JOSEF DOBROWSKY Von BRUNO IRIMSCHITZ Josef Dohrowsky gehört der letzten Generation großer Maler an, mit der Österreich vor die Welt getreten ist. Kokoschka und Kolig, 1886 geboren, Wiegele und Faistauer ein Jahr, Thöny zwei jahre jünger, sind Dobrowsky, der am 22. September 1889- in Karlsbad geboren wurde, vorangegangen. Schiele und Ander- sen folgten ihm 1890 nach und Böckl schloß die Reihe im Jahre 1894. Sie sind alle wahrhafte Maler, deren künstlerisches Werk noch uneingeschränkt am sichtbaren Naturhild ausgerichtet er- scheint. Sie beginnen alle mit einer dunklen Palette und Do- browsky ist der dunklen, vollen Farbigkeit durch die ganze Zeit seines Schaffens treu geblieben. Der Zwanzigjährige kam im Jahre 1908 an die Wiener Akademie zu Christian Griepenkcrl und zu Rudolf Bacher. Dessen noblem Menschentum verdankte Dobrowsky verständnisvolle Förderung und Bacher war es auch, der das junge Talent in seiner persönlichen Eigenart erkannte und anerkannte. Standen am Beginn von Dobrowskys Schaffen graphisch orien- tierte Kompositionen, die in ihrer zeichnerischen Feinheit noch auf den Darstcllungsstil des Lehrers wiesen, so begannen nach dem Verlassen der Akademie die alten Meister stärker in den Gesichtskreis Dobrowskys zu treten. Es waren vor allem Breu- gel und Rembrandt. In Breugel begegneten dem jungen Künst- lcr die vielfigurigen Bauernszenen mit ihren starken Farben, offenbarte sich die Bewegtheit einer Bildgliederung, die jeden Kompositionsteil in die abstrakte Flächenrhythmik bannte, und eine Verwandlungskraft, die die Bauernwelt mit ihrem Lebens- raum in eine Sphäre des Anonymen entrückte. In Rembrandt entdeckte Dobrowsky das tiefe Raumdunkel als Darstellungs- medium für Mensch, Landschaft und Stilleben, aber auch als dunklen Lebensgrund alles Sichtbaren. Die frühesten Bilder, die Dobrowsky im Angesicht der alten Meister malte, sind von einem tiefen braunen Dunkel erfüllt. In ihm leuchten die Farben der Markt- und Ernteszenen gleich kostbaren, cmailartigen Pasten. In den Landschaften gewinnt das Braun selbst die farbigste Kraft, indem es sich von goldigem Ocker bis zum dunkelsten Sepia wandelt. Bereits in diesen Bil- dern scheint das Sichtbare nur der Anlaß für die farbige Bewegt- heit des Bildes. Die Darstellung, in ihrer gegenständlichen Be- deutung ganz verhalten, wird zum Ausdrucksträger der Stim- mung, die das Gemüt des Malers erfüllt. Sie ist fast immer von einem Ton schwermütiger Stille bestimmt. Nie hat Dobrowsky die sichtbare Wirklichkeit „abgemalfÄ wie es von dem Schaf- fen abstrakter Maler her scheinen mag. Unter dem Druck der seelischen Spannung verwandelt sich das Wirkliche zum far- bigen Gleichnis. Das Licht, das auf den Köpfen der Bildnisse liegt - fast durchaus sammelt Dobrowsky den künstlerischen Ausdruck in den dargestellten Häuptern -, modelliert nicht nur und hebt ein Antlitz aus dem Dunkel, sondern charakteri- siert es auch von innen her: in dem drangvoll angeschautcn Modell, das aus seinem dunklen Lebensraum in die Helligkeit tritt, spricht das seelische Leben seine einsame Sprache. Nachdenklich, mit einem Schleier leiser Trauer auf dem Antlitz oder einer schwebend sich offenbarenden Innerlichkeit, blicken die Frauen, heftiger und schärfer charakterisiert, entfalten die Männer ihre lndividualitäten, wieder aber nach innen gewendet in ihrer auf geistige Konzentration gerichteten Erscheinung. Auch wenn mehrere Personen auf einem Bilde, wie auf der „Lehrstunde" der Österreichischen Galerie vereint sind, bleibt jede für sich, Die Figuren erscheinen nur kompositionell und durch die gemeinsame Aufgabe gehalten in einer Gruppe. In ihrer seelischen Situation ist jede Gestalt allein. Das tiefe, die Menschen urnhüllende Raumdunkel ist für Dobrowsky ein kon- stitutives Element aller körperlichen und geistigen Charakteri- stik: es entläßt die individuellen Züge und nimmt sie wieder zurück aus dem Licht in einer ständig sich erneuernden Span- nung der malerischen Faktur. Von behsutsarnsten malerischen j x 4 Dobrowsk v, Vflntcrländaühxül, Öl. 22