1 Sitzende Negerin, O1, 1959. 2 Figuren in einer Landschaft, Ol, 1959. Österreichische Galerie. Ferne, die auch der längste Arm und der längste Pinsel nie erreicht hätten. Und das ist schon einer der Unterschiede: Kokoschka hat seinen Pinsel auf die Reise geschickt, der dann zum weiten Schwung ausholte in Lyon oder am Rande der Wüste oder der eine riesige Armbewegung machte, mit der er die ganze Pariser Oper cinsteckte. Eisler bleibt in seiner Stube. Ich vermute, daß ihm das Wort „kosmisch" ebenso verdächtig ist wie mir. Und wenn er eine Landschaft malt (aber es sind Figuren in einer Landschaft, die ursprünglich eine Familie in einer Landschaft waren), auch dann ist die Lichtung eine Stube im Wald. Bei Kokoschka holt der Pinsel den Raum ein, ganz atemlos ist er von der Hetzjagd... Bei den Romantikern pflanzte der Pinsel dem raumsüchtigen Gemüt ein Unendlichkeitsgefühl ein. Bei Eisler bleibt der Raum immer in einer Nähe, die zu bewältigen möglich ist. Nichts weist über sich hinaus. Wie fließen nun die Raummöglichkeiten aus dem Pinsel heraus? Es laßt sich erkennen, wenn man auf die Beziehungen zwischen Bildraum und Pinselstruktur achtet und das Gegenständliche sekundär mitnimmt. Es ist der Pinsel, der sich den Raum schafft. Die Zackenläufe des Pinsels behalten die Richtungen der malenden Hand vor der Leinwand bei, der Raum vor der Leinwand wirkt in den Malraum hinein, beide Räume durchstoßen sich. Das ist gar nicht so selbstverständlich. Klar wird der Unterschied zu den „Schlüssellochbildern" vorn 16. bis zum 19. jahr- hundert, dort weitet sich nach dem Durchschreiten des Rahmens die Welt. Und das geschieht auch letzten Endes noch bei den klassischen Expressionisten. Die abstrakten Expressionisten haben dagegen andere Formulierungen bereit. Doch vorerst zurück zu Eisler. Der hochgezogene, verschlossene Horizont ist nur ein Hilfsmittel, nicht mehr. Aber der Raum ist überall, vor allem ist er zwischen den Pinselflecken. Sie überlagern sich deutlich, sie sind separiert und sie stemmen den Farbraum auf, einen schmalen, vielfältig ineinandergreifenden Raum, der zum Bildraum wird, aber nie zum per- spektivischen Tiefenraum. Ein Wort, das Eisler selber gebraucht, ist „Auffächerung". Sehen wir zu. Der Schatten kriecht unter das Gesäß der Negerin. Der Hocker, auf dem sie sitzt. stumplt sich zurück, das gedämpfte Eck und der Bremsraum sind von verwandtem Geiste. Farbige Flecken, Licht- und Schattenflecken kann man klar unterscheiden. Der Unterarmschatten wölbt sich vor, fließt in den Schoß und setzt sich hier in Kontrast zu den aulgetupiten Lichtern des Knies. In die Kniekehle bricht der Schatten ein. Tupfen und Striche überkreuzen einander gegenläufig. Derselbe Schattenstrich, 19