terschiede bestehen in der Bewertung der österreichischen Ma- lerei nach Eigenart und Rang im ln- und Ausland? Der Titel des Werkes von Gerhard Schmidt ist zunächst eine Bestätigung der Internationalitlit der modernen Kunst; in Öster- reich wie in den anderen europäischen Ländern haben die Ismen der neuen Malerei, vom Surrealismus bis zur Abstraktion, Gül- tigkeit und Anhänger gefunden. Doch gibt es einige Stilrichtun- gen, die spezifisch nationale Ausprägungen erfahren haben. So der Kubismus, der fast ausschließlich von Franzosen und in Frankreich lebenden Spaniern (Pablo Picasso und juan Gris) ge- tragen wurde. der Futurismus, der italienischen Ursprungs ist und der Expressionismus, dessen wesentlichste Vertreter Deutsche (oder Skandinavier: Munch) waren. In diesem Sinne hat Oster- reich nicht zur modernen Malerei beigetragen: kein in die Stil- geschichte unseres _]ahrhunderts eingegangener Ismus hat seinen Ursprung in Österreich gehabt oder hier seine entscheidende Aus- formung gefunden. Und doch kann man von einer spezifisch österreichischen Ma- lerei sprechen, von einem bestimmten Nationalchttrakter, der in den bedeutendsten Kunstwerken österreichischer Dichter, Musi- ker und auch bildenden Künstler sichtbaren Niederschlag ge- funden hat. Zwei Merkmale kennzeichnen entwicklungsgeschichtlich die Eigenart der österreichischen Malerei. Das eine ist, daß Oster- reiclt fast immer gleichzeitig, manchmal sogar schon um jahre früher (Klimt, Kubin), zu denselben Ausgangspositionen und An- sätzen gefunden hat, wie sie etwa in Paris zur Ausformung und zum Durchbruch einer neuen Stilrichtung geführt haben. Daß dieser Durchbruch in Österreich nicht gelingen konnte, hat mehrere Ursachen. Die beiden wesentlichsten sind: einmal, daß in unserer Malerei die inhaltliche Komponente immer die domi- nierende Rolle spielte, und daß es dem Österreicher zunächst tlm Welterkenntnis und dann erst um eine Ordnung der Formen ging; zum zweiten, daß nicht an einer systematischen Durch- setzung der gewonnenen Erkenntnisse gearbeitet wurde und daß alle Erkenntnisse Einzelgängern zu danken sind, die keine festen Schulen gründeten, obwohl sie Schüler hatten. Kennzeichen des Österreichers ist das G e n i e o h ne S y s tem. Das andere Merkmal, das entwicklungsgeschichtlieh die Eigenart der österreichischen Malerei bezeichnet, ist die Anverwandlung der im Westen Europas ausgebildeten Stilrichtungen und liorm- einsichten. Jeder Ismus, von einem österreichischen Künstler praktiziert, nimmt Züge österreichischer Malerei an. Die Form- erkenntnisse der westlichen Malerei werden wieder dem cigc- nen Streben nach Welterkenntnis dienstbar gemacht. Gerhard Schmidt beantwortet die liragc nach einer österreichi- schen Malerei: Die „österreichische Kunstproduktion kennt keine kontinuierliche Entwicklung auf einem gleichbleibend hohen Niveau". Daher denkt man kaum an eine eigene österreichische bildende Kunst. In Österreich ergab sich um die jahrhundert- wende „ein geradezu universaler Ansatz zu einer Umwertung und Neugestaltung fast aller kulturellen Äußerungen". (Kafka, Freud, Schönberg, Kokoschka, Kubin, Schiele, Loos, Musil). Es fehlte aber die breite Entwicklungsbasis, wie sie in Frankreich durch den vorausgegangenen Impressionismus da war, dann man- gelte es dem „österreichischen Ansatz an Rationalität und Kon- sequenz. Der Knnservatismus des Österreichers versuchte, mit jeder Neuerung zugleich ein Stück des alten Erbes zu retten . . ." Gerhard Schmidt kommt zu folgendem Gesamtbild: „Der revo- lutionäre Ansatz, dessen Hauptziel die Gewinnung einer neuen Formensprache war, erfolgte in Wien und Paris etwa gleich- zeitig... Die Resultate Wiens waren aber nur wenig entwick- lungsfähig und erlangten keine internationale Resonanz . . . Trotz vieler konservativer Züge erweist sich die österreichische Ma- lerei in ihren maßgebenden Äußerungen (heute) als durchaus aktuell, auch wenn ihre Entwicklung nur fallweise mit der west- europäischen in unmittelbaren Kontakt tritt. Ebenso selten wie das Ausstrahlen über die Grenzen des Landes ist auf der anderen KOSTBARKEITEN IM WIENER KUNSTHANDEL Abb. 3. Rudolf von Alt (Wien 1812-1905): Die Thcynkirche in Prag. Signiert R. All. Ol-Karton, 37 X 30 cm. (Äus der 536. Kunslauklion des Davulheums vom 4. - ö. Juni) Giovanni Busi, genannt Cnriani, geboren zu ßergnmo H80, gestorben zu Venedig 1541. Christus mil der Xvellkugcl. In rotem Klcide und blaucm Ubcrwurf sieht die Halbiigur des Christus vor einem dunkelolivgrünen Vorhang. Er hält die Hände auf einer Weh- kugel. Rechts im Hintergrund ein Ausblick auf eine Landschaft. (Asenbaum .Zum Anhquuf. w...)