UNBEKANNTES PROJEKT CHIAVERIS FÜR DIE DRESDENER HOFKIRCHE Von MIC] {AEL PETZE" Gerade Eberhard Hempels kürzlich erschienene Chiaveri-Mono- graphie ' hat gezeigt, daß die Planungsgcschichte der Dresdencr Hofkirehe in dem entscheidenden Jahrzehnt 1738 (Auftrag an Chiaveri) bis 1748 (Rückkehr Chiaveris nach Rom) noch nicht geklärt ist. Denn was bleibt - wenn wir von dem Kirchengrund- rifi in dem zweifelhaften ersten Projekt Chiaveris für das Dres- dener Schloß absehen' an sich gesicherten Planstadien, die eine Einordnung von zwei Zeichnungen des Pariser Musee des Arts Decoratifs, Grundriß und Längsschnitt der Hofkirche 3, ermög- lichen? Lediglich die im januar 1740 erschienene Stichfolge von Chiaveris Mitarbeiter Lorenzo Zucchi ' und ein von Chiaveri 1747 autorisierter Querschnitt durch das Schiff mit Tiefenper- spektive von Sebastian Wetzelä. Der Grundriß des Musee des Arts Decoratifs entspricht im wesentlichen dem Stich Zucchis; der Längsschnitt dagegen setzt die Planung von 1739, wie sie sich in den Stichen Zucchis darbietet, voraus: Übereinstimmung im Untergeschoß und in der Zone des oberen Liehtgadens, die Rahmen des Deckenfreskos ähnlich, doch aufgelöster. Nur zwei entscheidende Unterschiede: im Emporgang fehlt das charak- teristische Motiv der Ringtonne mit spitzbogigem Querschnitt die im ersten Entwurf außen zur Hälfte sichtbar die Hochschiffs- wand umzieht. Statt dessen findet sieh bereits die Form des aus- geführten Baus, das heißt, daß das Gewölbe des Umgangs unter dem von den äußeren Seitenschiffen anlaufenden Pultdach ver- schwindet. - Ein völlig neues Motiv sind die von Putten ge- haltenen Kreisfenster in der Emporgalerie. Sowohl im Stich Zucchis 1740 wie in der perspektivischen Ansicht von 1747 sind unmittelbar über der Emporenbrüstung Fenster nach den äuße- ren Seitenschiffen, wie sie auch tatsächlich ausgeführt wurden, sichtbar, deren Verschwinden mit dem Auftreten der Kreisfen- ster zusammenhängt. Ihre Bedeutung (Blindfenster gegen den Dachstuhl?) kann an dem vorhandenen Material nicht ganz geklärt werden. Eine vergleichbare Fensterbildung findet sich an den nach dem Weggang Chiaveris in die Emporen zur Seiten des Altares eingebauten „Betstübchen". Für die Datierung bietet sich zunächst die Nachricht von einer Veränderung des Modells durch Chiaveri im Mai 1740 (also nach Erscheinen der Stiche Zucchis) an, doch könnte man auch den Zeitpunkt der Rückkehr Chiaveris nach Rom, 1748, vorschla- gen. Denn die Pariser Blätter stellen mit großer Wahrschein- lichkeit Vorzeichnungen für einen Stich dar. Dafür entspricht außer der Technik und dem Format (46,5 X 34,5 cm) vor allem die Art, wie der Plan mit dem Längsschnitt als auf beiden Seiten eingerollt abgebildet wird. Die Vorbereitung einer neuen Stich- folge wäre aber gerade nach der Abreise Chiaveris aus Dresden verständlich: Chiaveri will seine unter den Händen der Nachfol- ger sich verändernden Pläne fixieren. Daß dabei in einer Darstel- lung, die sich ausschließlich auf die Innenansicht der Kirche be- zieht, gerade die Teile wegfallen, die beim Weggang Chiaveris nicht vollendet waren, der Turm "', das Dach, ist vielleicht nicht ganz zufällig." jedenfalls wird hier neben den beiden bisher bekannten eine dritte Planungsphase der Hofkirche greifbar, die mit dem aus- geführten Bau noch im einzelnen verglichen werden sollte! l Dresden 1955. 1 s. die Bespruchung 11914 HeulpePschen Buches m der Kunstchronlk 1051 von Dr. 1:. Hubala, dem Ich wcsunlllrhe Hinweise zu vurclnnken habe, so nul dxe Stiche Alexander Glüxsers von Grundrissen und Schnitten der Holklrchu llBCh Zeichnungen Bernhard Ankcnuunns (s. Thleme-Becker), die m ululercm Zu- summßnhuug van Inlerexue eem könnten. mlr jedoch nicht erreichbar waren. 1 Tusche grau luvlert, heldu ßlmer am rethlen Rund beschidigl. 4 s. Hempel Abbildung 2a. b s. nempel Abbildung es. 5 Noch 1750 nicht der Nuchlolgcr Chlaverls, Knöllel, einen Koskenvoranschlag lüx den Turm elnl 7 Auch llle Provenlenz de! Blällur, erworben In Rom 1905, würde duml! zusam- rnengehn. ß Leider hnt u nempel verxüumt, den m: du Vernümlnla der Buustruktur u... bedingt notwendigen, mmlemeu Llngsnchnltt zu gehen, der den nulsehlußxelchen Verglelch der Ullnung des l-Imporcnganges gegdh Turm und Sakrlslel In Aue. munmg und Planung ermöglichen wurde. 16