v Notizen aus dem Kunstleben und Kunsthandel NEUERWERBUNGEN DES TIROLER LANDESMUSEUMS FERDINANDEUM INNSBRUCK IM JAHRE 1961 Das Jahr 196i liul (lCltl Museum De sonders reiche Frwarhiingsinoglichkeie ten geboten. DatJ die Laridesmuseen im allgemeinen nicht sehr kauffreudig sind. liegt nicht nur an den fehlenden Mitteln und den stark überhöhten Preisen, sondern vor allem auch in der Tatsache, rlntl die Bestands ein gewisses Mail an Vollstandigkeit ere reicht haben e das ferdinandeum besteht seit l872 und Erwerbungen nur nach dein GCSlLJllKplillkl der Qualle tat im l-linhlick aiit ihre Aufnahme in die Schausaiviinliingeii gelatigt wer den Außerdem werden Bestande. die durch Legale zugewachsen sind, aber nicht im Samrnlungsbereich der Landeskunst liegen, wie die alldeutsche, die niedere ldndische und die italienische Galerie im allgemeinen nicht mehr durch Erwerbungen erweitert, da damit der Charakter des Legales verwasscrl würde und die Mittel für solche Ankäufe nicht aufgebracht werden können. Im Gegensatz zur Ansicht vieler Handler sammelt das Ferdinandeurn auch nicht Tiroler Motive, sondern nur Werke von bedeutenden Tirolern oder in Tirol tätigen Künstlern. Eine Sammlung von Tiroler Landschaften wurde an- gesichts der Beliebtheit dieser Motive im 19 Jahrhundert ins uferlosc füh- ren Trotz dieser Einschränkungen konnte 196d eine Reine von bedeutenden Erwerbungen durchgeführt werden, An der Spitze steht der Ankauf von Zwei großen t-lolze und Elfenbeingrup- pcn des aus Tirol stammenden Bild- hauers Simon Troger (1683 1768): „Herkules und Omphale"und.,Chronas und Veritas". Diese beiden Gruppen gelioren der besten 7eit des Künstlers um t7SO an und haben die beachtliche Höhe von ie 65 cm Zusammen mit einer W60 erworbenen Statiiette „luno mit Pfau" stellt diese Erwerbung eine wichtige Bereicherung der kleinen Fllenlieinsanimlung des Museums dar. Dali diese Sparte besonders gepflegt wiiit, ergibt sich uns der liilsiillie, dati lltltl lltJllCtJlQltllEZ Eltenbciiisiliiiilzcr WIC Jqlttll Filialen, Jnknh Aiic-r. Josef lciitscliinaivn und Johann Georg fux gestellt lial. Elieiilcills der Kleinpliislik gelidrl eine Sctiincrzensnianngruppe init Christus. Pilatus und einem Schergen an. die als Arbeit Johann Meinrad Guggene hic hlcrs (1639 1723) angesprochen werden kann (l-lotie der Figuren 30,5 cm, abgetaugt). Die Gruppe stammt aus Rattenberg, wo Guggenbiclilirr den Allllüllüllül" der Pfarrkirche (1718) und Enqel weiteren Allares (1102) gerirhrilfen lial. In Anbetracht der Seltenheit der Klcinplasliken (Eiiiggene biihlers ist die Erwerbung als ausgesprochene Kostbarkeit licti Die Gematdegalerie wurde iliirch das RllllHlN der lurkenfantilie voiii Meister der ltatisburgcr (Öl aiit Fiche, lt.) x ä8.5 cnt) bereichert. Von diesem in seiner Herkunft und iin Wirken eines anzuse- ziernlich rdtselhcitlen Meister. der um 1500 lO in Nordiirol (lnnsbruck?) tatig war, besitzt das Museum jetzt vier Werke, von denen eines erst 1960 erworben wurde (Madonna rnit dem unartigen Kind) Für die Barockgalerie wurde ein Bild von Johann Georg Grasmair (1691e1751) erworben. das die Übergabe des Skapuliers des Prömanstratenserordens an den hl. Norbert durch Maria darstellt (Öl auf Leinwand, 97,5 x 68,5 cm). Das Bild ist auf der Rückseite signiert und datiert 1729 und gehört zu den seltenen Frühe werken dieses seit 1724 in Willen an- sässigen Malers Auf dem Gebiet der zeitgenössischen Tiroler Malerei ist das Museum derzeit bemüht. durch eine rege Erwerbungse tötigkeit die Grundlagen für die in absehbarer 7eit aufzustetlende mo- derne Galerei zu scharfen. So wurden Gemälde von franz Krautgasser, Rudolf Kreuzer, Elisabeth Bauer, Willi Valier. Franz Lettner. Max Spielmann, Walter Honeder, Wilhelm Nikolaus Prachensky (f), Karl Plattner, Martin Fedrazza und Norbert Drexel und Plastiken van Josef Kiellrunk. Maria Delago iinil Franz Saniifatter (lt erworben. Die Kunstgewcrlresiainnilung wiiide durch (lt? saii-iiiiiiig eines SlGHgClle JtUFtlpClTS der llHllCF Glashutle um 1570i80 init rcirtiem Dialnantrißdekui (Höhe ZOJcin) und die Erwerbung eines Silberpokales in't Jugendstil vom bekannten Münchner Goldschmied Prof. Adolf von Muyrhofer (derauseiner Tiroler Familie stammte) bereichert. Die Sammlung von Werken des Kunste gewerbes. die seit der Jahrhunderte wende entstanden sind. bereitet grofle Schwierigkeiten. da Änderung des Gee schmackes und Kriegsverluste