EDUARD LEISCHING Über Kzmxtfälsrhmzgezl I. Eduard Leirrllitig (1252-1913) um: „i, 1886 um (Ji-iririiiiiii-ina. Äfvlsrmlr ("iir ngriiiaiiun Kunst n. Wien lfitig; van1909 111x192) w." er läirzktivr des HGUSIS. am am?" "m. "am yilllllizillirli Lebens- nimlnulgqtll bringen wir i" Funrelzmigevt uldSKdpilZi iilvur KllllSlfillStllllllffll lllll nlißJnllYIIMHÄUVIIVIHLJH. Zu den Feinden von Sammlungen, Sammlern und Museumsleuten gehö- ren die Meister und Handlanger auf dem Gebiete der Kunstfälschungen. Mit der Erforschung dieser Arbeiten, von denen die öffentlichen und privaten Sammlungen in hohem Maße bedroht sind, haben die Fach- leute gelernt, sich unausgcsetzt zu befassen. Daraus ist eine Wissenschaft geworden, deren Vertiefung und Nutzbarmachung seit der in den neunziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts von Justus Brinkmann betriebenen Organisation des inter- nationalen „Museenverbandes" und seiner durch längere Zeit zu diesem Zwecke veranstalteten Kongresse der führenden Museumsleute in geregelte Bahnen geleitet worden ist. Wlir alle hatten viel aus der von Bruno Bucher in autoritärster Bearbeitung heraus- gegebenen Schrift von Paul Ludcl („Die Fälschungskünste") gelernt. Wir lernten allmählich viel hinzu. Vor allem ist zu unterscheiden zwischen uneigcntlichen und eigent- lichen Fälschungen, was keineswegs eine leichte Sache ist. Erstere gehören in die Reihe der „romantischen" Fälschungen, welche mehr oder min- der naive Nachahmungen zumeist mittelalterlicher Kunstwerke sind, entstanden aus dem romantischen Drange der ersten Hälfte des 19. Jahr- hunderts, sich in die als vorbildlich betrachtete frühere Gedankenwelt und Formensprache einzufühlcn. Zu- meist waren diese Arbeiten nicht zu Täuschungszwecken gemacht wor- den, wenngleich viele von ihnen in späteren Jahren, als die Sammelwut aufkam, ohne daß die Kenntnisse von Stilen und Techniken sich bereits entwickelt hätten,von Unkundigen als „echt" betrachtet wurden und sogar die sogenannten „kulturhistorischen" Sammlungen bis auf unsere Tage unsicher gemacht haben. Fälschungen eigener Art waren und sind zahlreiche im Rahmen der „Denkmalpiiege" entstandene Re- staurierungen (Ergänzungen, Erneue- rungen) alter Kunstwerke, welche, im Laufe der Zeit schadhaft gewor- den, von zuständigen und unzustän- digcn Kunstkräften nach deren Mei- nung wicder „hergestellt", aber zu- meist ihres Stilcharakters beraubt wurden und somit die Begriffe von der alten Kunst, welche sie in ihrem ursprünglichen Charakter erneuern sollten, in bester Absicht mehr oder minder verfälscht haben. Auf diesem Gebiete ist auch, unter Aufsicht und im Auftrage staatlicher Aufsichts- behörden und deren fachlichen Be- 36 ratcrn, viel Täuschung verursacht werden. Insbesondere geschah dies bei Architekturen und Wandgemäl- den, die unter dem Einfluß der Zeiten am meisten gelitten haben. Bedenken wir in dieser Hinsicht, daß mittel- alterliche Dome fortwährender lir- ncuctung bedurften, so daß bei manchen ihrer Partien schon längst kein alter Stein mehr aufdem anderen ruht. „Verfälschung" muß auch der hie und da unternommcne Ausbau von in früheren Jahrhunderten un- vollendet gebliebenen Türmen ge- nannt werden (Kölner Dom, Ulmcr Münster). „Verfälschung" wäre es auch gewesen, wenn Dnmbaumcistcr Schmidt seinen eifrig betriebenen Plan hätte durchsetzen können, den Nord- turm von St. Stephan auszuführen und das Haupttor freizulcgen. Auch Plastiken, Möbel, Öfen usw. muliten sich in zahlreichen Fällen Über- arbeitung und Ergänzung gefallen lassen; selbst die berühmten kaiser- lichen Gobelins, von denen viele weitgehender künstlerischer Ergän- zung in eigener Werkstätte unter- zogen werden mullten, was ihren (icbrauchswcrt erhöht, aber ihren Kunstwert beeinträchtigt hat. Ebenso haben hochgebildcte Sammler sich in dieser Hinsicht, wenn man