gemeinhin „die Moderne" nennt, zum Abschluß kam und auch durch irgendwelchen Exhihitionismus nicht mehr in Gang gesetzt oder gar gesteigert werden kann. Zwar strebt man einerseits von der Explosion (Pollock, Vedova, Moreni) und andererseits von einem morbiden Raffinement her (Burri, Tapies, Millares) derartige Steigerungen an, aber eine Schule und Epoche ma- chende Angelegenheit dürfte das kaum mehr sein. Die großen Entdeckungen und Gestaltanbahnungen der Moderne scheinen vielmehr wirklich der Geschichte anzugehören, sodaß es heute darum geht, sie nicht etwa um „neue" grundlegende Aspekte und Möglichkeiten zu erweitern, sondern darum, das gewonnene Terrain zu einer echten Position auszubauen. Es ist daher kein Zufall, daß man erstens unter dem Nachwuchs so viele muntere Epigonen trifft, Leute also, die sich aus den „Errungenschaften" der Moderne brauchbare Effekte heraus- geschnitten haben, um sie zu modischen Arrangements zu „kom- portieren"; daß zweitens viele andere nicht mehr recht weiter wissen aus dem Gefühl heraus, daß eigentlich alles schon wgctnn" sei - besonders Picasso ist da wie eine lähmende „Vorwegnahme" und fast dem Igel im Wettlauf mit dem Hasen gleich, der immer sagen kann: „Ich bin schon da" - und daß drittens die Ent- schlossenen und Entschiedenen unter den jungen sich um neue Gründe ihres bildnerisehen Tuns bemühen. Sie schielen gar nicht mehr nach der Moderne, sondern sie erobern sich die Welt, ihr Verhältnis zu ihr und schließlich auch ihr Formtum völlig neu. Johannes Avramitlis: Figur, Gips, 1956. Avramidis hat mit dieser fast lebensgroßen Figur, die den aus Gips geformten Körper um ein Blcidrahtgerüst herum errichtet zeigt, die gültige Form für einen Rumpf zu bilden und darzustellen unternommen. Verjüngung und Verdickung. die Ausdehnung nach oben und nach den Seiten erwei- sen sich von ihren gleichsam kon- trollierten Maßen her geordnet und so im Sinne ihres lebendigen Rhythmus zur Gestalt entwickelt. Jnhannes Avrnmidis: Drei Figuren, Tenipera. Diese auf ein äußer sparsames und ver- haltenes Beutegningshild reduzierte, aber gerade hierdurch in Haltung und Spannung teigerte Figurengruppe ist typisch für dieGc tltungsivrise Avramidis", die niemals iut" wird, sondern immer nur dem Leisen nen hildnerischcn Platz in der Stille ein- aumen strebt. Die Kurvatur der drei rper und ihrer Glieder wird nur durch kaum merkliche "Bögen" nach innen oder nach außen angedeutet. johannes Avramidis: FWJeibliche Figur". Bronze, 1953. Diese Figur, die einem ur- alten Fruchtbcirkeitssymbol verwandt erscheint. ist in der Vertikale aus sich gleichsam {übereinander 1c! gcnden Muskelringen auf- gebaut. Diese Ringe aber treiben den Körper auch in der Horizontale und in ihr Volumen vor. Doch scheint hier mehr ein Prinzip be! legt als schon ein: wirk- liche Form erreicht zu sein. Sie kehren also keineswegs zur früheren bildnerischen Spiege- lung des Augcnschcins zurü k, weil sie der Oberfläche und eben den bloß optischen Reizen gründlich mißlraucn lernten. Sie trci- hen aber auch keine mehr oder minder abstrakte, also unding- liche liormtilasthetik mehr, weil sie von deren Effektifheater genau so wenig halten. Sie wollen das hervorbringen, was man vielleicht das Wahrbild der Dinge nennen könnte, um das es eigentlich auch schon (lezanne und später den Kubisten ging, wenn letztere vielleicht auch noch einen Umweg machten oder sich gleichsam in ihrem Methodennetz verfingen. Einer von diesen jungen scheint der Bildhauer und Maler jo- hannes Avramidis zu sein, der kürzlich in der Galerie Würthlc 91