VON FAISTENBERGER BIS FEUERBACH: Romantik in Österreich - Romantiker in Salzburg Weit gespannt in rein zeitlicher Hinsicht ist der Bogen, der in der großen Ausstellung der Snlzhurger Residenzgnlcrie von den Anfängen bis zum historischen Ende der deutschen Romantik geschlagen wurde; trotzdem kann keine Rede davon sein, man habe sich dazu verleiten lassen, die zahlreichen Säle der Residenzgalerie mit einer möglichst großen Zahl von Namen und Werken zu füllen. Nehmen wir es vorweg: Die Ausstellung. von lirnst H. Buschbcck, in wissenschaft- lich mustergülliger Weise vorbereitet, will nicht nur eine Rechen- schaft über die Romantik als solche ablegen, sondern setzt - und das scheint uns ihr Haupiverdienst zu sein - die Kunst jener Krisenjahrzehntc um die Wende vom 18. zum 19. jahrhunderl in mus- „Romantik gibt dem Alltäglichen einen Sinn, gibt dem Gewöhnlichen ein Geheimnis. gibt dem Offensicbtlicben die Würde des nach Unbekannten um! dem Iürgänglicben eine Spur der Ewigkeit." (Novalisz) nnlurulislisch-mnlcriulistischcn Mnlrichtungen des späten 19. jahrhun- dcrts als „unmalcrisclf abgetan, vom Psychologismus der Ästheliker des ersten Viertels unseres Säkulums als Irrweg an der Oberfläche mißvcrslnndcn, mißbrnucht von jenen, die in geheuchelter Harmlosig- keit aus den Malwcrken der Romantik eine Art von Opium für das Volk machen wollten, wird sie heute immer noch gerne aus unserem Kullurbewulltsein verdrängt: letzten Endes wissen viele von uns nichts mehr mit ihr anzufangen. Aus diesem Grund ist es der Salzburger Rcsidcnzgulcric und vor allem EfnSl H. Buschbeck hoch anzurechnen, Ferdinand v. Olivier: Salzhurgische Landschaft. Blick vom Mönchsberg über die "Richterhöhe" gegen den Untersberg. Ol auf Eichenholz. 49x63 cm. Monogrammiert und datiert 1824. drückliche und gegenständliche Beziehung zu Österreich, zu Salzburg. Nicht der römische, raffztellisierende, antiklassizistische Aspekt tritt daher in den Vordergrund, diskutiert wird vielmehr das Ringen um ein neues Bild der Natur in der besonderen Ausprägung der aipenliindi- sehen Welt. Oh man nun vor einem so grandiosen Bild wie dem „WalZmann" von Caspar David Friedrich steht oder sich von dem unvergleichlichen PulhnS Josef Anton Kochs („Sehmadrihztehfaiilf „jungfrau und Berner Oberland") mitreißen füllt, ob man mit Fer- dinand von Olivier dem süßen Zauber der Salzhurger Landschaft e liegt oder von Ludwig A. Richter in die 1' bClLlndSC uft des nör liehen Böhmen („Überfahrt um Schreckenstein") eingeführt wird - überall und immer hat mnn teil an jenem gewaltigen, schauervoll- ctndächtigcn Staunen, mit dem sensible Menschen sich den letzten Ge- heimnissen der Natur hingahen. Das Bild der historischen Romantik mull - und uueh dazu wird die Snlzburger Ausstellung beitragen - von den Schatten einer nneh nicht allzu weit zurückliegenden Vergangenheit gereinigt werden. Von den daß keine Mühe gescheut wurde, schwer zugängliche, heute in abge- schnürtcn Teilen der Welt liegende Hauptwerke (vornehmlich aus der DDR.) nach Salzburg zu bringen. Wer nunmehr Gelegenheit hat, Ge- mälden Aug' in Aug' gegenüberzustehen, die im wesentlichen oftmals nur aus Haus-, Schul- und Kinderbüchern bekannt waren, wird ganz spontan erfahren, wie sehr berechtigt das Salzburger Unterfangen war. Nicht unerwähnt soll der vorzüglich bearbeitete Katalog bleiben. der nicht nur im eigentlichen Bildcrverzeichnis allen Forderungen wissen- sehaftlicher Akribie gerecht wird, sondern auch in der ausführlichen Einleitung neue Gesichtspunkte anführt; wir beziehen uns auf die Herausarbeitung der besonderen Bedeutung der Schweiz für Begrün- dung und Entfaltung der romantischen ldec, ferner auf die Betonung der Rolle Wicns innerhalb der Entwicklung der Romantik und schließ- lich auf die Einordnung der malerischen Romantik in die allgemeinen zeitgeschichtlichen Strömungen, wobei uns besonders der Hinweis auf die Schlusselstellung des hl. Clemens Maria Hofbauer sehr wesentlich erscheint. Dr. E. Köller 27