Bevor wir uns aber dem Problem der Autorschaft für diese Kartons zuwenden, geben wir zunächst eine Beschreibung der Reihe, die wir dem oben erwähnten Verzeichnis wörtlich entnehmen: Die Monate Jänner und Februar. Links der sitzende Wassermann, neben einem geflügelten Genius (Jänner), rechts ein stehender geflügelter Genius mit Fischen (Februar). Im Hintergrund eine Winterlandschaft mit Schlittschuh- läufern. Der Kranz ist aus Fischen gebildet. Oben in einer Kartusche die Inschrift: JANUARlUS FEBRUARIUS. Höhe 3,57 m; Breite 4,80 m. Mit der Brüsseler Fabriksmarke und der Tapissier- bezeichnung D. LEYNIERS. Die Monate März und April. Links ein stehender gerüsteter Genius mit dem Widder (März), rechts Europa auf dem Stiere sitzend (April). Im Hintergrund eine Frühlings- landschaft mit einem Park und Gartenarbeitern. Der Kranz ist links aus Kriegstrophäen, rechts aus Blumen und Gemüse gebildet. Oben in einer Kartusche die Inschrift: MARTIUS APRILlS. Höhe 3,57 m; Breite 4,70 m. Mit der Brüsseler Fabriksmarke und der Tapissierbezeichnung D. LEYNIERS. Die Monate Mai und Juni. Links ein geflügelter weiblicher Genius mit den Zwillingen (Mai), rechts ein stehender mit einem Krebs (Juni). Im Hintergrund eine Frühsommer- landschaft mit einer Schafschwemme und -schur und einem Bauerntanz vor der Schenke. Der Kranz ist aus Blumcn und Gemüse gebildet. Oben in einer Kartusche die Inschrift: MAIUS JUNlUS. Höhe 3,60 m; Breite 6,17 m. Die Monate Juli und August. Rechts ein stehender geflügelter weiblicher Genius mit einem Löwen (Juli), links ein sitzender, neben dem eine Jungfrau steht (August). Dahinter eine Sommerlandschaft mit l-leumahd und Getreide- ernte. Der Kranz aus Früchten. Oben in einer Kartusche die Inschrift: JULlUS AUGUSTUS. Höhe 3,55 m; Breite 5,50 m. Die Monate September und Oktober. Rechts ein stehender geHügelter Genius mit einer XVaage (September), links ein sitzender mit einem Skorpion (Oktober). lm Hintergrund eine Herbst- landschaft mit der Weinlese. Der Kranz aus Früchten. Oben in einer Kartusche die Inschrift: SEPTEMBER OCTOBER. Höhe 3,55 m; Breite 4 m. Die Monate November und Dezember. Links eine geflügelte weibliche Gestalt auf einem Kentaur reitend, dem Schützen (November), rechts eine zweite stehende mit dem Steinbock (Dezember). Dahinter eine Winterlandschaft mit einem Vieh- markt und einem Schweineschlachten. Der Kranz aus Wintergemüse und Wildbret. Oben in einer Kartusche die lnschrift: NOVEMBER DECEM- BER. Höhe 3,55 m; Breite 5,50 m. Mit der Brüsseler Fabriksmarke und der Tapissierbezeichnung D. LEYNIERS. Die Autorschaft. Diese Auffassung der Monats- darstellungen vermittelt einen völlig anderen Gesamt- eindruck als die Reihe nach den Thyssenschen Vor- lagen. Vergleicht man die beiden Serien, so fällt bei der späteren Version auf, daß die Lichtwirkung bedeutend heller ist und die Figuren freier im Raum stehen; Auffassungen, die der archaisch anmutenden Flächigkeit und dem „Horror vacui" der Hoecke- schen Figurenstaffelung völlig entgegengesetzt sind. Den zweiten wichtigen Unterschied bildet die dekorative, sogar etwas alfektierte Haltung der 12 allegorischen Figuren auf der Reihe aus der Werk- statt von Daniel Leyniers gegenüber der monu- mentalen Schwere und Plumpheit der plastisch stärker durchmodellierten Körper bei den mehr italienisch