Durch ein Legat des in Klagenfurt gebürtigen Dr. med.
Franz Ritter von Dreer (gestorben 1872) kam die
Dreersehe Münzsammlung nach Klagenfurt und wird
seit nunmehr neunzig Jahren im Landesmuseum ver-
waltet und betreut. Dreer, der durch vier jahrzehnte als
Arzt, später Primarius am Irrenhaus in Triest wirkte.
hatte seine eigene Münzsammlung nach dem Tode seines
Freundes Dr. Oetav von Vest um dessen Griechen-
münzen vermehrt. Die rund 4000 Griechen- und 1900
Römermünzen dieser Sammlung, deren schönste Stücke
das Landesmuseum kürzlich in einer Sonderausstellung
zeigte, bergen eine Anzahl hervorragend erhaltener Prä-
gungen, sie sind aber immer auch eine Fundgrube
numismatischer Besonderheiten, die von den Sach-
bearbeitern einzelner Gebiete gerne herangezogen
werden.
Neben der Vasenmalerei besitzt die griechische Kunst
kein Gebiet, das uns in ähnlicher Fülle jene schönen
Zeugen „höheren Lebensgewerbes" (Goethe) überliefern
wie die Münzen. Ursprünglich den ehtonischen Mächten
zugehörig, später den freundlichen olympischen Göt-
tern, sind diese durch ihr Abbild Garanten der Werte,
die das wirtschaftliche Leben der Polis bestimmten; sie
sind aber auch das kleine Heiligtum neben dem Tempel
der Stadt und auf ihm finden wir ihre Kulte wieder. Mit-
unter kennen wir eines jener archaischen Götterbilder
GÖTTERGLAUBE UND
MENSCHENBILD
Die antike Münzensamrnlung
POLDINE
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TZ
aus längst verschollenen Tempeln nur durch sein Ab-
bild auf der Münze, so etwa eine thessalische Pallas auf
einer Münze des Thessalischcn Bundes aus dem 2. jahr-
hundert v. Chr. Die Münze erzählt uns die Gründungs-
sage der Stadt und verewigt ihre Eponymen und mythi-
schen Nationalhelden, wie etwa jenen Phalanthos auf
dem Delphin von Tarent oder den kleinen prahlsüchtigen
Kämpfer vor Troja, Ajax aus Lokris, für dessen Schatten
die Lokrer in ihren Schlachtordnungen stets einen Platz
offen ließen. Die Mythen Homers erwachen zu ungev
ahnter Anschaulichkeit im Münzbild der ersten fünf
Jahrhunderte vor Christi.
Die Münzen erzählen aber auch von Kriegsnot und Seuf-
chen, die mit Hilfe der Götter abgewendet wurden, wie
etwa die Münze von Selinus (Selinunt in Sizilien) mit-
dem Flußgott Hypsas in Jünglingsgestalt (Abb. 1); er
bringt, Schale und Zweig zum Besprengen in Händen,
über dem schlangenumwundenen Altar des Asklepios ein
Dankopfer für das Schwinden des Sumpfficbers dar und
wir wissen aus der Literatur, daß Empedokles um 4-80
v. Chr. für die versumpften Flußufer am Rande der Stadt
eine Entwässerungsanlage schuf. Unter dem Sellerieblatt.
dem redenden Stadtwappen, entweicht der Sumpfvogelv
Götterbildnis und mythologische Szenerie beherrscht das
Münzbild mit Beginn der klassischen Periode in der
ersten Hälfte des 5. jahrhunderts, und schon schieben
sich auch Zeugen historischer Ereignisse ein. Als Ana-
xilas, Tyrann von Rhegion (Reggio di Calabria), 494 bis
476[75 v. Chr., auch auf Sizilien übergriff und Messana
einnahm, führte er. einem Bericht des Aristoteles zufolge,
den Feldhascn auf der Insel ein; fortan erscheint der
Hase auf den Münzen Messanas und verdrängt den Del-
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