Was nun das Beethoven-Porträt aus der Reihe in der Gesellschaft der Musikfreunde angeht, so ist seine Wie- derherstellung schon begonnen. Es ist glücklicherweise gut erhalten, nur ganz unwesentliche Stellen sind ge- ring beschädigt. Nach der Firnis-Abnahme zeigt sich, daß das Gesicht sehr rötlich ist, etwas, das uns als le- benswahr durch viele Zeugnisse von Zeitgenossen erwie- sen ist. Rock und Krawatte haben ein rötliches Braun, so daß der Gesamtcharakter der Figur violett-braun ge- nannt werden kann. Das Haar ist leicht angegraut. Der Hintergrund hat einen Stich ins Grünliche. Der Aus- druck ist sehr natürlich und nur dadurch von dem etwa gleichzeitigen Stich Blasius Höfels nach Louis Letronne (1840) unterschieden, daß bei Mähler die Betonung mehr auf dem Repräsentativen liegt} Frimmel hat dieses schöne Bildnis immer mit zwei anderen von Mähler zu- sammengeworfen und alle drei als Fassungen eines so- genannten „zweiten Mählerschen Beethoven-Porträts" er- klärt. Offensichtlich ist aber zwischen dem Bild aus der Reihe der Gesellschaft der Musikfreunde und den beiden anderen, wirklich gleichen ein großer Unterschied. Fast würde man denken, diese beiden, das eine seit 1860 in Karajanschem Besitz, das andere, von demich leider keine brauchbare Photographie erhalten konnte, jedenfalls bis vor kurzem noch im Besitz der Nachkommen von Beethovens Landsmann und Freund Ignaz v. Glei- chenstein, seien etwas früher entstanden. Das Gesicht ist hier eher schmäler, das Haar dunkel, die Nähe zu dem schlechten Neugass'schen Bilde größer als zu dem von Letronne. Die Kleidung ist ganz verschieden, weni- ger leger, der Hintergrund hat die Andeutung eines Wolkenhimmels, was jedoch erst die beabsichtigte Rei- nigung ganz klären könnte. Ich kann das freilich nur von dem Exemplar behaupten, das mir die Freundlichkeit seines heutigen Besitzers, des Ingenieurs Wolfgang Karajan in Salzburg, zu studieren und neu photographieren zu lassen erlaubt hat. Die Her- kunft dieses Bildes ist durch eine Notiz des großen Sprach- und Geschichtsforschers und späteren Leiters der Nationalbibliothek Theodor Georg v. Karajan auf dem Blendrahmen völlig geklärt. Diese lautet: „Porträt L. van Beethovens gemalt von Mähler, einem Schüler des berühmten Graff zu Dresden, vor dem 29. Mai 1815 zu Wien. Mähler war geboren zu Ehrenbreitstein, also ein Landsmann Beethovens und mit ihm sehr befreundet. Mähler starb in Wien 1860. Ich kaufte das Bild aus der Verlassenschaft von seiner Erbin Gnadfleg, seiner Wirt- schafterin, im Juli 1860 um 100 f. e. M. Dr. Theodor Georg von Karajan." Das Bild trägt außerdem rechts unten die Signatur: „j. Mähler pinx." Zunächst läßt sich über das Verhältnis der drei Bilder zueinander wenig sagen. Es bleibt ganz unklar, weshalb das Karajansche Bild gerade „vor dem 29. Mai 1815" ge- malt sein soll, und vor allem ist das nur ein terminus ? Ich möchte bei dieser Gelegenheit nebenbei die Fragwürdig- keit der oft wiederholten Erzählung Höfels von der unzurei- chenden,'leider uns verloren gegangenen Vorlage Letronnes und seiner, Höfcls, Mitarbeit an dem Bildnis bei Gelegenheit des Stichs betonen. Wir wissen wenig über Letronne, aber die eine Arbeit, die das Historische Museum der Stadt Wien von ihm bewahrt, ein Kreide-Porträt der Schauspielerin joscphine Gottdank aus demselben Jahr 181-1, übertrifft alles, was l-löfel an Pprträten geschaffen hat. Letronne, der 1805-1817 in Wien tätig gewesen ist, war ja schließlich ein Schüler j. L. Davids. - Die Beethoven-lkonographie schreit geradezu nach einer neuen Bearbeitung! Frimmels Buch ist überholt, und was seither erschienen, ist mehr Kompilation als kritische Durcharbeitung. O. E. Deutsch hat gerade in der „Österreichischen Musikzeit- Schrift", 16. jahrg. 