1 Gewand zugehören und über der Standplattc leicht aufstauchen oder seitlich ausschwingen. Diese aus Vorbildern des 14. Jahrhunderts entwickelte Ge- staltung der Rückseiten ist unter den Schönen Madonnen ziemlich verbreitet; in unserem Zusam- menhang zeigen sie die Pilsener Madonna, die Madonna von Großgmain und eben die Madonna im Louvre. Als der Louvre diese Figur im Jahre 1889 erwarb, gab der Verkäufer „Burgund" als Herkunftsland an. Pinder hat diese nicht näher belegte Provenienz 1923 aufgegriffen und hat mit ihrer Hilfe die „Schö- nen Madonnen" aus dem Westen ableiten wollen, da ihm östliche Vorbilder nicht greifbar schienen (eine Voraussetzung, die freilich inzwischen über- holt ist). Pinders These einer [Xbleitung der Schönen Mir donnen aus dem XVesten setzt also zweierlei voraus: daß die Louvre-Madonna tatsächlich aus dem Westen stammt und: daß sie älter ist als die „Schönen Madonnen" des Ostens und Südens. Nun ist die Angabe „Burgunt" als Herkunftsland der Louvre-Madonna, vom Händler 1889 dem Käufer erteilt, als man so ziemlich jede zweite Figur des Weichen Stiles als „burgundisch" bezeichnete, derart vage und unbeweisbar, daß sie zum Nachweis der Provenienz nicht ernstlich herangezogen werden kann. Sie könnte eine stilistische Erkenntnis be- kräften, ihr aber nicht mit Widerspruch erfolgreich entgegentreten. Schon der Umstand, daß es sich um ein Werk aus grauem Gußstein handelt, während 16 1 von französischen (iußsteinwerken m. W. nirgends die Rede ist, steht als Argument gegen Burgund. Völlig haltlos wird diese Provenienzangabe aber, wenn wir neben die LouvreeMadtmna die Madonna Colli!) stellen. Bereits der erste Augenschein lehrt, daß die beiden Madonnen einander faltengleich sind; sie stehen zueinander also im gleichen Verhältnis wie die Hallstätter Madonna zu der von Bad Aussec oder wie die Wiener Eligiusmadonna zu der vom Prager Altstadt-Rathaus. Motivische Unterschiede sind die folgenden: die Madonna Colli hat eine Krone von einfacher glatter Form mit kurzen Zackenansätzen (in Art der Thorner und anderer Schöner Madonnen), die Krone ist aus dem gleichen Stück gearbeitet wie die übrige Figur; bei der Louvre-Madonna uar das nicht der Fall, denn die Krone ist ja verloren. Zweitens: Das Kopftuch der Louvre-Madonna fällt beidseitig herab wie bei den meisten Schönen Madonnen; bei der Madonna Colli ist es ente sprechend vielen Vesperbildern vor die Brust gelegt, man sieht daher auch keine AgraiTe. Ein solches Motiv ist als ausgesprochene Variation zu betrachten, die es möglich macht, einen Typ mehrfach wiederzugeben, ohne sich sklavisch zu wiederholen. (Solche austauschbaren Motive spielen im Kunstkreis der Schönen Madonnen und der ihnen stilgleichen Vesperbilrler eine erhebliche Rolle.) litwas anders ist die Lage des offenbar weniger lebhaften Kindes, das bei der Madonna Colli nur an den Füßen gehalten wird 4). Die obere Schüsselfalte I Schont- Mado um 1400 2 Louvre-Marion 3 Louvrc-Madoi 4 Louvre-Marion m, Louvrc. Pnri i. von halblinkx a. von links a. Rückansicht