ciscus Paduanus von Forli, der angeblich am Beginn des 17. Jahrhunderts Kaiser Rudolf II. behandelt hat, stellte Erasmus llabermel eine mit Wappen versehene Säulen- sonnenuhr (Abb. 1) her, die in technischer und künst- lerischer Vollendung als kostbares Schrcibtischgeriit des Gelehrten gedacht war. Die allgemeinen und die Plane- tcnstunden lassen sich daran ablesen, wie die Tierkreis- zeichen und die Wochenplanetcn des Jahres. l)ie un- mittelbar praktische Bestimmung dieses Gerätes ist dar- aus zu ersehen, daß im Sockel der Säule eine Strcusand- büchse untergebracht ist. Der künstlerische Höhepunkt dieses Instrumentes ist abgesehen von der Form im gan- zen sein Boden, auf dem das Wappen des Besitzers mit Name und Devise eingraviert ist. Besondere Sorgfalt wurde bei jenen Instrumenten an- gewendet, die in Taschenformat eine möglichst große Vielzahl verschiedenartiger Tabellen und Berechnungs- grundlagen miteinander vereinten. Ein großartiges Bei- spiel für diese Art ist das für den Grafen Ulrich Fugger 1557 von Christoph Schissler angefertigte Universalgerät (Abb. 2), das in achteckiger Form zweimal aufklappbar die verschiedensten Dinge miteinander vereinigt: In großartiger Gravierung in feuervergoldetem Bronze zeigt der Deckel außen die Landkarte der nördlichen Halbku- gel mit einem verschiebbaren Tierkreis und innen die Karte von Deutschland. Aufgeklappt läßt sich das Ge- rät als Horizontal-Sonnenuhr verwenden, in deren Mitte ein Kompaß angebracht ist und auf deren Rückseite die Polhöhen der deutschen Städte eingezeichnet sind. Der zweite Deckel, der aullen ein Organum Ptolomei zur Bestimmung von Auf- und Untergang der Sonne trägt, zeigt innen eine Tabelle des Mondes mit verschicbbarem Teil zur Feststellung seiner Phasen. Das Gerät ist in je- der Weise als künstlerisch bedeutender Gegenstand aus- geführt, wie auch ein ähnlicher kleinerer Apparat des Christoph Schissler, der in gleicher Weise die wichtig- sten Berechnungen des Raumes und der Zeit möglich macht (Abb. 3). Zur Veranschaulichung der Gestirnbahnen konstruierte man die Armillarsphäre, durch deren kompliziertes be- wegliches System verschiedener Ringe die ganzc sicht- bare Welt des Himmels darstellbar ist. Das Exemplar des Euphrosynus Vulparizt Florentinus aus dem jahre 155-} (Abb. 4) zeigt das alte ptolemäische Weltsystem, das die Erde in den Mittelpunkt verlegt. Durch die künstle- rische Ausarbeitung in vergoldetem Bronze mit Gra- vicrungen und applizierten Emailkartuschen, die sym- bolische Bilder und Inschriften tragen, ragt der Apparat aber weit über die Aufgabe eines bloßen Lernbehelfes hinaus. Eines der hcrvorragendstcn Instrumente dieser Art ist ein Zirkel (Abb. 5 und (m), in dem alle Sphären der beab- sichtigten Naturkenntnisse in einem einfachsten Gerät vereint sind. Der mit zwei Spitzen versehene Meßzirkel hat geschlossen eine Balusterform. Der Angelpunkt der beiden Schenkel ist zur Himmelskugel gebildet, die mit dem Tierkreis den Planctensymbolen uncl einer Maß- einteilung versehen ist. Geöffnet und senkrecht gestellt, bilden die beiden Schenkel eine Sonnenuhr. Auf den vier äußeren Flächen des geschlossenen Zirkels aber sind jahreszeiten, Elemente, Temperamente, Wetter und Tierkreisbilder in vier Gruppen zueinander in Verbin- dung gebracht und ihre Namen