INRICH BENEDIKT Die Harraeh zählen zu den vornehmsten Repräsentanten des österreichischen Adels. Schon 1165 wird ein Harracli genannt, der an einem vom Bayernherzog Welf ver- anstalteten Turnier i.n Zürich teilnahm. Das Geschlecht stammt aus Oberösterreich, wo es um 1300 urkundlich erwähnt wird. Theobald Harrach war Regimentsrat Maximilians I., Leonhard Ill. Oberst-Hofkanzler Fer- dinands I., Leonhard IV. Hofmeister und Erzieher Erz- herzog Karls. Zugleich mit diesem und mit Kaiser Ru- dolph II. erhielt Leonhard IV. im Frager Veitsdom aus der Hand des Erzherzogs Ferdinand das von Philipp ll._ verliehene Goldene Vließ, das, solange die Monarchie währte, alle Generationen der llarrach schmückte. Leon- hard V., der die Familicngrufl in der Augustinerkirche stiftete, war Oberst-Hofmeister der Erzherzoge Matthias und Ernst, Leonhard VII. Reichshofrat unter Fer- dinand 11.; aber die große Zeit des llauses begann mit Karl Harrach, dem bedeutenden Staatsmann und Freund Ferdinands II., der ihn in den Grafenstand erhob und zum Erbstallmeisler von Österreich 0b der Enns ernannte; das gleiche unterennsische Amt besaß die Fa- milie bereits seit Leonhard IV. Sein Sohn Kardinal Ernst Albrecht, mit dessen Namen die Rckatholisierung Böh- mens verbunden ist, wirkte durch 42 Jahre als Erzbischof von Prag, weihte 609 Kirchen und 10.000 Priester und krönte Ferdinand Ill., Ferdinand IV. und Leopold I. zum König von Böhmen. Karls Töchter Isabella Katharina und Maximiliana waren die Gattinnen Wallensteins und Terzkys. Die Sammlung für die llarrachsche Gemäldegalerie be- gann in Madrid; der Sohn ihres Gründers setzte sie in Neapel fort und der Enkel vollendete sie in Brüssel. Alle drei gehürten zu den bedeutendsten Staatsmännern der österreichischen Barockzeit. Graf Ferdinand Bonaventura von Harrach (1636-1706) wurde in Prag geboren und von seinem Onkel, dem Kardinal, getauft. Seinen ersten Namen führte er nach dem Kaiser, seinem Taufpaten, den zweiten nach dem Patron seines Geburtstages. Der Vater, Otto Friedrich, Oberstkämmerer sein es Schwagers Wallenstein, erhielt bei Lützen eine Kopfwunde, später als rangältester Oberst der Armee Gallas eine schwere Verletzung bei Lands- berg und starb, als Ferdinand Bonaventura drei Jahre alt war. Die Mutter, Gräfin Lavinia Gonzaga von Novel- lara, führte den zweiten Taufnamen Thecla, während ihre Nichte, Schillers Thekla, Maria Elisabeth hieß. Unter der Vormundschaft des Onkel-Kardinals wurde Ferdinand Bonaventura in Wien als Spielgenosse Leo- polds erzogen, vollendete seine Ausbildung in Döle, der berühmten Universität der Franche-Comte, und in Brüs- sel und beschloß seine Kavalierstour in Paris und Rom. 1661 kam er zum erstenmal nach Madrid, wo er die Hof- dame der Königin Maria Anna de Austria, Gräfin Jo- hanna Theresia von Lamberg, zum Altare führte. 1665 wurde er zum zweitenmal an den spanischen llof ge- sandt, um der Infantin Margarita Teresa die Geschenke ihres kaiserlichen Bräutigams zu überreichen. Damals empfing er aus der Hand Philipp IV. die Kollane des Goldenen Vließes. 1669 vertrat er den Kaiser in einer Sondermission in Versailles und überbrachte im selben Jahre die Insignien des Goldenen Vließes in Krakau König Michael, dem Schwager des Kaisers. 1673 wurde 10