DIE KANZEL DES SALZBURGER DOMES EIN NEUES WERK DES STAATSPREISTRÄGIZRS TONI SCHNEIDER-MANZELL: Groß auch im bedeutungshaflen Sinn des Wortes ist der Innen- raum des Salzburger Domes, in gemessener Wucht öffnen sich die Bogen, die vom Hauptsehiff in die Seitenkapellen führen, mächtig erstrecken sich die Doppelpilaster nach oben, die den Langhauspfeilern vorgehlendet sind und ein wohlahgewogencs Gleichgewicht zwischen horizontaler und vertikaler Erstrek- kung schaffen. Da plastischer und malerischer Dekor lediglich in den oberen Zonen die elementare Schlichtheit der raum- und wandbildenden Elemente verkleidet und aufloekcrt, war bei der Schaffung der neuen Kanzel von allem Anfang an äußerste Konzentration im Sinne einer dem Geiste des Raumes kongenia- lcn Eindringlichkeit geboten. Toni Schneider-Manzcll, der Erz- diözese Salzburg seit Jahrzehnten innig verbunden, hat die ihm gestellte Aufgabe schon vom rein Formalcn her trefflich ge- löst. Ein schlichter, zylindrischer Marmorschaft ohne Basis und Kapital endet oben in einer vierfachen Gabelung, deren Enden sich in den Köpfen der Evangelistensymbole knaufförmig ver- dichten; dann folgt eine achteckige Platte mit schlichtem Pro- fil aus dem gleichen Material, die ihrerseits die sieben annii- hernd quadratischen Bronzefelder trägt, welche die Wandung der eigentlichen Kanzel bilden. Ein oberster pultförmiger Ab- schlufi wird von vertikal verlaufenden Stegen getragen, an de- nen auch die Bronzeplatten zusammcnstoßen. Die Hauptmaße der Kanzel waren durch die bereits vorhandene Zugangstür gegeben, die nunmehr schlicht in Marmor gerahmt wurde und mit einer symbolischen Darstellung der Ausschüttung des hl. Geistes geschmückt ist. Die Kanxelplatten tragen Relief- schmuck, der einem vom Künstler selbst ersonnencn Programm folgt: Die beiden, den Doppelpilastern der Xvandzone nächsten, auch am schwersten sichtbaren Felder zeigen rechts den Pro- pheten Ezechiel, links den Propheten jesziias, dann folgen links: Der zwölfjährige Jesus im Tempel, rechts: Aussendung der jün- ger zum Lehren. Die vorderen Schrägen sind der Darstellung des Naehtgespräcltes mit Nikodcmus sowie der „stummen Pre- digt" Christi (seine Begegnung mit der Ehebrecherin) vorbe- halten. Das Programm gipfelt in der Wiedergabe Christi als Sämann auf der Vorderplatte. Begleitende Inschriften in latei- nischer Sprache ergänzen die bildlichen Darstellungen. Schlicht und monumental wie der Stil des Gesamtwcrkes ist auch die formale Durcltbildung der Reliefs; der Hauptakzent liegt auf Eindringlichkeit, Verständlichkeit, Anschaulichkeit, der innere Gehalt ist es, der die Formen bestimmt. Ähnlichkeiten mit ver- wandten Gebilden der frühromanischen Zeit, etwa den Produk- ten der Hildesheimer Giefihütte, entspringen eher dem Bemü- hen um Gewinn einer wescnsverwandten geistigen Grundhal- tung denn einer historisicrend-formalistischen Einstellung des Künstlers. Das Werk, das den ihm gegebenen Raum ebenso auf sich bezieht wie es ihm dient, beweist mit aller Deutlichkeit, daß es selbst heute noch einem Künstler durchaus möglich ist, große Kir- chenkunst zu schaffen; Voraussetzung ist allerdings, daß er in der Glaubenswclt der Kirche ebenso zuhause ist wie in den for- malen Problemen, Fragestellungen und Lösungen der Gegen- wart. Dic richtig erkannte Bedeutung, das innere Gewicht der gegebenen Themen werden die Wahl Zeitnahcr Ausdrucksmit- tel dann relativ leicht machen. UNSERE Salzburger Dom. Dic Kanzel, von Toni Schneider-Manzell. 1959. AUTOREN Die Redaktion bedauert, diesmal keine Autorcnbiographien bringen zu können, da nicht alle Angaben rechtzeitig emgelangt sind. Ihre repräsentative, erfolgreiche Werbung ist das lnserai in der einzigen in Österreich erscheinenden Kunsfzeiischrifi alie und moderne kunsi 28