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Möbel von jcansclxuxc. Paris, gegen 1x30,
i: Mcssingeinlagen. Bezüge aus dem späten 19. Jahrhundert (Abb. 2-6)
FRANZ WINDISCH-GRAETZ Möbel von jearzselme au; 1
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In der denkwürdigen Nachtsitzung vom 4. auf den 5. August 1789, als die in Versailles zusammen-
getretene verfassunggebende Versammlung (Assemblee constituante) in wenigen Stunden
und mit revolutionären} Furor die in einer mehr als tausendjährigen Entwicklung entstandenen
Einrichtungen des Feudalstaates hinwegfegte, Wurden zusammen mit dem Zehnt, dem Fron-
dienst und den grundherrlichen Rechten auch die Zünfte aufgehoben, um so die Voraussetzungen
für die Freiheit und Gleichheit aller Staatsbürger zu schaffen. Damit verlor auch jene wichtige
Verfügung ihre Gültigkeit, die im Jahre 1741 von der Pariser Tischlerzunft erlassen worden
war und wonach jedes Möbelstück, das die Werkstatt eines der Zunft angehörenden Meisters
verließ, mit dessen Namensstempel versehen sein mußte. Allerdings stand es nach 1789 den
Ebenisten frei, die bisher geübte Praxis beizubehalten. Und tatsächlich fuhren einige, und unter
ihnen gerade die angesehensten Meister des Ancien regime, fort, ihre Arbeiten zu signieren.
Diese Gewohnheit wurde auch von ihren Nachkommen oder von anderen Tischlern der jüngeren
Generation übernommen, die mit diesem traditionellen Brauch, so wie in vnrrevolutionärer
Zeit, die Verpflichtung zu gediegener Arbeit und strenger handwerklicher Disziplin verbanden.
Eine der Werkstätten, die es so hielten, war der Betrieb der Tischlerfamilie Jeanselme, der aller-
dings erst in der Epoche der Restauration des bourbonischen Königtums mit seinen Erzeugnissen
stärker in Erscheinung trat.
Was wir bisher über Jeanselme wissen, ist nicht viel. Die Werkstatt befand sich zunächst in
der Rue Neuve-St-(jilles Nr. 8 (im Marais) und später, von 1840 an, in der Rue du Harlay Nr. 7.
Seit dem Jahre 1829 erscheint die Firma unter der Bezeichnung Jeanselme freres. Sie waren
spezialisiert in der Erzeugung von Stühlen und Armstühlen aller Art l), die wegen ihrer hohen
Qualität besonders geschätzt wurden und von denen sich einige Beispiele in französischen
öffentlichen Sammlungen befinden. Ein Zeichen des Aufstiegs und des Ansehens, das die Jeanselmes
genossen, war die Übernahme der berühmten Firma Jacob im Jahre 1847, deren Nachfolge sie nun
antraten. Die Signatur besteht zumeist aus dem mit der Schablone aufgetragenen Namen, der
manchmal auch Janselme geschrieben sein kann; in selteneren Fällen wurde die Marke mit einem
Eisenstempel eingeschlagen (Abb. 3) 2). 4 Mit diesen ziemlich dürftigen Angaben über Bedeutung
und Leistung der Firma Jeanselme müssen wir vorläufig das Auslangen Finden. Denn was die
Kenntnis der Pariser libenisterie zu Beginn des 19. Jahrhunderts betrifft, hat die Forschung
noch vieles nachzuholen. Die ungeheure XVertschätzung, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte
in ständig zunehmendem Maße für die französische Möbelkunst des 18. Jahrhunderts aufgebracht
wurde, hat den Blick für den künstlerischen Rang und die bedeutende handwerkliche Qualität
der Möbel des frühen 19. Jahrhunderts verstellt. Es bedurfte eines Impulses von außen, um das
Augenmerk der Sammler und Forscher in eine neue Richtung zu weisen. Das immer geringer