DAS
HISTORISCHE
MUSEUM
DER
STADT
WIEN
UND SEIN NEUES GEBÄUDE
FRANZ
ÜCK
Es ist in den letzten Jahrzehnten viel über den Begriff des
Historischen Museums nachgedacht und geschrieben worden.
Bei solchen Überlegungen läuft man immer Gefahr, zu eng zu
umgrenzen und zu dogmatisch zu beschränken. Das Museum an
sich ist ja, einmal den Kinderschuhen der Wunderkammer ent-
wachscn, etwas, das rnil Gcschichtshevtruiltsein erfüllt sein muß.
Selbst dort, wo es sich um ein Museum moderner Kunst handelt,
wird man nicht darum herumkommen, Entwicklungslinien zu
ziehen, jede Sammlung aber, die Zeugnisse früherer Zeiten
vereinigt, wird sie ganz gewiß zeitlich aneinanderreihen und
gliedern, und sei es auch nur innerhalb einzelner Sammlungs-
gebiete. Von di m Gesichtspunkt aus ist der Begriff „Histori-
sches Museum" eine Taulolugie.
Dennoch hat er seine Daseinsberechtigung. Wo die Geschichte
einer Stadt oder eines in sich geschlossenen Landes dargestellt
werden soll, liegt eine besondere Aufgabe vor. Soweit dies
visuell möglich ist und soweit Zeugnisse noch vorhanden sind,
müssen alle Formen geschichtlichen Lchens in einem solchen
Museum dargestellt oder, besser gesagt, angedeutet werden, denn
darstellen kann Geschichte nur die Sprache, nur das Buch. Ein
Museum soll und darf nie Geschichtsdarstellungen ersetzen
wollen. Kürzlich schrieb mir ein Kollege, er wüßte gut, dnß
„etwa den Domfiguren von St. Stephan kunstgeschichtlich ein
anderer Rang zukomme, als den Kulturzeugnissen von der
äußersten Grenze des Römerreicht-s. Aber immerhin handle es
sich um ein Historisches Museum." Das ist ein richtiger Ge-
danke, in dem die Cvelnhr falscher Auslegung schlummert. Würde
man nur den Gedanken der Kulturentwicklung, ohne Rücksicht
Sl.ltllk:lßäk' aus dem ullvn RMhuLh (Oherkxnnmcvzunl). Wien, 1770
Rcilcrhwrnißclm Süddvulsch, um m45. Bcigrfüglt
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