I IN UNSERER FORTLAUFENDEN ARTIKELSERIE ZUR „ÖSTERREICHISCHEN KUNST HUNDERTS" VEROFFENTIICHEN WIR DEN 62. AUFSATZ DES 20. JAHR- HUNDERTWASSER IN JAPAN ARNULF NEUWJRTH Der österreichixche Maler Fritz Hundertwaxxer hat weben den Großen Internationalen llwlainichi- Preis erhalten. „Hyaku" : Hundert, „Mitsu" I Wasser, so lautet der neue japani- sche Name des Wiener Malers Fritz Stowasser, der schon einmal - „um nicht mit dem bekannten Lateinle- xikon verwechselt zu werden" - seine erste Silbe „St0" (russisch 1 hundert) sinnvoll ins Deutsche übersetzt hatte. Mit der Wahl eines wirkungsvollen, leicht einprägsamen Nom de guerre beginnt die farbenprächtige Kar- riere Hundertwassers, von Wien über Paris, Mailand und Hamburg nach Japan führend, vom Schlafen auf Kartolfelsäeken und Essen ge- kochter Wcizenkörner zum von der „Tokyo-Gallery" großzügig gebote- nen Luxus. Diese vornehme japani- sche Galerie hat ihm einen Flug über den Pol ermöglicht, ihn für mehrere Monate ins Reich der Auf- gehenden Sonne geholt. Vorher wa- ren Mathieu und Crippa ihre Gäste. Sie organisiert, gerade im Moment da dieser Bericht in Druck geht, eine Ausstellung von etwa vierzig Hundcrtwasser-Bildern. „Mein großer Konkurrent in der mit uns rivalisierenden Miami-Ga- lerie wird Sam Francis sein", schreibt Hundertwasser aus Tokio. „Die Tokyo Gallery hofft durch meine Ausstellung ihren internatio- nalen Ruhm zu bestärken und sich vor die Konkurrenzgalerie, (beste Maler dort Fautrier und liraneis) vor die bedeutendste Galerie des alro-asiatischen Raumes zu setzen". Ein großes Foto zeigt Hundertwas- ser als verzückt erstarrten Narziß, gleich einem vom Himmel gefalle- nen Engel auf die Steinhrücke eines altjapanischen Gartens hinge- strcckt. Für den Narziß, der sich liebevoll in der reinen Quelle sei- ner Kunst spiegelt, der Spiralen, konzentrische Kreise in den Dienst offensichtlicher, koketter, charman- ter Ichbezogenheit stellt, der seine roten, grünen und goldenen Gär- ten zärtlich mit spitzen Zäunen ein- faßt, um Banausen ein dezentes „Eintritt verboten" hinzusehreiben, ergeben sich präehtigste Möglich- keiten immer gesuchter, wollüstig ausgekosteter Scheinwerfer-Publi- city. „Die Galerie hat elf Leute vom Stab", so schreibt er, „zwei Chauf- feure, eine Telefonistin, ein stän- dig teckochendes und teeservicren- des Mädchen, einen Dolmetscher, einen Bildverpacker, einen Tischler, den Direktor Yamamoto, den Vize- direktor Hayashi, ferner Herr Shi- nichi Segui, der auch in Wien war, als Kritiker... Ich habe jederzeit, wenn ich sie benötige, zwei Autos zur Verfügung. Alle meine Bilder sind verkauft. Die aus Paris mit- gebrachten innerhalb weniger Stun- den nach meiner Ankunft auf dem Tokioter Flughafen. Das ist formi- dable. Wenn ich die Bilder fertig habe, will ich sie nicht in die Gale- rie bringen, weil sie sofort verkauft werden, so wie wenn Wassertropfen in durstiger Erde oder im Lösch- blatt aufgesaugt werden. Mein Ka- talog wird ganz toll. 31 Farhrepro- duktionenl Davon eine in ein gro- ßes Foto an Stelle meines rechten Auges hineinkopiert. Über allem wächst Gras mit feinen grünen Li- nien." Michel Ragon, Verfasser des Bu- ches „Das Abenteuer abstrakter Kunst" nennt, als Hundertwasser 19S4in der Pariser Galerie Facchetti ausstellt, dessen malerische Anfän- ge „ziemlich geschickt, in Kompo- sition und Kolorit verführerisch, aber diese vielfachen Köpfe, die- ses Spicl von schiefen Quadraten und Spiralen recht literarisch." Er schenkt llundertwassers Malerei wenig Bedeutung und glaubt („Ci- maise" Nr. 4. 1954) die literarische Invasion reiche kaum über die Grenzen des Literatenbezirkes von Saint Germain de Pre's hinaus. Auch anderen Kunstkritikcrn ist zu- nächst Hundcrtwassers literarisches Talent, später erst die größere Be- deutung als Maler aufgefallen. Doch die Wertung auf dem Kunst- markt in Paris hat sich rasch gebes- sert: Hundertwasser ist nächst Ko- koschka der bestbekannte Österrei- chische Maler in Frankreich und der ganzen westlichen Welt. Der aktuelle Anlaß seiner japanreise hat die Pariser Kunstzeitschrift „L'oeil" bewogen, - Ehre, die noch keinem Österreicher zuteil wurde - ihm cin sechs Seilcn langes In- terview mit großem, ganz Iigcm Farhhild und mchrcrcn schwarz- weiß Reproduktionen zu widmen. XVcr llundcrlwzlsser gerecht heur- lcilun will, darf scinc mnlcrisßln- llvgxlivung nicht strcngu von der lite- ' ischcn trennen, muß Hllth die" Aklionrn romzmtisfhcn lhndywurni in Seim-m Privatleben nlx "Feile eines Gcsnmtwerkes mit in läctraicht 1 zirhcn. XVie Gzluguin, wic Klimt. liebt cr extravagante farbenpräch- tige Kleidung: „Ich trage hicr cinc kohnlthlauc Samthosc mit ultrnma- rinhlnucm Samigürlcl, in Pälfiß ux- tra für Japan angclicrtigl. Furncl" rosnrotv Seidenkrawrilte, Snmtjak- kcit. grünschwarzmt gestreiften Pullovcr. Mit meinem inrbigcn We- scn hin ich hier genau in meinem Elumcnl. Oft crblassc ich vor Neid, wenn ich ganz tolle grün-rot ge- strviflc llurrcnanzügc schc. I'm nicht ins llinlcrtrcffcn zu gumlcn. 27