IN UNSERER FORTLAUFENDEN ARTIKELSERIE „ÖSTERREICHISCHE KUNST DES 18. UND 19. JAHR- HLTNDERTS" VEROFFENTLICHEN WIR DEN 9. ALIFSPJFZ HÖFISCHE THEATERBILDER AUS SCHÖNBRUNN OTTO ERICH DEUTSCH Es soll hier von drei denkwürdigen Gemälden berichtet werden, die zusammengehören, aber nicht beisammen sind, von denen eines noch nie abgebildet worden ist, ein anderes nur in einer deutschen Biographie Maria Karolinas und das dritte nur in einer französischen Iko- nographie Marie Antoinettes. Was über die drei Bilder an verschiedenen Orten gefabell worden ist, zeigt die kritische Bibliographie am Ende dieses Aufsatzes, der sonst jede Polemik vermeidet. Gegenstand dieser Gemälde sind zwei von den drei Fest- aufführungen im „Salon de batailles"des Schlosses Schön- brunn, die Ende Januar 1765 anläßlich der zweiten Hoch- zeit des Thronfolgers Josef von acht seiner Geschwister bestritten wurden. Das Scbloßtheater wurde im Winter nicht benützt, und man hatte für diese Privataufführun- gen eine eigene Bühne in jenem Saalc eingerichtet, der - noch vor der Entfernung der Schlachtenbilder - auch die Große Anteeamcra benannt worden und jetzt als Zeremoniensaal bekannt ist. Wir sind über die drei Vor- stellungen durch das 'l'agebuch des Obersthofmeisters Johann Josef Fürsten Khevenhüller-Metsch, durch die Zeremonial-Akten im Staatsarchiv und das „Wienerisehe Diarium" unterrichtet. Erzherzog Josef, der 1760 bis 1763 mit der früh verstor- benen Maria Elisabeth von Parma vermählt und 1764 zum Römischen König ernannt worden war, ging 1765 mit Maria Josefa von Bayern eine Vernunftsehe ein, die auch nur zwei Jahre dauerte, Die Trauung fand am 23. Januar im Sehloß Schönbrunn und die Einsegnungs- Messe am 24. in der llietzinger Pfarrkirche statt. Khe- venhüller beschreibt das Äußere der Braut als „sehr un- angenehm" und „in der Neglige leider nicht schöner als gekleideter". Am 24. abends wurde (ilucks „kleine Operette" auf einen neuen Text Melastaisios, betitelt „ll parnaso confuso", aufgeführt. gestmgen von den lirzherzoginnen Amalia als Apollo, Elisabeth als Mclpomene, Charlotte (Karo- line) als llrato und Josefa als liuterpe. Das Orchester dirigierte, vom Csmhalo aus, Erzherzog Leopold. Am 25. abends wurde (iallmanns Serenade „Il trionfo d'amore", nach einem iilteren Text von Metastasio („Uasilo (llamort-"J, von Berufssiingern aufgeführt, mit einer von F1" nz llilverding einstudierten Ballett-Einlage, die von der lirxherzogin Maria Antonia und ihren jüng- 12 slen Brüdern, Ferdinand und Maximilian, sowie von je vier Mädchen und jünglingen aus dem Hochadel, getanzt wurde. Am 26. endlich gab es zwei französische Lustspiclc: „La fille d'Aristide" von Mrne. de Graffigny und „La jeune lndicnne" von Chamford, VOn Mitgliedern des lloch- adels gespielt. Die „Operettä, deren Generalprobe am 19. Maria The- resia beigewohnt hatte, wurde am 27. wiederholt, die beiden Lustspiele am 28. Damit endete der „Winter- Sejour" in Schönbrunn. Am 1. Februar gab man die Sere- nade im „theätre francois", d. i. im Burgtheater, „aber nicht gratis", offenbar ohne das Ballett. Am 9. Februar wurde Glucks Gelegenheits-Werk in der Hofburg, „auf einen eigends aufgerichteten kleinen Theätre" noch ein- mal aufgeführt, und am 10. wurden bei der Obersthaf- meisterin der Kaiserin, Gräfin Maria josefa Antonia Paar, in den „Amalischen Zimmern", dem Amalien- 'l"rakt, auch die Lustspiele wiederholt. Das Ballett war also, wie es scheint, nur einmal gegeben worden. Wenn Khevenhüller ein Ballett unterm 24. ja- nuar erwähnt, so ist das wohl daraus zu erklären, daß cr in jenen bewegten Tagen nicht an jedem Abend in sein Tagebuch schreiben konnte; die Zeremonial-Akten besagen freilich das gleiche. Es gab aber nur ein Ballett, und das wurde am 25. aufgeführt. Die Textbücher zu Glucks und zu Gaßmanns Werken sind bei van Ghelcn gedruckt worden. je ein Exemplar dieser schönen Libretti besitzt die Wiener Stadtbibliothek aus der Sammlung Max von Portheim. Das Titelblatt des „Parnaso" ist von Jakob Matthäus Schmutzer ornamen- tal verziert worden und hat Vignetten von Anton Ti- scher. Das Personenverzeichnis des Portheimschen Exem- plars trägt die Namen der vier Erzherzoginnen in hand- schriftlichen Zusätzen aus jener Zeit. (Charlotte und Josefa sind in ihren Rollen vertauscht worden, wahr- scheinlich, weil sie im Stück die ihnen zugehörigen In- strumente zu vcrtauschen hatten.) Aus dem Textbuch des „Trionfo", in dem das Ballett nicht erwähnt ist, erfahren wir, daß die Szene „alle sponde di Cipra" spielte und die Dekoration von „Antonio de Danne", d. i. Franz An- ton von Dannc (ca. 1700 bis 1767), stammte. Die Ge- sangspartien waren so besetzt: Venere - Rosa Tibaldi, gcb. Tartaglini, Apollo - Gaetano Guadagni (Contra- altist), Pallade - Elisabetta Teuberin, Amore - Luca Fabris, Marte - Giuseppe Tibaldi (Tenor) und Mer- curio - Giovanni Ristorini. Maria Theresia scheint bald nach den Festtagen den Auftrag erteilt zu haben, den Zuschauerraum mit der Bühne der „Operette" zu malen, die vier Erzherzoginnen aber auch noch besonders, sowie die Ballettszene der „Serenadc" mit den drei jüngsten Kindern. Die beiden Gluck-Bilder werden Johann Franz Greipel (1720 bis 1798. 1765 Mitglied der Akademie) zugeschrieben, der das Gemälde mit dem Theatersaal auch signiert hat; sie scheinen aber stilistisch und qualitativ so verschieden, daß man schwerlich an die gleiche Hand glauben kann. Das Ballettbild dürfte wieder von einem anderen, dem llofe nahustehenden Künstler stammen, aber die beliebte