beeinHußten Malern van den Hoecke und Thyssens. Zusammenfassend könnte man sagen, daß die Version aus der Werkstatt von Daniel Leyniers einen leichteren und gelösteren Eindruck vermittelt, der vor allem durch eine den ganzen Raumeindruck bestimmende Lichtwirkung hervorgerufen wird ß). Auffallend an der Komposition der sechs Teppiche ist ein gewisser Dualismus der figuralen Vorstellung: die großen allegorischen Figuren im Vordergrund scheinen von einer anderen Hand herzurühren als die Genredarstellungen in der Landschaft des Hintergrundes. Unserer Meinung nach haben zwei Maler die Kartons ausgeführt: David ll. und Da- vid lll. Teniers. Diese Behauptung stützt sich auf stilistische Übereinstimmungen zwischen den sechs Teppichen und anderen gesicherten Kompositionen beider Meister. Der soeben erwähnte Gesamteindruck einer durch helle Lichtwirkung hervorgerufenen Leichtigkeit und Weite findet sich auch in anderen nach Kartons von David ll. Teniers hergestellten Teppichen. Wir verweisen da z. B. auf die Folge der „vier Welt- teile" aus der Sammlung Perinat zu Madrid"). Auch dort bilden diese Merkmale das bestimmende ästhetische Moment der künstlerischen Wirkung. Zur Bekräftigung unserer Hypothese können aber noch weitere Übereinstimmungen angeführt werden: 1. ln Haltung und Bewegung entsprechen die Monatsfiguren Juni und November der Personi- Hkation der Europa auf der Darstellung der Welt- teile in Madrid. 2. I'm Typus weisen die nackten Putten eine starke Ähnlichkeit mit denen der Europadarstellung auf. Das bezieht sich auch auf die Haltung. Als Beispiel seien die Putten auf dem Teppich „Juli August" genannt. 3. Die etwas konkave Nasenbildung bei den alle- gorischen Frauengestalten findet sich auch bei einigen Figuren der Festmahlszene der nach den Kartons von David lll. Teniers ausgeführten und 1684 datierten Tassisreihe aus den Sammlungen des Palais Thurn und Taxis in Frankfurt am Main W). 4. Die in der Umrahmung der Hauptdarstellung verwendeten Attribute der allegorischen Figuren und die Produkte der jeweiligen Monate kommen auch in vielen Gemälden von David ll. Teniers vor. Sie sind z. B. im Vordergrund seiner zahlreichen Küchen- und „Corps-de-garde"-Stilleben mit Fischen, Wildbret und Geflügel, aber auch mit Waffenröcken, Trophäen und Trommeln zusammengestellt. Außer- dem entspricht die preziöse Ausführung dieser ver- schiedenen Stilleben auf den sechs Monatsteppichen derjenigen seiner Gemälde. 5. Die Genreszenen im Hintergrund, Leute, die mit verschiedenen jahreszeitlichen Arbeiten beschäftigt sind, wurden Gemälden von David ll. entnommen und lassen in der Kompositionsweise der vom landschaftlichen Hintergrunde ganz aufgenommenen Einzeldarstellungen sogar deutlich den Spätstil des Meisters erkennen I1). Wann die Reihe und die Kartons ausgeführt wurden, ist nicht genau bekannt, weil keine Daten auf den Teppichen angegeben sind. Da jedoch die Haar- tracht der allegorischen Frauenfiguren mit jener der Damen auf der Tassisreihe übereinstimmt, könnten als Entstehungszeit die Jahre um 1680 angenommen m: Monate November und y Dezember. Aus der Monats- folge "am den Vorlagen von Vieler Thyssens. Wien, cum- limnmmlung Nr. 210 m.- Monate März und April. p Aus dcr Monalsfolgc nach dcn Vorlagen von David n. und David m. Tcnicrs. Wien, (iohclinszmmlung m. 213