Die Beurteilung von Werken moderner Maler wird nicht leichter. je deutlicher die äußeren Bedingungen des Schaffens festzuliegen scheinen: gemeinsame Herkunft. Ähnlichkeit der Ausbildung. der Berufsausübung und der Lebensumstände sind keine Kriterien der Gemeinsamkeit, wenn sie auf die unmittelbare schöpferische Aussage des einzelnen Künstlers angewendet werden sollen. Die Differenzierungen gewinnen vielmehr an Gewicht. wenn sie in einem engen äußeren Rahmen vorgefunden werden. Dies mag in etwas prononcierter Weise als einleitende Bemerkung zu einem kurzen Bericht über vier Tiroler Künstler erwähnt sein. prononciert deshalb. als die oben angeführten Gemeinsamkeiten auf das Zusammenleben der Künstler nur in lockerer Weise zutreffen und die Gelegenheit. an den großen Stätten moderner Kunsterziehung und Kunsttätigkeit sich zu bilden. von den vier Malern auf unterschiedlichstem Weg ausgenützt und verwertet wird. Dies - nebenbei bemerkt - ein kräftiger und oft unterschätzter Beitrag. um der einst so hochgepriesenen Weltoffenheit der österreichischen Länder wieder die notwendige Aktualität zu geben. Drexel. Kirschl, Prandstetler und Tiefenthaler sind in den letzten Jahren mit mehreren Ausstellungen und Arbeiten an die Öffentlichkeit getreten, die sehr nachhaltig bewiesen. daß hier ernstes. zielbewußtes Streben begleitet von beachtlichem Talent am Werk ist und Fähigkeit und Wille nicht mongeln. in origineller Weise an Entwicklung und Strömungen der modernen Malerei teilzunehmen. Der Studiengang der vier in Tirol geborenen bzw. aufgewachsenen Künstler ist. wie er- wähnt. ähnlich: nach Abschluß der heimischen Mittelschulen erfolgte die Ausbildung an der Wiener Akademie in verschiedenen Malklassen. Wichtiger waren die mehrfachen Reisen. die ins Ausland führten: Südfrankreich. Italien. Griechenland und Ägypten. dazu Studienaufenthalte in Paris und Rom sind die entscheidenden Stationen. Für den interessierten Beobachter ist es ein aufschlußreiches und anziehendes Schauspiel. wie verschiedenartig sich die Aussageformen der vier Maler entwickelt haben. Der allgemeine Vorgang ihrer Malerei ist der in der modernen Kunst geläufige Prozeß einer Sichtbarmachung innerer Bildvorstellungen. denen die mit den Sinnen erfaßbaren Objekte. die Dinge der Außenwelt. der Natur, mittelbar die An- regungen liefern. Die Arbeiten Norbert Drexels (geboren 1933) zeigten von Anfang an eine starke und eigenwillige Persönlichkeit. Die Kraft des Gegensätzlichen zieht ihn bei seinen visuellen Erlebnissen am meisten an. sei es im Aufeinanderprall von Licht und Schatten. von Masse und Zartheit. von vielgestaltiger Fülle und leerem Raum. Das Bild wird zum Kraftfeld, auf dem diese Spannungen auf ihre Wirkung erprobt werden. Aus der Welt der Maschinen und der Technik stammen eine Serie von Tuschzeichnungen. die ihn mit dem Problem des Spitzen. Starren und Unveränderlichen dieser Drähte und Konstruktionen beschäftigt zeigen; durch Verflechtung miteinander und durch das Einführen einer imaginären Bewegung bringt er sie gleichsam in Schwingung und vermag die plastische Gewalt offenbar zu machen. die ihnen innewohnt. Auf Zeichnungen und Bildern. die in der Zeit seiner Griechenland- und ltalienauf- enthalte entstanden sind. sind es südliche Landschaften und Architekturgruppen. die er in ähnlicher Weise auf ihre Gegen- sätzlichkeiten untersucht und ihre Bindung mit südlicher Atmosphäre und Licht aufzuzeigen trachtet. Die Ausbildung eines feinnervigen. fast nervösen Striches. dem in manchen späteren Werken schon eine gewisse Gekonntheit anhaftet, geht damit Hand in Hand. Auch die Ölbilder zeigen die oft heftigen Auseinandersetzungen zwischen hellen und dunklen Räumen. die. scheinbar mühelos ineinander verflochten. dennoch sich zu höchst lebensvallen Formen zusammenfügen, mit deren Assoziation zu Stadtbildern oder bestimmten Landschaften südlichen Charakters man gerne einverstanden ist. Wie sich die Aufnahme und Bewältigung figuraler Motive im Werk Drexels vollziehen wird. ist mit Spannung zu erwarten. Für Wilfried Kirschl (geboren 1930) war eine Reduzierung aufeinfache kubische Bildformen der Ausgangspunkt seines Schaffens: ihnen ordnet er in zuchtvoller Weise seine Kompositionen unter, lockert sie später immer mehr durch ein poetisches