Winkel im Steinbruch St. Margarethen, Burgenland. Symposions. Warum nämlich sollte Kunst immer oder doch in der Regel nur für Museen, Galerien, für öffentliche oder pri- vate Schmuckzwecke geschaffen werden? Gibt es nicht auch heute wieder wie im Mittelalter und im Barock nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu die Verpflichtung - und das besonders auf dem Gebiet der Plastik -, gleichsam Gebilde hervorzubringen, die sich als Zeugnisse und Wahrzeichen in unser Leben stellen? Solche Zeugen und Bekenntnisse müssen ja nicht unbedingt in einem konfessionellen Sinne religiös sein. Es genügt, wenn sich in ihnen etwas von unserer inneren Not, aber auch von unserer Kraft, von unserer Sehnsucht, aber auch von unserem Vermögen, von unserer Position und Bestimmung als Mensch in unserer Zeit zu erkennen gibt. _]a, es genügt, daß ein Künstler, wenn er nur wirklich einer ist, seine ganz persön- liche Würde und seine Freiheit, sein ja zum Leben und seine Be- reitschaft zum Schicksal zur Gestalt erweckt, und eben diese dann sich als ein Bekenntnis, als ein Ruf und Gleichnis mitten unter die Menschen pflanzt. Dann ist schon das Nötige gesche- hen, gleichgültig, ob nun jeder diesen Ruf vernimmt und das Gleichnis als solches wahrzunehmen sich imstande zeigt. Es ist ohnedies bereits bekannt, daß das „aus dem Ganzen" und „für das Ganze" nicht mit dem „für Alle" gleichbedeutend ist. Der „Grenzstein" Prantls also gab den Anstoß. Warum nur an den Grenzen und nicht auch an markanten Punkten in den Städten? Wieviel mehr aber ließe sich noch erreichen, wenn solche Wahrzeichen von Künstlern anderer Länder kiirncn, also ein Gruß aus diesen Ländern wären? Und damit gleich der nächste Schritt: Wäre es nicht ein Vorhaben besonderer Art, wenn man die Künstler verschiedener Länder zu einem Sympo- sion zusammenbrächte, bei dem sie solche Werke schufen? Gewiß hätten solche Gedanken an einem anderen Ort, zum Bei- spiel in einem noch so großen und noch so gut eingerichteten Bildhauer-Atelier nicht entstehen können. Hier war vielmehr schon der Margarcthener Steinbruch der letzte und höchste Trumpf. Die ihn kennen, werden das verstehen, und die ihn nicht kennen, haben noch ein nicht zu verachtendes Erlebnis vor sich. Eine großartigere Arbeits-Landschaft läßt sich schwerlich denken. Zwei Millionen Kubikmeter wurden bereits gefördert. Die Römerwand, also der von den Römern benutzte Teil des Steinbruchs, steht unter Denkmalschutz. Sie ragt sicher über 40 Meter empor. Auch die übrigen Steilwände dürften etwa diese Höhe haben. Die Neubruchstellen leuchten, zumal bei Sonne und blauem llimmel, in einem kräftigen Gelb, während die Altwände in grau verwittern. Nach Südosten gibt eine schmale Schlucht einen Blick auf St. Margztrethen frei. In den Steinbruch- wänden nisten ungezählte Dohlen, deren schimmerndes Schwarz sich vom Gelb und Grau der Wände, in die sich streifenweise eine spärliche Vegetation hineingefrcssen hat, erregend abhebt. Das Ganze ist wie eine Weihcstätte irgendwelcher Riesen, eine gewaltige offene Halle, wie geschaffen, auch anderen Veranstal- tungen wie etwa Bläserkonzerten, Raum zu bieten. Für das Symposion aber ging es natürlich um den Stein und