PAUL CEZANNE ERIKA NEUBAUER Zur Feslwochenauslellung der Sladl Wien im Oberen Belvedere Da es bisher nur ganz selten möglich war, Werke ce- zannes in Wien zu sehen und auch der hiesige museale Cezanne-Bestand sehr bescheiden ist, kann wohl der jetzt im Oberen Belvedere gezeigten Ausstellung nicht genug Bedeutung beigelegt werden. „Bahnbrecher der Moder- nen Kunst" ist das Motto der seit vier jahren vom Kul- turamt der Stadt Wien veranstalteten Ausstellungen. Wie weit Cezanne in dieser Reihe einen bedeutenden Platz einnimmt, das soll in der heurigen Ausstellung gezeigt werden. Wenn cs dabei gelingt zu beweisen, daß er den bedeutendsten Platz in dieser Serie beanspruchen kann, dann ist die Aufgabe dieser Ausstellung in vollem Maße gelungen. Ein Raum mit Dokumentationen führt den Besucher der Ausstellung an Hand von Daten, Hinweisen und Fotos in das Leben, die Familie, die Freunde und die Umgebung des Künstlers ein. Dabei stellt sich sofort heraus, daß Cezannes Leben keinerlei Sensationen zu bieten hat, we- niger als der Lebenslauf irgend eines anderen großen Künstlers seiner Epoche. Er ging fast nie auf Reisen, war vermögend und lebte frei von allen äußeren Sorgen auf dem Stück Erde, das er am meisten liebte - in der Provence: „Die großen klassischen Länder, unsere Prouence, Grie- chenland, Italien, sind die, wo die Klarheit sich spiri- tualixiert, wo eine Landxchaft da: schwebende Lächeln einer scharfen Intelligenz ist. . ." 2 Geboren in Aix-en-Provence als Sohn eines einfachen Hutmachers aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, der sich aber später zum reichen Bankmann emporarbeitet, erlebt er in dieser kleinen Provinzstadt eine unbe- schwerte Jugendzeit. Eine innige Freundschaft verbindet ihn mit seinem Schulkameraden Emile Zola, unter dessen Einfluß er seine ersten lyrischen Ergüsse schreibt. Seine Liebe und sein Interesse gelten immer mehr der Ma- lerei, für die er schon während der sehr den humanisti- schen Fächern zugekehrten Schulzeit besondere Vorliebe zeigt und die immer mehr zum Ziel seines Lebens wird. Und nun beginnt der übliche Kampf mit dem Elternhaus. Sein Vater, mit beiden Füßen im praktischen Leben stehend, weigert sich lange Zeit den Sohn zum Malstu- dium nach Paris zu senden. Paul Cezanne, sonst von schwierigem und heftigem Cha- rakter, dem Vater gegenüber aber nachgiebig und weich, beginnt auf dessen Wunsch das jusstudium und tritt später sogar in die väterliche Bank ein. Erst mit 22 jah- ren erreicht er die Erlaubnis und die Mittel, seinem Freunde Zola nach Paris zu folgen, wo er an der Aea- demie-Suisse Aktkurse besucht. In Paris widmet sich Cezanne vor allem dem Studium des Louvre, der für ihn die Schätze der ganzen Welt enthält; er ist für ihn „dar Buch, aus dem man lesen lernen muß". Er bewundert besonders die großen Kolor- isten: Rubens und die Venezianer, Veronese (von dem