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der sich rechts hinten gegen den Himmel abhebt, ist
wahrscheinlich der Turm des Vcrenakirchleins am Rit-
ten, während weiter rückwärts Weißhorn und Schwarz-
horn sichtbar werden. Also eine Darstellung aus der
Gegend von Klziusen. Um so mehr ist es zu bedauern.
daß sich die sicher sehr genau durchgeführte Land-
schaftsstudie des Städtchens Klausen mit
dem Kloster Sähen darüber nicht erhalten hat, die von
Albrecht Dürer später in dem berühmten Stich das
„Große Glück" (Abb. 12) verwendet worden ist. Wie-
der hat der Königsberger Berthold Haendke die Land-
schaft auf dem „Großen Glück" mit Klausen in Süd-
tirol identifizieren können. Dürer muß die Studie etwas
variiert, aber klar erkennbar, verwendet haben. Da ist
der Eisack mit der alten Brücke, die Kirche zum hl. An-
drcas, der Thinnebach. die Burg Branzoll und darüber
die ehemalige. Bischofsresidenz Kloster Säben. alles auf
dem Stich natürlich spiegelverkehrt wiedergegeben.
Zu den Arbeiten der Tiroler Landschaften von der Rück-
reise gehört auch die originelle ,.Wa s s e r m ü h l e im
Gebirge mit dem Zeichner" (Abb. I3) des
B c r l i n c r Kupferstichkabinetts. Auch hier sind die
kleinsten Einzelheiten. wie die feinen Lichter auf dem
Wasser des Bergba-chs oder die Steinblöcke und Büsche,
zu erkennen. Aus Goethes Besitz. heute im Nationalmu-
seum in We i mar, stammt noch die Kreidezeichnung
einer Bergw a n d mit Schlucht (Abb. H). die Dürer
zugeschrieben wurde. und in dem groß aufgcfaßtcn M0-
tiv und den technisch hervorragend wiedergegebenen
Einzelheiten seiner würdig wäre. Das Motiv wurde bei
Salurn und Lavis auf dem Wege von Verona nach Trient.
aber auch an der Rückseite des Siibner Burgfelsens bei
Kiausen gesu-cht.
lm Frühjahr H95 muß Dürer wieder in Nürnberg ge-
wesen sein. und nun beginnt die Zeit. in der das Auf-
steigen zur Reife erfolgt. die Zeit bis zur zweiten Reise
nach Venedig. Nur noch vereinzelt verwendet Dürer
Motive von der Tiroler Reise in seinem Werk. Aber als
er sein berühmtes Selbstbildnis von 1498. das
sich heute im Pra do befindet. schuf. wurde erneut die
Erinnerung an das Land im Gebirge in Dürer lebendig.
Er muß, wie der Verfasser erstmals 1951 feststellen
konnte, für die Landschaft, die auf dem Pradobild imj
Hintergrund durch ein Fenster sichtbar wird (Abb. 16),
die verlorene Studie einer tirolistchcn Landschaft be-
nützt haben. und zwar den gewaltigen. weiten Blick von
Mösern aus ins lnntal (Abb. 17). zusammengedriingt in
der Enge des Fensterausblicks. aber in den wesentlichen
großen Motiven klar erkennbar. Man sieht den Fluß-
lauf des Inns entlang dem heute bewaldeten Miemingcr
Plateau, wo an derselben Stelle wie auf dem Gemälde
heute noch das gotische Kirchlein St. Morizen bei 'l'elfs
steht. im Hintergrund die verschneite Schlenkerspitze.
Muttekopf und lleiterwand. Ob Dürer diese Landschaft
auf der Hinreise. von Seefeld über Mösern ins [nntal
absteigend, oder auf der Rückkehr von Venedig in sein
Skizzcnbuch notiert hat. muß dahingestellt bleiben.
S0 vereinigt sich im Werk eines der bedeutendsten deut-
schen Maler die große Landschaft des Paßlandes Tirol
im Norden und im Süden, die auf den jungen Albrecht
Dürer einen so tiefen Eindruck gemacht haben muß.
daß er sie - in jener Zeit etwas völlig Neues - als
erster in ihren Städten. Gebirgen und Tälern getreulich
mit seiner Künstlerhand wiedergab.
Mit freundlicher Erlaubni: de:
Unrfassen
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