sogar die Christophstatue des Artushofes aus dem Jahre 1542 zu- schrieb. Diese Hypothese wurde von Pinder ofhziell bestätigt, und so ist nun Meister Paul aus Leutschan in Thieme-Beckers Künstlerlexikon Z7) gleichzeitig als Schöpfer der Danziger Holzplastiken verewigt. Mit dem Anwachsen der Paul-Legende verlief auch ihr Abbau. Die positivistische Kunstgeschichtlergeneration griff die früheren idealisti- schen Ansichten an, um dadurch eigenen Konzeptionen den Weg zu bahnen. Sie begann meistens bei den historischen Quellen, die jedoch selten überprüft, dafür aber immer neu gewertet wurden; trotzdem zeigten sich manche Daten in neuem und oft richtigerern Zusammen- hange und verbesserten das Wissen über den Altar. Doch viel mehr Initiative und Mühe als den Quellen widmeten die Forscher der Frage der Zuschreibungen. Mit Dauns Behauptungen und Ansichten hat sich teilweise schon Lossnitzer auseinandergesetzt, während (I. T. Müller 13) Dauns Attria butionen bezüglich Pauls Tätigkeit in Siebenbürgen restlos widerlegte. Die Unhaltbarkeit von Abramowskis Ansichten hat Kampis klar be- wiesen. Er stellte sich auch gegen Divald, dessen Thesen Hugo Kenczler 1'?) schon seinerzeit einer besonders scharfen Kritik unterwarf. Um die prinzipielle Klärung der Frage bemühte sich am meisten Andras Peter; von all den Werken, die Meister Paul zugeschrieben wurden, aner- kannte er als eigenhändiges nur die Christi-Geburt-Szene im Leutschauer Csaky-Altar, die übrigen wies er seiner Schule zu. Doch nicht einmal diese Behauptung hielt lange stand: Kampis entdeckte in der Christi-Geburt- Szene die Schöpfung eines neuen, bisher unbekannten Meisters 39). Dagegen schrieb er Meister Paul eine kleine Madonnenngur im Museum zu South Kensington zu. So verwirrt war die Frage des Leutschauer Hauptaltars und seines Schöpfers zur Zeit des zweiten Weltkrieges, und zu ihrer Lösung trug auch die einheimische tschechoslowakische Forschung nichts Wesent- liches bei. Vladimir Wagner 31), der sich von slowakischer Seite aus mit dem Altar am meisten befaßte, ging lange nicht eigene XWege, sondern folgte Divalds Konzeption; erst kurz vor seinem Tode korri- gierte er seinen Standpunkt; seine neuen Ansichten und die Ergebnisse seiner Forschung konnte er jedoch nicht mehr veröffentlichen 31). Die großzügigen Restaurierungsarbeiten, die die tschechoslowakische Regierung mit einer Investition von mehreren Millionen Kronen in den Jahren 195271955 durchführen ließ und in deren Verlauf der Altar - zum erstenmal seit seiner Aufstellung w vollständig zerlegt wurde, gaben endlich die lwltiglichkeit, eine durchgreifende wissen- schaftliche Bearbeitung des Werkes und aller mit ihr zusammenhängen- den Fragen vorzunehmen. Mit der Aufgabe wurde eine Gruppe slowa- kischer Kunsthistoriker betraut, die Hand in Hand mit den Restaura- toren arbeiteten. Sie begannen mit der Überprüfung der historischen Quellen und mit dem Aufsuchen und der VUertung aller jener geschicht- lichen Angaben, die sich auf den Leutschauer Hauptaltar und au! seinen Schöpfer beziehen oder beziehen könnten. Darauf folgte ein: komplexe photographische Dokumentation aller Teile des Werkes ihre Abmessung und Beschreibung, schließlich eine wissenschaftlich: Konferenz, die die Resultate zusammenfaßte und auf Grund eine: reichen Vergleichsmaterials die künstlerische Wertung des Altar: vornahm. So entstand seine umfassende Monographie, die im Jahre 1961 im Verlage Slovenske vydavatelstvo krasnej literatiiry in Bra tislava erschien. Durch die richtige Deutung und Verknüpfung aller bekannten histo- rischen Daten und durch die Entdeckung neuer wichtiger Stützpunkt: entstand eine logische Kette geschichtlicher Befunde, die es ermöglichte die Zeit des Altarbaus genau zu bestimmen. Es konnte sogar fest- gestellt xverden, daß der Altar in drei Perioden gebaut wurde. ln der ersten Periode, die mit dem Jahre 1508 endete, wurde die Altar konstruktion, das Retabulum 33), aufgestellt. Obgleich zu dieser Zei die plastische und malerische Ausstattung des Altars noch nicht voll- endet war, bedeutete dies ein wichtiges Ereignis im Leben der Stadi und wurde daher vom Chroniker verzeichnet. ln der zweiten Periode des Altarbaus verliefen die Bildhauer- unc Malerarbeiten. Man kann zwar nicht ausschließen, daß diese bereit: in der ersten Periode begonnen wurden, ihr Schwerpunkt fallt jedoct in die zweite Bauperiode, das heißt in die Zeit nach dem Jahre 1508 denn der Schnitzer der Predellenszene benutzte die erst in demselber Jahre entstandene plastische Gruppe der Predelle des Altars vor Schwabach als Vorlage. Auch sind die Tafelbilder der hinteren Altar- fliigel, die jahrzehntelang der kunsthistorischen Forschung unzugänglicl waren und erst bei der Restaurierung des Altars wieder studiert werdet konnten, nach Cranachs Passion entstanden, die erst im Jahre 1505 des Meisters XXlerkstatt in Wittenberg verließ und daher in Leutschat vorher nicht bekannt gewesen sein konnte 34). Diese zweite Bauperiode dauerte ungefähr bis zum Jahre 1515, zu welcher Zeit der Altar nocl in rohem Zustand, unvergoldet, war35).