1961, Heft 3, S. 116 denselben Wunsch aus- gesprochen, der durch das neue Buch von Robert Bory uner- füllt geblieben ist. ante. Die eine Überzeugung aber gewinnt man, wenn man die lithographischen Bildnisse der Komponisten, die in der Reihe der Gesellschaft der Musikfreunde vorkom- men, mit den Mählerschen Porträten vergleicht: dieser hat wirklich, wie die „Allgemeine musikalische Zei- tung" sagt, „sprechende Ähnlichkeit" erreicht; in seinen Bildnissen ist mehr von den charakteristischen Zügen der Porträtierten als in den meisten anderen Bildnissen, er verschönert nicht, er spricht die Wahrheit. Diese Er- kenntnis darf man wohl auch auf die drei späten Bild- nisse Beethovens übertragen, wenn sie auch nicht in einem so glücklichen Augenblick geschaffen wurden wie das jetzt in den Besitz des Historischen Museums der Stadt Wien gelangte erste Bildnis von l804j05, von dem wir ausgegangen sind. Ich füge nun noch, zusammenfassend eine [Werklirte von W). Mähler an, in der Hoffnung, daß sie möglichst bald ergänzt und vermehrt wird werden können: 1 Bildnis Beethovens, Ol auf Leinwand. 116.5 X 90 cm. Unsigniert. Um 1804f05. Historisches Museum der Stadt Wien. 2Josef Bernhard v. Weckbecker. Öl auf Leinwand. 107 x 86 cm. Signiert rechts unten: ]. Mäbler pinx. 1807. Besitzer Paul Weckbecker, Wien. 3 Friedrich (oder Philipp) v. Weckbecker. Öl auf Lein- wand. 56 X 44 cm. Unsigniert. Um 1807. Besitzer Paul Weckbecker, Wien. 4 Friedrich (oder Philipp) v. Weckbecker. Ol auf Lein- wand. Größe nicht bekannt, jedoch von Frimmel als „Bildchen" bezeichnet, signiert rechts unten: Mäh- ler 1807. Verschollen. Slö Zwei weitere Bildnisse Friedrich und Philipp v. Weck- heckers, Kniestücke in kleinem Format, erwähnt ohne Malernamen in einer Notiz von Hugo Frh. v. Weck- becker. 718 Zwei Bildnisse Julie von Verings, später verh. Breu- ning. 1807(O8. Eines davon ausgestellt in den Wiener Beethovenausstellungen 1920, KaL-Nr. 234, 1927, KaL-Nr. 343. Entweder dieses oder das zweite er- halten im Historischen Museum der Stadt Wien. Öl auf Leinwand, 100,5)(83cm. Unsigniert. 9{10 Zwei Bilder (vielleicht auch drei), gekauft von einem Herrn in Boston. 11 Landschaft aus dem Laxenburger ParkzWasserfall des Forstmeisterkanals. Ol auf Leinwand. 43,Sx 345cm. Signiert rechts unten: Mäbler p. Ehemals Samm- lung Ludwig und Henriettc Dux. Verschollen. 13 Kaiser Franz II. Großes Bild, seinerzeit im Kanzlei- saal des Hofkriegsratsgcbäudes. Verschollen. 14 Joseph Gelinek. Öl auf Leinwand. Etwa 55 X 44 cm. Seit der Entstehung nicht weiter verfolgbar. 15-24 Tonkünstler-Galerie: Joseph v. Eybler. Adalbert Gyrowctz, Johann Nepomuk Hummel, Leopold Ko- zeluch, Franz Krommer, Joseph Preindl, Anton Sa- lieri, Ignaz von Seyfried, Michael Umlauf, Johann Baptist Wanhal, Joseph Weigl. Öl auf Leinwand. Je etwa 55 X 44 cm. Vermutlich identisch mit den Bil- dern der Gesellschaft der Musikfreunde im Wiener Musikvereinsgebäude. Es dürften auch noch andere Porträte der Reihe von Mäihler stammen. 25 Ludwig van Beethoven. Ol auf Leinwand. 55 X 44 cm. Unsigniert. Gesellschaft der Musikfreunde, Wien. 26 Ludwig van Beethoven: Öl auf Leinwand. Signiert rechts unten: ]. Mähler pinx. 64X48,5 cm. Besitzer Ing. Wolfgang Karajan, Salzburg. 27 Ludwig van Beethoven. Öl auf Leinwand. Etwa 64 X 48,5 cm. Ehemals Familie v. Gleichenstein, Frei- burg im Breisgau. 16