6 Der große holländische Historiker Jan llui- zinga hat die Geschichte als jene Form be- zeichnet, in der sich eine Kultur Rechen- schaft über ihre Vergangenheit gibt. Aufgabe des Historikers ist es daher, die historischen Geschehen vergangener Epochen zu erfor? schen und die geschichtliche Entwicklung eines Staates im Bewußtsein seiner Bürger zu erhalten. Der Historiker hat dafür zu sorgen, daß die Glanz- und Notzeiten, daß das llelden? Zeitalter eines Volkes dessen lebendiger Besitz bleiben. Diesem Ziele will die kulturhistorische Ausstellung „Graz als Residenz 7 lnner- österreich 1564 bis 1619" dienen, die am 6. Mai in den Reprasentationsräumen der Grazer Burg festlich eröffnet worden ist. lis liegt ihr die ldee zugrunde, die 400. Wieder? kehr der Errichtung eines eigenen llofes zu Graz und einer Zentralregierung für die innerösterreichischen Herzogtümer zum Anlaß zu nehmen, das Heldenzeitalter der steirischen Geschichte an kulturhistorischen Gegenstän- den zu verlebendigen. Die Steiermark hat damals ihre Eigenberechtigung erhärtet, aber auch jenes (iepräge erhalten, das noch heute für dieses Land bestimmend ist. Kaiser Karl V. und Ferdinand l., sein für die Geschichte Österreichs so bedeutungs? voller Bruder und Nachfolger am kaiserlichen Throne, hatten am 28. April 1521 zu Worms und Ende jänner 1522 zu Brüssel den ge- waltigen habsburgischen Besitz geteilt und damit eine spanische und österreichische Linie des Erzhauses begründet. Ferdinand, in Spa? nien aufgewachsen und erzogen, hat die österreichisch-erbländische Behördenurgatiisa? tion seines Großvaters, Kaiser Maximilians L, weitergeführt und als 'l'räger einer öster? reichischen (iesamtstaatsidee einen zentralen Verwaltungsapparat ins Leben gerufen, ohne dabei so starrer Ahsolutist wie sein linkel Kaiser Ferdinand ll. zu sein. Er hat jedoch selbst die von ihm eingeleitete lintwicklung unterbrochen, als er sich in seinen verschiede- nen Testamenten, llausordnungen und Nach? tiolgebestimmungen entschloß, seinen Länder? besitz unter seine drei Söhne zu teilen. ln räumlicher llinsicht boten sich die Länder? gruppierungen von selbst an. Die Stamm- lande Ober? und Niederösterreich erhielt der älteste Sohn, Iwlaximilian ll., als Oberhaupt des Hauses, dem auch die neuerworhenen Königreiche Böhmen und Ungarn zukamen. Ferdinand, bekannt durch seine so bedeutsame Ambraser Sammlung und seine Ehe mit der schönen Patriziertochter Philippine Xkielser, übernahm das räumlich abgesonderte Tirol und die österreichischen Vorlancle mit dem Breisgau, und Karl, der jüngste, die inner? österreichische Ländergruppe Steiermark, Kärnten, Krain, die Grafschaft Giärz und