mehr als jener „reine psychische Automatismus... , ohne jede durch den Verstand ausgeübte Kontrolle, außerhalb jeder ästhe- tischen oder moralischen Voreingenommenheit", den Breton po- postulicrt. Es liegt ihnen auch kaum daran, „augenfällig zu machen, daß die Gesichte des Traums, der llalluzination, des Wahnsinns gleichen Realitätsgrad haben wie die Wahrnehmun- gen und Vorstellungen der Alltagswirkliehkeit, ja daß sie von ihnen nicht zu unterscheiden sind" - was die Herstellung jener „Konfusi0n" umschreibt, welche vom zweiten der surrealisti- schen Manifeste verlangt wird. Die Wiener überlegen ihre Einfälle. Das „Sehockiercndä, „Ab- surde" wollen die Künstler nicht um jeden Preis. Sie halten sich an die Erfahrung, daß Nach„sinnen", Nachdenken den Prozeß der Bildsehöpfung befruchtet, Die Phantasie muß frei sein. Kommunikation besteht. Das taghaft Helle wirkt auf die sam- tenc Nacht cin. Nacht wirkt auf den Tag Zurück. Der Reich- tum menschlicher Vorstellungskraft lällt sich nicht schlechthin als bloßer Niederschlag des Unbewuflten, und Malerei, wie sie sein soll, nicht einfach als „farbige Momentphotographie der konkreten lrrationalität" (Dali) definieren. Nun darf man vielleicht einwenden, daß die malerische Praxis des Surrealismus nicht immer so nihilislisch war wie es die. Theorie verlangte, und Claß, je weiter die Entwicklung fort- schritt, seine „Enlzahnung", die Darstellung des bloß Gruse- ligen (ein (jrotle-nhahnsurrealismus), des nichts als Seltsamen, Merkwürdigen, sich mehr und mehr ausbreitete. Der „Phantastische Realismus" der Wiener ist anders. Er ist „logisch". Es geht ihm um große Anliegen: Natur und Men- schenwelt, Probleme der Zivilisation, der Seele. - Krieg, Kata- strophen finden in seiner Darstellung Platz, aber auch Sehn- sucht nach Liebe, Glück und Idyll. Unter den „Phantastische-n Realisten" sind Maler von einer Unverbrauchtheit und Frische, einer Originalität, von einer Macht der Vision und einer Mei- sterlichkeit des Handwerks, die als ungewöhnlich auffallen. Wien hat nichts Schöneres zu zeigen. . Inwiefern hängen die Künstler mit dem Surrealismus zusam- men? Sie haben einige seiner assoziativen Techniken über- nommen. Er hat den Wienern Mut gemacht, dem Spiel ihrer Einbildungskraft freieren Lauf zu lassen, als es in überlieferter Malerei üblich war. Sie hängten ihre eigenen Gedanken an dies Spiel. Das „Zusammentreffen zweier scheinbar wesenslremder Ele- mente auf einem ihnen wesensfremdcn Plan", das Max lirnst verlangt, gibt es auch bei den „Phantastischen Realisten". Nur steht es hier nicht um seiner selbst willen da (weil es so schön frerndartig ist), nicht allein der „poetischen Zündung" wegen, sondern als Teil eines Berichtes. Bei näherem Zusehen erweist es sich als Parabel und die phantastische Szene als ein wirk- licher Schauplatz, auf dem menschliches Ringen um Befreiung abläuft. Insbesondere bei Hausner drängt alles nach Klärung. Vernunft ist der geheime Held seiner Bilder. Das scheinbar „Absurde" 19