sich hier besonders stark ausgewirkt haben. Diese Auswahl zeigt in ihrer Maiinig faltigkeil den Umfang und die Scliwice rigkeit der Erwerbungslütigkeit eines Landesmuseums, das seit seiner Grun- dung die Idee eines tirolischen Nationale VYHJSQUTHSAICFÖUUÖCD mit der Sammlung des künstlerisch Wertvollen aus anderen Landern. iliircligeliciltcii hat. Erich kgg ster der Habsburger: Türkenfamilie an Troger. Herkutes und Omphale DIE ENTDECKUNG DER KRUMAUER MARIA Herr Professor Dr. Rudolf Hönigschmid. der 1912-1936 Landeskanservator für Böhmen und von 1925-1936 Leiter des Staatsdenkrnalamtes in der Tschecho- slowakei war, 1921 den Verband deutscher Museen in der Tschecho- slowakei begründete und 197.4 zum Ordentlichen Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften gewählt wurde, berichtet in den folgenden Zeilen. wie die Krumauer Madonna entdeckt und nach Wien gebracht wurde. Hönigschmids Ausführungen er- halten besonderes Gewicht durch die Tatsache, daß in ..Die Presse am Sonn- tag" vom 22. April 1962 ein Artikel von Pia Maria Plechl mit dem Titel "Ein Maurer fand die schöne Madonna" erschien. in dem der Sachverhalt in wesentlich anderer Weise dargestellt wird. Die Redaktion Im Jahre 1910 sind Dr. Richard Ernst und ich durch eine Lichtbildaufnahme des Fata- grafen Seidel in Krumau auf die Madonna aufmerksam gemacht worden. Seidel. der eine reiche sammiung ausgezeichneter Auf- nahmen der Kunstdenkrndler und Natur- schönheiten des Bohrrierwaldes besaß. konnte sich nicht erinnern in wessen Privatbesitz sich die Madonna. deren Aufnahme bereits längere Zeit zurücklag, befunden hat. Es kostete uns daher einige Mühe, das dürftige Vorsladthäusctien festzustellen, in dessen Flur die Statue in unmittelbarer Nähe des Eingan- ges stand. War uns schon beim Anblick des Fotos der außerordentliche Kunstwert und die kunstgeschichtliche Bedeutung der Plastik aufgefallen. so wurde diser Eindruck vor dem Original zur hellen Begeisterung ge- steigert, Da wir das Bildwerk bei der Art seiner Aufstellung der ßeeenadigung durch Vorübergehende oder die vor dem Haus spielende Straßenjugend ausgesetzt sahen. hielten wir es für unsere Pflicht, die Be- sitzerin des Hauschens -- ein junges Müd- chen - eindringlich auf den großen ,.Schat1" aufmerksam zu machen, den sie in der Madonna besaß. Es war wohl natürlich, ddfl wir bei unserem mehrtägigen Aufenthalt in Krumau auch sonst aus unserer Be- geisterung kein Hehl gemacht hatten. Die Nachricht von unserem Fund war daher bald in der ganzen Stadt verbreitet. wie wir aus zahlreichen Fragen, die an uns gerichtet wurden. entnehmen konnten. Nach Prag zuruckgekehrt. berichteten wir unserem Lehrer, Professor Dr. Heinrich Alfred Schmid. von unserem Erlebnis. Da auch er auf Grund des Fotos van der kunst- geschichtlichen Bedeutung der Madonna überzeugt war. unternahm er den Versuch. die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Wisenschaften und Künste für die Madonna zu interessieren und einen Ankauf derselben für eine öffentliche Kunstsammlung zu er- wirken. Die von der Gesellschaft für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Mittel erwiesen sich jEdOCh als unzureichend. jedenfalls ent- sprachen sie nicht den Vorstellungen. die sich auf Grund unserer Begeisterung die Besitzerin der Figur - und wohl vor allem ihr Vormund - von dem Geldwert ihres Schatzes gemacht hatten. Das Mädchen er- klärte. die Figur nur mit dem ganzen Häus- chen zu verkaufen, da sie befürchte. daß bei einem Verkauf der Madonna das "Glück" das Häuschen verlaäen werde. Als ich kurze Zeit hernach. im Spätherbst des Jahres191 Z. zum kunsthistorischen Landes- konservalor in Böhmen ernannt wurde, hielt ich es selbstverständlich für meine Pflicht. die Madonna ständig im Auge zu behalten und namentlich zu trachten. eine Ausfuhr ins Ausland zu verhüten. Als sich daher 1913. wie ich in Erfahrung brachte. der reichsdeutsche Kunsthandel für die Madonna zu interessieren begann. erstattete ich hievon einen Bericht an die Zentral- kommission für Denkmalpflege in Wien - meiner vorgesetzten Dienststelle 7 und be- antragte die Erwerbung der Madonna durch eine öffentliche Kunstsammlung mit Hilfe einer Subvention aus den Mitteln der Denk- malDflege. Auf Grund meines Antrages wurde die k. k. Staatsgalerie in Wien. an deren Spitze Dr. Dörnhöffer stand. mit den Ankaufsverhand- lungen betraut. Diese Verhandlungen führten 51