Karl Kreutzberger, Monotypie. _ _ umzusehen, um den gleichen Gebilden der gleichen Einbildungs- kraft als Metallplastiken zu begegnen. Was in der „Photomon- tage" noch akzeptabel ist, geht im Dreidimensionalen oft nicht über den Charakter einer Formvigncttc hinaus. Ein Umstand, der schon oft am Surrealismus beobachtet wurde, tritt hier wieder in Erscheinung: der Zusammenhang nämlich mit der schweifen- den Formenwelt des jugendstils. Merkwürdig, daß Beckmann aber nicht dessen Wiener Variante fortführt, sondern cher der Archi- tekturplastik des Spaniers Gaudi oder den Pariser Metro-Por- talen verwandt scheint. (Es sei betont, dttß hier jedoch keinerlei Beeinflussung vorliegt.) Verständigt man sich auf den rätselhaften, „surrealen" Gehalt dieser Welt. so ist man erstaunt, beim Betrachten der Emailbil- der Beckmanns dem Versuch zu begegnen, das Bodenlose gleich- sam in die Fläche, in ein klar gegliedertes Formgerüst zu ban- nen. Man trifft auf Kompositionen, die fast reine liormgleichun- gen darstellen. je mehr dies gelingt, desto mehr wird das „Hin- tergründige" abgeworfen. Freilich, eine Neigung zu gewissen symbolischen Leitmotiven fehlt auch hier nicht, sie liißt auf eine eigenwillige, in beharrlieher Bohrung gewonnene Vorstellungs- welt schließen. K a rl K r e u t z b e r g e r ist ausschließlich Graphiker und da- rin ein Könner von hohen Graden. XVenn das Gestalten des Zeichners - etwas pathetisch vielleicht - als ein Ringen und Sichbefreien der Formen aus zuckenden, vorläufigen Linienerfah- rungen umschrieben werden kann, so ist Kreutzbergers Werk ein Beispiel für den Versuch, diesen Kampf an bestimmte Ak- teure zu binden. Lemuren bevölkern seine Zwischenwelt, dunkle Gesten verwirren sie oft bis zur Unkenntlichkeit. Der Zeichner verblüfft, weil er sichtbar immer alle Fäden der Regie beisam- men hält. Regie - das Wort mahnt zur Vorsicht, denn es kann nicht geleugnet werden, daß dieser Mummensehanz, genau be- sehen, auf einer engen Bühne vor sich geht. Fische in einem Aquarium bewegen sich reduzierter als im freien Meer. Und Gei- ster, welchen Ursprungs immer sie sein mögen, haben ein An- recht darauf aus der Retorte gelassen zu werden. Ein Wieneri- scher Zug zur Geschicklichkeit könnte hier zur Verführung wer- den; eine beachtliche graphische Vitalität dort scheitern, wo auch Beckmann Gefahren drohen: in der Vignette. Nicht das Ornamentale ist eine Gefährdung, sondern das „Kläubeln", von dem Dürer sprach, die kleine Münze der Phantasie, die nur kurzen Kurswert hat. 19