
Marmor gemeißßlt. Die
aus dem 17. jh. stame
mende Plastik dürfte,
wic es dazumal Sitte
war, auf einer Säule in
einem Garten oder in
der Halle eines Schlos-
ses gestanden sein. Der
Kopf ist: 40 cm hoch
und kommt nun aus
der PrivatASammlung
eines Kunst-Händlers
wieder auf den Markt.
Kunslbandlung August Siedler
Wien
Hvans Reinhart, 1536i bDenkmünzc des Kurfürsten Johann von Sachsen.
S'il)", Vßfgftldtt, Origtnalgröße. Galant St, Cltflilßph, Wien
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Beinahe ist es wie zur Zeit des Buntmetallbooms nach Ausb
des Korea-Krieges, vielleicht sogar noch schlimmer: Damals
schwanden bei uns über Nacht Telcphonkabel, Wasscrleitu
hähne, Türschnallcn und Straßcnschildcr. jetzt sind auf eii
Heiligenstatucn, Barockcngcl, Kerzenleuchter, ja nicht eit
mehr Altarfiguren her. Ein Kirchcnraub bedeutet für
dltgcschronik der Zeitungen keine Sensation mehr - derlt
schon alltäglich geworden. Es steht außer Zweifel, dafl auf
Kunstmarkt - zumindest, was die kriminelle Seite betrifi
eine geradezu tolle Konjunktur herrscht. Nicht nur in O
reich, in allen Ländern, die große Kunstschätze besitzen, v
sich dies uncrfreulich aus. Diese Länder wurden von
nüchternen Gegenwart als große ergiebige Antiquariate entd:
Kultureller Ausverkauf - das ist das Stichwort für die D
malschützcr. Für sie herrscht seit etwa einem halben jahr h
stc Alarmstufc. Begonnen hatte es eigentlich schon früher.
verschwand aus einer Sakristci ein goldener Meflkelch, dort
einer einsamen Kapelle ein Bronzelcuehtcr. Dann aber setzt:
vergangenen Sommer eine richtige XVelle von Kirchendiebstä
ein. Schlag auf Schlag folgte ein Diebszug dem anderen, so
sich die Vorstellung aufdrängen muflte, es sei eine straff org
siertr Bande von Kunsträubern tätig. Die Sicherheitsbehöi
haben im Vorjahr 39 Diebstähle von Kunstgegcnstiinden l
stricrt, die meisten Fälle ereigneten sich in der zweiten jah
hüllte.
Diese Zusammenfassung muß aber nicht unbedingt vollstäi
sein. Darüber, was vcrlorcnging oder in Gefahr ist, verlorcr
gehen, hat man schon deshalb keinen genauen Überblick,
der vorhandene Bestand nicht lückenlos erfaßt ist. Mit der
standaufnahmc, der Inventur der Kunstschätze hat das Bun
dcnkmalamt zwar schon begonnen, ehe Kunstdiebstähle mo(
wurden. Die Beunruhigung über die Agilität der Diebe hat jCt
falls bewirkt, dall die Bemühungen intensiviert werden. In jet
Bundesland sind Teams am Werk, die alles, was die Bezeichn
Kunstwerk verdient, photographieren. Das ganze Material v
dann in einer mchrhändigen Kunsttopographie Österreichs
sammengefaßt. Am weitesten ist diese Arbeit in Kärnten
dichcn. Wann dieses Vorhaben in ganz Österreich verwirkl
sein wird, lällt sich freilich kaum sagen. Wollte man ctwz
Niederösterreich jeden Altarengel im Bild festhalten, würde t
die derzeit verfügbaren Kräfte allein an die fünfzig Jahre
schäftigen.
Mit einer kompletten Kunsttopographie wäre es also leich
sich cin Bild von dem zu machen, was vcrlorenging. Verhind
kann man Kunstdicbstähle dadurch zweifellos nicht. Es gibt t
immerhin manches, was noch geschehen könnte. Erst vor k
zcrer Zeit mufltcn im Vcrordnungsblatt der Erzdiözese Salzh
die Kirchcnverwaltungen angewiesen werden, alle Vorsorge
Sicherung des kirchlichen Eigentums zu treffen. Auch anders
wurde daran erinnert, daß Kirchen abgesperrt und Dicbstä
und Einbruchsvcrsuchc sofort der Polizei oder Gcndarmcric
gezeigt werden sollen.
Die Polizei war zu Beginn dieses „Bildcr-Sturmes" ,natürl
auch nicht vorbereitet. Für sie ergaben sich die Parallelen zu t
Zeit der Buntmetallkonjunktur am deutlichsten. Am l-löhepui