eingraviert. So ist die Fülle der naturwissenschaftlichen Möglichkeiten hier auf kleinstem Raum vereinigt und das Instrument ein Meßgerät für Zeit und Raum. Geschlossen aber in sei- nem künstlerischen Ansehen, ist es wie ein Zepter, das Symbol der Herrschaft, mit der Himmelskugel auf der Spitze. Als kunstgewerbliche Arbeiten stehen alle diese Gegen- stände im allerersten Rang. Sie sind nicht nur technisch meisterhaft konstruierte Instrumente, die zum wissen- schaftlichen Gebrauch bestimmt auch tatsächlich nach- weisbar von Gelehrten zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet wurden, sondern sie bes zen auch als Kunst- gegenstände eine sehr hohe Qualität. Wie bei allen Kunstgewerbe-Objekten taucht daher bei ihnen auch die Frage nach dem eigentlichen Zweck ihrer künstlerischen Rolle auf. Sicherlich gehören sie viel weniger der Ge- samtwirkung eines einheitlichen dekorativen Systems an, als sonstige Gegenstände, da ihre künstlerische Wir- kung in erhöhtem Maße mit ihrer tatsächlichen Benüt- zung in Verbindung steht, die selbst aber nur von der mechanischen Exaktheit und nicht von der künstleri- schen Wirkung abhängt. Die ganze Gattung dieser künst- lerisch ausgeführten Instrumente, die ihren Anfang wohl im 15. Jahrhundert hat, strahlt bis an das linde des 18. Jahrhunderts aus und umfaßt damit jenen Abschnitt der europäischen Kultur in dem die besondere und eigen- artige Naturwissenschaft dcr Renaissance in allen Schich- ten abgehandelt wurdc. Das kann zu der Vermutung An- laß geben, daß der eigentliche Zweck dieser Objekte nicht mit ihrer wissenschaftlichen Bcnützung erschöpft war. Ihre künstlerische Form aber kann auch nicht bloß durch die Anwendung eines allgemein dekorativen Prin- zipes auch auf diese Gegenstände erklärt werden. Viel- mehr maß man wohl der Berechnung und Erforschung der Natur eine so hohe spekulative und meditative Bedeutung zu, daß der dazu notwendige Gegenstand über seine Benutzbarkeit hinaus einen anschaubaren Charakter er- halten sollte. Das könnte auch dafür verantwortlich sein, daß die besten dieser Instrumente immer die Erfor- schung beider naturwissenschaftlicher Dimensionen: des Raumes und der Zeit in sich vereinigen, um so zur Totalität der Naturerkenntnis hinzuleiten. Deswegen sind sie künstlerisch auch wohl im Rang sakraler Ge- räte, die ja auch die Aufgabe haben, den, der sie benützt, zur tieferen Bedeutung seiner Tätigkeit hinzuführen. Die Ausstrahlung dieses Prinzipes geht in zwei diver- gente Richtungen: einerseits zur Veraußerlichung und Oberflächlichkeit der künstlerischen Form, die im 19. Jahrhundert in sinnlosen „Verzierungen" ihren End- punkt findet und schließlich - bei veränderter Ein- stellung zum Kernproblem - als störend und unsach- lich weggelassen wird; andererseits zur llerabminderung der wissenschaftlichen Qualität des Objektes, das über das Amulett schließlich auch zum Schmuck, etwa einer mit Edelsteinen verzierten Armbanduhr, werden kann. So wird wissenschaftliche Exaktheit und künstlerischer Wert der Instrumente der Naturbeobachtung wieder ge- trennt, die einmal in ihrer Vereinigung im 16. und 17. jahrhundert die Totalität der Naturvorstellung der Re- naissance repräsentierten. Lit.: E. Zinncr, Aslronomischc Instrumente des 11. Jahrhunderts. München 1956. bis 18.