l Qrphischß Welt, Öl auf Faserplatle weofcn. 2 Scillebcn, Bleistift, 1956. 3 Begegnung (Christus-Petrus) Tusch- Aquarelle, 1958. 4 Sitzcndes Mädchen, Monotype, 1956. 5 Orphischc Welt, Ol auf Leinwand, 1960,61. oder im Spiegel betrachtet. Hat sich nun ein Thema in der Vorstellung des Malers gebildet, wird es durch Llinhringung linearer Elemente an- gedetitet. Dadurch ist erklärlich. daß das malerische Prinzip immer stärker in den Vordergrund tritt und zum Träger der Gesamtwir- kung wird. ln den Arbeiten des jah- rcs 1959 finden sich solche, in wel- chen die das Thema bestimmenden (meist dunklen) Linien gleichsam wie ein Netz über die farbige Kom- position gelegt wurden. Dem The- ma nach nehmen die figurale Kom- position und das Stilleben den brei- testen Raum ein. tritt vereinzelt die Landschaftsdarstellung auf, wird jedoch die Bildnismalerei überhaupt nicht berücksichtigt. ln den letzten Arbeiten nun, die Lettner im hcurigen Jahr in großen Kollektivausstellungen in Innsbruck und Pforzheim zur Schau gestellt hat (und die im llerbst dieses jah- res auch in Wien gezeigt werden), wird auch auf die assoziativen An- deutungen und gegenständlichen Be- ziehungen völlig verzichtet. Den- noch füllt es schwer, diese letzten Arbeiten als durchaus gegenstands- los zu bezeichnen. Vielmehr ver- sucht Lcttner, der sich nun ganz auf die Gestaltung seelischer 15er V ehe beschränkt, jene Welt aufzuzei- gen und vorzuführcn, die, ohzwar unseren Augen nicht sichtbar, ge- nauso eine Realität des menschli- chen Daseins darstellt wie die schaubarc. Es sind Gefühle, seeli- sche Zustände, Ahnungen vielleicht auch, die mit größter Eindringlich- keit wiedergegeben werden. Berei- che des Daseins, denen wir alle aus- geliefert sind, tiefere Schichten un- seres Lebens, von denen wir frei- lich nicht durch unseren kritischen Verstand Kenntnis haben, die wir vielmehr entsprechend dem schöpfe- rischen Akt erfühlen und empfinden können, sind in diesen Bildern nun plätzlieh spürbar. Es sind freilich nicht immer positive Gefühle, die beim Betrachter ausgelöst werden, wenn Lettner mit einer vitalen, stürmischen und leidenschaftlichen Kraft in diese Bereiche einbricht. Diese Kraft, die fern aller Brutali- tät aus reiner Gefühlsstärke resul- tiert, tritt auch in der formalen Ge- staltung entgegen. Es ist bemer- kenswcrt, daß Lettner, dessen ur- sprüngliche und unmittelbare Freu- de an starken Farben und Farbkon- trasten die Wirkung der Bilder be- stimmte, in vielen seiner neuen Bil- der auf die Farbigkeit ganz xierzich- tet und mit dem Schwarz und dem Wleill und mit den damit verbun- denen Zwischentönen und Yaleurs das Auslangen findet, Der Künstler fallt diese Werke unter der Bezeich- nung _,Orphische Welt" zusammen. llr weist dadurch auf sein Wollen hin, im schöpferischen Akt in nicht voll ausdeutbareBereiche des llnter- und Llnbewußten einzudringen. Neu an den Bildern ist für Lettner auch die Technik. Er malt mit einer Art xion Stuckmasse, so daß ein leichtes Relief entsteht. und arbei- tet, nachdem er die Flache einige- fiirbt hat, durch Xllfischen die Struk- tur des Bildes heraus. Dieses Grenz- bereich zwischen Diesseits und jen- seits, das der Nlaler hier aufsucht, bleibt aber unserer dreidimensiona- len Raumvorstellung verhaftet. Und so weisen auch sowohl die farbigen, wie auch die schwarz-weißen (le- miilde eine reale Tiefenwirkung auf. Damit aber ist Lettner eint-Synthese gelungen zwischen räumlicher Dar- stellung und Flächenkomposition.