Erst im Barock lebte dic Salomonische Thematik wieder auf, allerdings jetzt mit einer nicht unwesentlichen Akzentvcrlagcrung. In dcr 1665 entstandenen plastischen Gruppe des Giebelfeldes am Hochaltar der Stiftskirche in Wilten, sitzt Christus, der wahre Salomon, auf dem von einer Glorie umgebenen Thron, zu dem sechs Stufen, beiderseits von Löwen flankiert, emporführen. Darüber sind die Worte angebracht: „licce, plusquam Sa- lomon." Es ist nun nicht mehr Maria der symbolhaft ge- dachte Thron, SOndrrn Christus selber nimmt als der wahrhafte Salomon, dcrn allein der Herrscherstuhl zu- kommt, diesen Platz ein. Eine interessante Nuance erfährt die barocke Ausbil- dung des Themas durch den Hoehaltar der Kolle- gienkirche in Salzburg. Der äufleren Form nach, schließt er eng an mittelalterliche Darstellungen an. Der Tabernakel erhebt sich über drei Stufen, auf welchen sechs vergoldete Löwen sitzen. Der Altar wird von einem Halbrund von sieben Säulen umgeben, die auf die Sprüche Salornons 9,1 Bezug nehmen, worin es heißt: „Die Weisheit bauete ihr Haus und hicb sieben Säulen." Neben und vor diesen Säulen stehen weibliche Figuren, die die Tugenden symbolisieren. Die ganze Szenerie wird durch sieben Engel, die über dem Gebälk angeordnet sind, erweitert. Es sind dieselben, dic nach Apokalypse 8, 2, den Thron Gottes umstehen. Das Neue und für den Barock Kennzcichnende ist, daß es sich nicht mehr wie im Mittelalter um einen symbolhaft ge- dachten Thron (Maria) handelt. Die mit Löwen besetz- tcn Stufen führen zu Christus selbst, der im Allerheilig- sten real gegenwärtig und so Mittelpunkt der Darstel- lung geworden ist. Der Thron Christi und das Haus der wahren Weisheit ist hier der Tlibernakel, über welchem zur Verdeutlichung der Verstellung eine Krone schwebt. 6 1 Die unmittelbare Gegenwart Gottes ist hier zu einem durch Jahrhunderte überlieferten Bildschema in Bezug gebracht worden. Der zentrale Sinngehalt in seiner gan- zen Tiefe ist jedoch der selbe geblieben. Er gilt der Verherrlichung Christi, des wahren Salomon. Im Barock aber kommt dieses Thema nur mehr selten im Rahmen sakraler Kunst vor. Gemäß den Tendenzen dieser Zeit, wird es ins Weltliche transponiert und auf die Wirklichkeit bezogen. Das Salomoniscbe Gedanken- gut - Tempel, Thron, Thronsaal, Säulen der Weisheit - wird in dieser repriisentations- und prunkfreudigen [Epoche in l iteratur und Kunst als willkommenes Mittel zur Gforifiz Ärung des Herrschers aufgegriffen. Beson- ders in Ostcrrcich und Wien, dem Sitz des römisch-deut- schen Kaisers, wird das Motiv des Salomonischen Thro- nes, bei Allegorien," 'l'riumphtorens und sonstigen prunkvollen Entwürfen, in denen der llerrschcr dem Kö- nig Salomon gleichgestellt wird," immer wieder zur An- wendung gebracht. Die symbolhafte Auslegung des Mittelalters weicht somit in der barocken Erscheinungs- form einer profanen Vorstellung, ohne tieferen religiösen Sinnbezug. Der Begriff des Salomonischcn Thrones wird seines ursprünglichen Symbolgchtiltes entkleidet und auf den zu vcrhcrrlichenden Herrscher angewandt. Da- mit ist aber auch der Untergang dieses Vorstellungskrei- scs gegeben. Dieses durch Jahrhunderte gei tig und for- mal ausgebaute Thema war mit dem Gedankengut der folgenden Aufklärung nicht mehr zu vereinen. ' Siegfried Steinberg, Bilder der geistl. u. weltl. Fürsten, Leipzig 1931. 3 Petrus Damianus. Serm. XLIV in nativ. Marine, Opp. f. ll. 1' Albertus Magnus, De lnudibtis Beatae M ae Virg. X 2. ' Abb. in Garbcr Die roman. Wandmaler in Tirol, Wien 1923, T. 71, 72. 5 Auf den dieses Motivs bereits im l3.]ht.im P5. v. Bonmot. s. H. S nski, Die laf. illum. llandschriftcn d. 13. jhts, Berlin 1936. " Lutz et Perdrizet, Speculum humanae sal- vationis, Mühlhauseu 1907, I. 2'}, 249. 7 Mczgcr, Historia Salis- burgensis, Allegorie auf dic Standhaftigkeit des Glaubens, Salz- burg 1092. 5 Zwey-einigrl" llymenaus, josepho et W'ilhelmiiiat' Amaliae, Salzburg 1699. " llcriitis, Tnscriptiones et symbole, Nürnberg f721.