ERNST KÖLLER Salzburg und die Galerie Welz Er ist der Schrecken jeder langsam denkenden, schwerfällig handelnden und phantasiearmen Bürokratie, Er liebt Salzburg wie kein zweiter und kämpft ein Leben lang um diese Stadt, um ihre Rettung vor heillosem Absinken ins Provinzlerische. Opporlunistische, Allzuglatte. Er wird von vielen Exponenten dessen. was sich in Salzburg gelegentlich als .,Kultur- leben" bezeichnet, gehaßt wie kein anderer. Er hat eben, genauer gesagt bei der Eröffnung der großen Hrdlicka-Ausstellung im vergangenen Sommer. vor aller Öffentlichkeit darauf verzichtet, noch etwas für Salzburg zu tun, für jene Stadt. die oft genug mehr als weit davon entfernt war. seine kühnen, hochfliegenden Pläne zu begreifen. die mehr als einmal auch nicht einen Finger rührte, um ihm bei der Durchsetzung und Verwirklichung seiner Ideen ideell und materiell zu helfen. die sich scheinbar noch immer nicht der Tat- sache bewußt ist, daß sie ohne ihn - zumindest was die bildende Kunst in ihrer lebendigen Gegenwartsform anbelangt - ein Dorf wäre, das dem. was auf dem Sektor der Festspiele geschieht. auch nicht annähernd etwas Gleichwertiges ent- gegenzusetzen hätte. Wir können nur hoffen. daß Stadt und Land Salzburg alles unternehmen werden. um zu ihm. dem Unbequemen. Unkonventionellen. eine neue. ja vielleicht sogar die erste echte Brücke zu schlagen. Wir sprechen von Friedrich Welz. der vor 60 Jahren. am 2. November 1903. als Sohn eines Rahmentischters und Vergolders in Salzburg geboren wurde, das Handwerk seines Vaters erlernte. die Meisterprüfung ablegte, sich auf zahlreichen Reisen. die ihn kreuz und quer durch Europa van Irland bis in die Türkei führten, sein kunsthistorisches Wissen erwarb und im Jahre 1934. also vor drei Jahrzehnten, den ererbten väterlichen Betrieb in eine Galerie umwandelte. Seit damals organisierte Welz. eine der dynamischesten, lebendigsten und initia- tivsten Persönlichkeiten. die man sich nur denken kann, über 300 Ausstellungen. die er nicht nur in den eigenen Räumen. sondern auch im ln- und Ausland zeigte. Österreichische Künstler waren es. die zunächst auf seinem Programm standen - Klimt, Kokaschka. Schiele, Gerstl, Kubin.Thöny. Faistauer, Kolig, Wiegele, Wotruba, Dobrowsky. Steinhart, Mahringer. Vilma Eckl, Moldavan, Hofmcinn. Wickenburg, Frankl und viele andere mehr. Bald wurde das Ausstellungsprogramm durch die Heranziehung von Werken ausländischer Künstler erweitert; durch Welz lernte Salzburg Chagall, Picasso. Braque, Rouault, Henry Moore, Emilia Greco. Giacoma Manzü, Marine Marini. Renato Guttuso. de Chirico. Sironi. Marondi. de Pisis, Campigli. aber auch Max Beckmann, E. L. Kirchner, Lyanel Feininger. Lovis Carinth und Max Liebermann kennen. Das Wissen um all diese Persönlichkeiten zählt heute in Salzburg zur Selbstverständlichkeit und nur allzu leicht wird ver- gessen, daß es Friedrich Welz war, der hier ein wichtiges Tor zur Welt aufstieß. Aber Welz ging noch weiter; es gelang ihm. das Werk bedeutender Künstler der Gegenwart über die Grenzen Österreichs hinaus ins gesamte deutsche Sprachgebiet und in viele andere europäische Länder zu tragen: so machte er in den Jahren 1954155 nicht nur Salzburg. sondern auch Köln und Hamburg, Utrecht und Amster- dam mit dem Werke Giacomo Manzifs bekannt. 1956 brachte er Kokoschkas Werke aus tschechischem Besitz nach Salzburg und Wien. ein Jahr später zeigte er in Stuttgart anläßlich der Österreich-Woche die .,Klassiker der österreichischen modernen Kunst" von Klimt bis Wotruba. Dali im Jahre 1958 die bisher größte Ausstellung von Werken Kokoschkas in Wien, München und Den Haag gezeigt werden kannte, ist ausschließlich seiner Initiative und seinem Einsatz zu danken. Wiederum ein Jahr später tat er für Emilio Greco. was er bereits für Manzü voll- bracht hatte. indem er eine repräsentative Ausstellung von Werken dieses wichtigen italienischen Bildhauers nach Salzburg und Wien sowie spälerhin in eine ganze Reihe von deutschen Städten brachte. Der Greca-Taurnee schloß sich eine Manzü- Tournee an, die München. Frankfurt. Berlin, Helsinki. London und zum Schluß Salzburg erfaßte. Salzburg hat, seit es Welz gibt. einen vorzüglichen Namen als Stätte künstlerisch hochbedeutsamer Großausstellungen: 1939 eröffnete Welz den Reigen mit einer Schau auf ,.Salzburg und das Salzkammergut" in den eigenen Galerierüumen. 1940 brachte er das Werk des damals von ihm wiederentdecklen Alt-Wiener Genremalers Michael Neder heraus und veranstaltete zum 100. Todestag des Meisters eine umfassende Makart-Ausstellung im Carabinierisaal der Salzburger Residenz, der 1942 eine repräsentative Ausstellung französischer Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts in den damaligen eigenen Galerieräumen in der Schwarzstraüe folgte. 1949 organisierte Welz eine bedeutsame Kubin-Ausstellung. in der. neben etwa hundert Zeichnungen und aquarellierten Blättern. zum erstenmal etwa fünfzig der bis dahin so gut wie unbekannten Tempera-Malereien aus den Jahren 1905 bis 1908 gezeigt wurden. 1950 stellte er ,.Meisterwerke der öster- reichischen Kunst des 20. Jahrhunderts" im Salzburger Künstlerhaus vor. 1952 gab es in den eigenen Räumen eine hochbedeutsame Ausstellung von Ölgemälden. Handzeichnungen und Graphiken von Max Beckmann. 1953 folgte die unvergessene Waldmülier-Aussteliung in den Räumen der Residenzgalerie; gerade bei dieser Veranstaltung. die unter allerungünstigsten Auspizien und katastrophalen Be- gleiterscheinungen zustande kam. bewies Welz seine Unerschrockenheit, Stand- festigkeit und Energie. Im Sommer 1957 fand in den Räumen der Galerie Welz eine hochbedeutsame Ausstellung van Werken Marc Chagalls stall, die 264 Katalog- nummern umfaßle. Kernstück dieser Ausstellung waren 67 Zeichnungen und Gouachen zum Ballett ,.Aleko". welche das ,.Museum of modern Art" in New York beistellte, Diese Ausstellung war von Welz als Anregung für die Gewinnung Chagalls als Bühnenbildner für die Salzburger Festspiele gedacht. Die wichtigen Ausstellungen der Jahre 1960 bis 1962, die Peter Marcasiano, Gerhart Frankl und Renato Guttuso gewidmet waren. können hier nur am Rande erwähnt werden.