KOSTBARKEITEN
KOSTBARKEITEN IM WIENER KUNSTI-IANDEL
Spätgotischc Holzskulp-
tur, den hl. Martin
darstellcnd, vollrund,
originale Polyehrom-
und Goldfassung. Be-
schriftet: „St. Marti-
nus". 43 crn hoch, süd-
deutsch um 1515.
(Aus der 536. Kunslaukiion des
Dorotheums vom 4. v 6. Juni)
WIENER KUNSTUHR
Das Werk ist von Mathias G ärttn e r in Wien, um 1760, mit äußgr.
ster Sorgfalt und Präzision gearbeitet. Nicht nur das Gehwerk. sondem
auch die beiden Schlagwerke sind mit Schnecke und Kette für eine
achttägige Laufzeit ausgestattet. Das Viertelstundenschlagwerk ist ein
Carillon (Glockenspiel) mit sechs Glocken, die Uhr repetiert viertel-
stündig auch die Stunden. Unter dem Gchwerksaufzug erscheint in einem
kleinen Fenster das Datum und auf dem oberen Teil des Zifferblattes
sind die Mondesphasen mit dem Mondalter ersichtlich. Der rechte obere
Zeiger dient zur Abstellung des Schlagwerkes, der linke gegenüber
ist die Feinregulierung des Pendels und der mittlere oberste Zeiger
dient zur Nachstellung des Mondalters. Das Zifferblatt ist sehr reich
graviert, feuervergoldet und trägt die Signatur. Die Rückseite des Wer-
kes ist in höchst künstlerischer Art reich graviert 7 durch eine Frauen-
gestalt ist die Donau symbolisch dargestellt, darunter wieder der Name:
Matthias Gärttner in Wien, und als ganz besondere Seltenheit unter dem
Namensschild das Stadtwappen von Wien. Um allen Irrtümern vorzu-
beugen, ist ober dem Wappen der Buchstabe „W" eingeschlagen.
Dieses herrliche Werk
befindet sich in einem
57 crn hohen neugioti-
sehen, reich geschnitz-
ten, echt vergoldeten
Holzgehäuse auf einer
5-! cm hohen Barock-
Konsole und ist mit
einem ebenfalls im go-
tischen Stile sehr zart
und fein geschnitzten
zwölftürmigen Balda-
chin überdacht.
Erfreulicherweise ist es
gelungen, dieses pracht-
volle Kunstwerk für
Wien zu erhalten. Es
lag ein Anbot aus dem
Auslande vor, doch hat
sie glücklicherweise ein
kunstverständiger Wie-
ner Privatmann erwor-
ben.
(Rudolf Hühner, Wien)
Scitc auch der unmittelbare Anschluli an fremde Vorbilder.
Dieser erfolgt erst 1945 auf breiter Basis . ..
Gerhard Schmidts Thcsc geht von der grundsätzlichen (Über-
zeugung aus, „daß auch im Rahmen dcr modernen Entwicklung
die nationalen und lokalen Schulen Weiterbestehen". So werden
die Errungenschaften der modernen Kunst durch fortbestehende
ortsgebundcne Traditionen (bei uns das Barock) beeinflußt. Ab-
schließend sagt Schmidt: „In Österreich kommt noch hinzu, daß
hier im Grunde kcin einheitlicher Nationalstil existiert, sondern
- schon scit Jahrhunderten - die einzelnen Landschaften
eigene Wege gehen. Immerhin liißt sich dic inncröstcrreichische
Vielfalt auf zwei Grundrichtungcn reduzieren, von denen die
eine urbane, die andere bäuerliche Zügc trägt."
Der Katalog W. Sandbcrgs nimmt nicht ausdrücklich Stellung
zu der Frage, ob die hier vorgestellten 37 österreichischen Künst-
ler (30 Maler und sieben Plastikcr) als Repräsentanten einer
eigenen österreichischen Malerei oder als aus Österreich stam-
mende Vertreter modcrncr Kunst zu gelten haben. (I-Iofmann,
der das Vorwort schrieb, sieht in ihncn wohl eher markante
Einzclpersönlichkcitcn, die nicht durch eine spezifisch österrei-
chische Maltradition gedeckt sind.)
Nun zur zweiten Frage: Welche Unterschiede bestehen in der
Bewertung der österreichischen Malerei im In- und Ausland,
soweit die beiden hier besprochenen Werke darüber Aufschluß
geben.
Dazu ist zunächst zu sagen: das Ausland hat die österreichische
Malerei unseres Jahrhunderts fast überhaupt nicht zur Kennt-
nis genommen, und zwar unabhängig von der Frage, ob es nun
eine österreichische Malerei oder nur einzelne bedeutende öster-
reichische Maler gibt. Sowohl das Standardwerk von Werner
Hofmann „Malerei im ZU. Jahrhundert" als auch das sehr ver-
breitete „Lexikon moderner Kunst" (Knaur) kennen nur die
drei großen „K": Klimt, Kokoschka, Kubin, von denen wieder-
um nur Kokoschka - allerdings im Zusammenhang des d e u t-
sc hen Expressionismus - ausführlich gewürdigt wird.
Schon diese Tatsache zeigt, wie notwendig einerseits das Buch
von Schmidt, anderseits die von Sandberg arrangierte Ausstel-
lung in Amsterdam (die dann auch in Eindhoven und in Bern
gezeigt wurde) waren.
In der Bewertung dcr Einzclpersönlichkeitcn stimmen Schmidt
und Sandberg weitgehend überein. Von den 30 Malern, die Sand-
berg herausstcllt, sind 22 auch unter den 66, die in Schmidts
Buch mit eigener Abbildung und Kurzbiographie vertreten sind.
Während Schmidt im allgemeinen die Akzente zwischen urbaner
und bäuerlicher Tradition, zwischen den Städten Wien, Salz-
burg, Graz einerseits und den Ländern anderseits gleichmäßig
verteilt, scheint Sandbcrg, der selbst in Osterreich war, scine
Auswahl hauptsächlich in Wien und Linz, das immer mehr an
Bedeutung gewinnt, getroffen zu haben. Dagegen erscheint bei-
spielsweisc Kärnten offenbar übergangen. (Weder Maria Lassnig,
noch Anton Mahringcr und Werner Berg, die Wahlösterreicher,
sind bei Sandberg berücksichtigt.)
Sowohl die Auswahl Sandbcrgs wie die Schmidts dürfen, aufs
Ganze gesehen, als repräsentativ für das heutige Kunstschaffen
in Österreich angesehen werden.
Hoffen wir, dafS beide Publikationen entscheidend zu einer neuen
Sicht und Geltung der österreichischen Maler und Malerei unse-
res Jahrhunderts beitragen.
GALERIE AM MICH AE LER PLATZ
EINKAUF VON ALTEN SILBER-
UND GOLDGEGENSTÄNDEN, ANTIQUITÄTEN,
MUBELN, BILDERN UND KLEINKUNST
WIEN I, KOHLMARKT 18, ECKE MICHAELERPLATZ
TELEPHON U 16460
IM WI
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