Salemonisehe Thronsymbol auf Österreichischen Denkmälern CHRISTIANE MICHNA Im ersten Buche der Könige, 10. Kapitel, Vers 18-20 heißt es: „Auch machte der König Salomon einen großen Thron von Elfenbein und überzog ihn mit gar glän- zendem Gold; er hatte sechs Stufen und das Haupt am Thron war gerundet von hinten und zwei Hände hafteten an beiden Seiten des Sitzes und zwei Löwen standen neben den Händen. Und auf den sechs Stu- fen standen zwülf Löwen zu beiden Seiten; derglei- chen Werk ward nicht gemacht in allen König- reichen." Diese alttestamentarische Schilderung des Salomonischen Throncs hat ihre Wurzeln in der babylonischen Astral- mythologie. Salomons Thron, dem göttlichen llerrliclt- keitsthronc nachgebildet, war daher ein Thema, das sowohl im Orient, als auch im Abendland immer wieder zur symbolischen Auslegung und Interpretation an- regte. Bereits im 6. Jahrhundert wurde der Salomonische Thron in Byzanz nachgebildet, um darauf hinzuweisen, daß diese Stadt Sitz der Weltherrschaft geworden sei. Seit dem 12. Jahrhundert treten im Abendland, vor allem in Handschriften, bildliche Darstellungen des Salomo- nischen Thrones auf, wobei man sich genau an die oben zitierte Bibelstelle hielt. Zunächst jedoch ist dieses Thema nur für profane Belange nachweisbar. Der König, Akteur im universellen lleilsplan, wird unter symbolischer Bezugnahme auf Christus, auf dem Salo- monischen Throne sitzend, dargestellt.'_ Um 1200 tritt eine wesentliche ikonographische Neue- rung auf. Der Vorstellungskrcis des Salomonisehen Thrones fand im Zusammenhang mit der wachsenden Marienverehrung, Eingang in die sakrale Kunst, nach- dem er schon in theologischen Schriften: und Predigten des 11. Jahrhunderts, in den marianischen Symbolbcß- reich einbezogen worden war. Der damals geprägte iko- nographische Urtypus zeigt mit kleinen Variationen, Maria auf dem Thron sitzend, mit dem Kind auf dem Arm. Sechs Stufen führen empor, die seitlich von sechs Löwen und sechs Frauengestalten (Tugenden), flankiert sind. Darüber sind oftmals die Propheten angeordnet. Neben den Thronlehnen stehen je ein kleiner Löwe. Über dem llaupt Mariens schweben sieben Tauben, die nach lsaias H, 2, die auf Christus ruhenden Gaben des Hei- ligen Geistes darstellen. Dieser Bildtypus bleibt innerhalb der europäischen Kunst des Mittelalters geographisch auf einen engen Raum be- schränkt und zwar vorwiegend auf den Westen, Süden und Südosten des deutschen Sprachgebietes. Durch die im 12. Jahrhundert ins Leben gerufenen Or- den, vor allem der Zisterzienser und Prämonstratenser, erreichte die Marienverehrung eine besondere Verbrei- tung und Vertiefung. Von größter Bedeutung für den theologisch-spekulativen Gedankenausbau der „Maria als Thron Salomonis" war jedoch der 1216 bestätigte Do- minikanerorden, in dessen Reihen die führenden deut- schen Mvstiker und alühendsten Maricnverehrer zu fin-