Gefüge von Farben, die oft Pastellcharakter haben und von großem Iuminaristischem Reiz sind. Mehrfach hat Kirschl auch monu- mentale Aufträge mit Geschick gelöst. so ein Mosaikbild in der Hauptschule in Wörgl und ein Fresko in der Handelskammer in Innsbruck. Besondere Bereicherung boten ihm die großen Orientreisen. die er innerhalb der letzten beiden Jahre mit seinen Künstler- kollegen unternommen hat. Das sengende südliche Licht taucht nun in seinen Farbkompositionen auf und zwischen den in sicherem räumlichem Gefühl gegeneinander abgesetzten Farbfeldern scheint die flimmernde Helle südlicher Landschaft ein- gefangen zu sein. Feiner Farbsinn und ein ausgeprägtes Wissen um die Wirkung klargefügter Formen verleihen seinen Arbeiten Heiterkeit und ausgewogene Ruhe. die man gerne mit dem italienischen Wort der "Serenita" übersetzt haben möchte. Mit wieder anderen Mitteln baut Peter Prandstetler (geboren 1925) seine Bildwelt auf. Für ihn liegt das malerische Leben seiner Bilder in der Farbe allein; ihren oft raffiniert gestuften Tönungen vertraut er die plastische Struktur. die Verankerung in der Fläche. die Bewegungsmative der Kompositionen an. So entstehen kleine Farbvisionen. die oft nur aus einfachen Grau- und Brauntönen entwickelt werden. oft aber in schöner Buntheit herbstliche Motive. Baumstrukturen, mancherlei Natur- Symbolik. selbst Maschinengebilde eingewoben haben. Deutlich ist im umfangreichen Schaffen Prandstetters das Bemühen festzustellen. immer tiefer in die Geheimnisse der Farben und ihrer Bildwirkung einzudringen und dem edelsteinartigen Charakter seiner Formgebilde immer größeren Glanz und Wirklichkeit zu verleihen. Bei Anton Tiefenthaler (geboren 1929). der sich vor kurzem zusammen mit Kirschl in Paris aufhielt. fällt die ursprüngliche Freude an bunten. amorphen und fremdartigen Kombinationen landschaftlicher und atmosphärischer Motive auf. Mit sicherem Blick erfaßt er das Wesentliche eines Stadtbildes. eines bestimmten Landschaftsausschnittes oder einer Gebäude gruppe. läßt sich aber nicht einfach von einem Motiv gefangennehmen. sondern bedient sich seiner als Grundthema. auf dem er seine Variationen in lebendigster und einfallsreichster Weise aufbaut. Seine exquisite zeichnerische Begabung kommt ihm dabei sehr entgegen. Weniger intellektuell als die seiner Kollegen. strömen seine Bilder eine ursprüngliche Frische aus. die bestrickend wirkt und für die Zukunft noch manches erwarten läßt. Der weitere Weg der vier Künstler. ihre Fortschritte und neuen Zielsetzungen werden mit Interesse zu verfolgen sein. Es ist zu hoffen. daß eine entsprechende Förderung in kluger Weise dieses Interesse begleitet. 46 NORBERT IJREXEL: (irlmren 1933 195171957 Studium an du Akn- dlmiz der Bildenden Kiinrtz in liien bei m]. j. l)tllll'tlltßSky Preise tieim Österr. Gmphiku-eu- bewarb 1955 und 1958 Förderungspnris der Stadt ltmKilVlIClä 1955 Staatspreis 1957 Preis bei der tmiwimiiiieii jiigrnd- biennale in Giirz 1958 Arbeiten im Besitz der Gm ltisrlleti Sammlung "Albertina". H im, de: Tiroler Lundesmuxemnt, des Klam- tiismrisdieti Instituts der Llnflltrxitfit Innsbruck u. n. WILFRIED KJRSCHL: Geboren 1930 194871952 Studium nn der Aka- demie du Bildenden Künste in Wim bei Prof. j. Dültlütlllky um: 1957 bei Andnl Utole in Paris 1952 Staatspreis 1953 Preis beim cmphikiieiiiiziiwiii 1954 Preis Lici der Ausstellung "10 jnlirt Malerei und Plastik in Österreirti" 1960 KuIlUpItiS a" Stadt Inns- hrutk Arbeiten i'm Besitz der Öxterreülli- schert Morkrnui Galerie, Wien, der Cmphisrhen Sammlung "Alber- Iinn", Wim, des Tiroler Lande:- ttlIlMIütlS, des Kunstltixtarixrllen hi- slitut: der Universität Irlrtxltttlrl: und 11435 Vomrlberger Ltltldlirlllllttllllß Österreitllixllelt PETER PRANDSTETTER: Gr- imren 1925 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Prnf. Srrgiu: Pnuser Arbeiten im am: de: ÜItndtS- tttfnlittrlilttt! im Uillerridtl. des Latidzs 111.4. a" Stadt ltlllsblllzl! u. n. Staatspreis 1959 ANTON TIEFENTHALER: Ge- baren 1929 1949 1957 Sludituii nii drr Alm- ileiiiie du l demleil Künste in "im bei Prof, Sergiiu Pimser Arbeiten im Besitz der GfilplttJTllEtI Srlmmlmll "Albfitfnd", Wien, des Tiroler LHIIÄCSWIIISEIIHIS, m mittags. itiiiiisieiiiiiiti m, fltllfrrlrlll, .16 Lande: Tirol u. ll.