das so nennen darf, oft vergangen, aller- dings meist ohnc Täuschungsabsicht, einfach aus dem Grunde, weil sie mit ihren Schätzen ihre Wohn- und iimpfangsräumc ausstatteten, aber nicht von Dingen umgeben sein wollten, welche schadhaft waren. Sie dachten dabei gar nicht an eine viel- leicht späterhin sich als nötig er- wcisende Versteigerung ihrer Kunst- werke, bei welchcr Gelegenheit dann die merkwürdigsten Entdeckungen und Wcrtabschreibungen sich zu er- geben pflegten. So ging unter vielen anderen ein Wiener Kunstfreund von Weltruf vor, dessen berühmte Samm- lung unter größtes Aufsehen er- regenden Kämpfen crst vor wenigen Jahren teilweise in Wien und Berlin zur Auktion kam, während der größere Teil der Schätze, durch deren spekulativen voreiligen Ankauf meh- rere angesehene Händler zu schwe- rem Schaden kamen, infolge der Erschütterung des internationalen Kunstmarktes lange unverkauft blie- ben. Ich kannte mehrere ausgezeich- nete Wiener Kunsthandwcrker, vor- nehmlich aus der Reihe der Holz- bildhauer und Tischler, welche das besondere Vertrauen dieses aus- gezeichneten Sammlers genossen und ihm bei der „Instandsetzung" alter Rahmen und Möbel die besten Dien- ste geleistet haben. Kann man in allen diesen Fällen nicht von „Fäl- schungen" sprechen, so liegen doch „Verfälschungen" vor, deren Er- kennung selbst Fachleuten nicht immer und rechtzeitig gelungen ist. Anders stand es mit so manchen anderen Objekten, welche sich in der gleichfalls weltberühmten Sammlung Sp. (Paris) befunden haben, die in den neunziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts unter großem Zulaufe zur Auktion gelangt sind. Dieser Mr. Sp. war mit notorischen Meisterfälschern in Verbindung (ich kannte einige Wiener Künstler dieser Art, die für ihn arbeiteten) und ist persönlich gewiß nicht in allen Fällen getäuscht worden, denn er war ein Kenner ersten Ranges, stand mit den besten aller damaligen Fachleute in Verbin- dung, stets bereit, gut empfohlenen Kunstfreunden zu seiner Sammlung Zutritt zu gewähren. Er mag übrigens zu iencn gehört haben, die auch in tadelloser Fälschung die hohe tech- nische Fertigkeit auscrlesener Künst- ler zu schätzen wußten und daran ihre Freude hatten. Lange hat man auch in öffentlichen Sammlungen um des ästhetischen Eindrucks der alten Kunstwerke willen schadhafte Stücke stilgerecht ergänzen lassen oder bereits vor- handene Ausbesserungen nicht ent- fernt. Die neuere Musealpraxis steht auf anderem Standpunkte: Die stren- gen Puristen scheiden auch gute Ergänzungen aus, die weniger stren- gen legen zumindest Gewicht darauf, daß diese Ergänzungen auf den beschreibenden Zetteln und in den Katalogen hervorgehoben werden. Kaum herrscht unter den Fachleuten mehr Streit darüber, ob man be- schädigte antike Plastiken (z. B. den Apoll vom Bclvedere, den Marsyas, die Gicbelligur vom Parthenon, den Diadumenos, die Nike des Paionios und viele viele andere) ergänzen darf oder nicht. Kehren wir aber zu den eigentlichen Fälschungen zurück. Im Osten Eu- ropas hat das Zusammenwirken verschiedener Vorbedingungen der Tätigkeit auf dem Gebiete der Meisterfälschung besonderen Vor- schub geleistet. Am Schwarzen Meer, in und um Odessa, saßen (und sitzen?) seit altersher Künstler, wel- che mit bewundcrungswürdiger Ge- schicklichkeit antike Mctallarbeiten herstellen, wobei ihnen entgleistc europäische Archäologen die besten Dienste leisten. Das berühmteste Stück dieser Art ist die „Tiara des Saitaphernes", deren Auftauchen und Untersuchung wie ihre Ablehnung und Unechterklärung in Wien (wobei ich mitwirken konnte) und ihre begeisterte Aufnahme und höchst kostspielige Erwerbung in Paris um die Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die gesamte wissenschaftliche und künstlerische Welt in größte Aufregung versetzt hat, (Winl fortgesetzt) EDUARD LEISCHING