beiten (Besitz: Akademie der bildenden Künste) zeigen sowohl aufgelöste, skizzenhafte Aqua- relle in großzügiger Malweise sowie solche mit feiner, kleinteiliger Ausführung. Bei letzteren zeigt sich eine für Ender typische Manier dieser Epoche: einem locker gemalten, malerisch pointillistischen Vordergrund mit starken Schattenpartien steht ein zeichnerisch aquarellierter Hintergrund gegenüber. Bäume, Pflanzen oder Figuren beleben den Vorder- grund. Die Schattenkulissen, zur Steigerung der Tiefenwirkung in barocker Auffassung, hat Ender immer wieder gerne verwendet, wenn auch später durch Änderung seines Stiles nicht mehr in so starkem Maße wie in den zwanziger Jahren. Charakteristische Beispiele der erwähnten Art bringen die Aquarelle von Enders Italien- reise; Ender war 1819 durch Metternich nach Rom gekommen. Aus der vierjährigen Stipen- dienzeit in Italien ist uns eine Reihe von besonders reizvollen, kleinen italienischen Ortsansichten erhalten. Einige ausgestellte Österreichische Veduten veranschaulichten in den nächsten Räumen Enders frühes Schaffen in der Heimat. Mehrere Ansichten von Wien, Kalksburg, ein Blick auf Gastein zeigten wieder das erwähnte Ender'sche Prinzip. Wie Raumschieber befinden sich Tannen und Felsen im beschatteten Vorder- grund des Gasteiner Blattes. Als die entscheidende Phase in Enders Stil- entwicklung ist die Wende 1828]?) anzu- sprechen. Es ist die Zeit der indirekten Be- eintlussung durch Matthäus Loder. Im Auf- trage Erzherzog Johanns, dessen Kammer- maler Endet wurde, vollendet er einige Aquarelle des früh verstorbenen Loder. Die Manier Loders, eine Hächig schichtenmäßige Behandlung des llochgebirges, der sich Ender im Zuge seiner Kooperation anzugleichen versucht, wird von bleibender Bedeutung für Enders Stil der Gebirgsmalerei. Einen Höhepunkt stellt für Ender 1837 die Berufung dar, Erzherzog Johann in die Krim, nach der Türkei und nach Griechenland als Reisemaler zu begleiten. Jahrzehnte trennen diese Epoche noch von der Erfindung der modernen Farbdias, doch Ender wußte seiner Aufgabe als Kiizutler bestens gerecht zu werden. Er schildert mit dem Pinsel, malt Land und Leute, die klassischen Bauwerke Griechen- lands, er fängt den sonnendurchfluteten Zau- ber des Orients ein. Die künstlerisch zu be- wältigende weite Reise beschleunigt seinen Pinsel. Die Malweise wird eine flottere, Ender wird in den Farben stärker, das tiefblaue Meer, die bunten Kostüme erwecken die malerische Phantasie seines Künstlertums. Unter dem gleißenden Licht des Orients werden die Aquarelle heller. 326 Stück bringt Ender von dieser Reise in die Heimat, von denen 58, hauptsächlich aus der Sammlung Erzherzog Johanns, in der Albertina zum ersten- mal ölfentlich zu sehen waren. Im Ausstellungsraum der „Alten Albertina" war die stattliche Anzahl von 133 Endefschen Aquarellen der Epoche um 1830 bis in die Spätzeit präsentiert worden, hauptsächlich österreichische Gebirgsgegenden von Salz- burg, Steiermark und Tirol, die Ender im 40 Auftrage von Erzherzog Johann, für den er bis 1848 tätig war, zur „Bestandaufnahme der Natur" gemalt hatte, aber auch Ansichten aus Italien, der Schweiz und Ungarn. An der Spitze dieser Kollektion findet sich ein Blatt, das eigens erwähnt werden möge. Mit dem Aquarell „Englisches Kaffeehaus in Bad- Gastein" um 1830 (Kat. Nr. 185 abg.) zeigt sich Ender auch noch von einer anderen Seite. Wohl erkennen wir ihn deutlich in der Manier des Hintergrundes, aber wie Ender uns hier in ganz freier, malerischer Auf- fassung mit einer Biedermeieridylle in hellen Grüntönen, mit der sonnendurchi-luteten Atmo- sphäre eines Waldmüller entgegentritt, ist für ihn ganz ungewöhnlich. Hier als reiner Maler, ohne Zweifel von einem Auftrag frei, ent- wickelt Ender in einer Stimmungslandschaft eine malerische Freiheit der Gesamterschei- nung, die abweichend von Enders Charakteri- stik an ähnliche Schöpfungen Joseph Högers oder Franz Barbarinis erinnert, die Schüler Enders waren und diese Art weiterentwickelt hatten. Die zahlreichen Aquarelle Enders aus der österreichischen Gebirgswelt führten den Künstler in seiner typischen Vollendung vor. Die kleinteilige Manier der Frühzeit ist einer großzügigeren Malweise gewichen. Der Vordergrund wurde großformatiger, der Be- schauer wird unmittelbarer in den Mittel- und Hintergrund geführt. Die Gebirgsforma- tionen werden partiell in Schichten detailliert dargestellt. Das Kolorit entspricht der geo- graphischen Eigenart. So erleben wir das tiefe Grün der steirischen Landschaft, das kristallene Blau und Weiß der Bergseen und Gletscherwelt Tirols und über allem die reine Atmosphäre dünner Gebirgslufr. Die aus- geglichene künstlerische Harmonie Enders in Verbindung mit der Klarheit seines maleri- schen Realismus strahlen eine beruhigende Wirkung auf den Betrachter aus. Ein Aquarell wie die Wettertanne (Kat. Nr. 301) um 1860, in seiner lockeren, gelösten Malweise, läßt an Rudolf v. Alts Nadelbaum- studien denken; auch die anderen, impressio- nistisch gemalten Blätter der Spatzeit mit großartig gestalteten, frei gewählten Natur- motiven erinnern an das späte Alterswerk dieses großen Meisters. Wir stehen am Ende eines reichen Lebens- werkes und es drängt sich die Frage auf: Ist Ender der Reisemaler gewesen, der mit Präzision und emsigem Fleiß die Vorlagen für die Lithographie lieferte, seine Aufgabe darin sah, dies und nichts anderes zu er- füllen? Nein. Dies hieße Enders Kiinstlertum vollkommen mißachten. Enders Größe zeigt sich nicht allein in der vortrefflich gelungenen realistischen Naturwiedergabe seiner Dar- stellung, sondern offenbart sich in der Ge- staltung des Details. Wie er mit wenigen Bleistiftstrichen, mit sparsamsten Andeutun- gen die Illusion eines Objektes, ja einer ganzen Stadtsilhouette gibt, wie auf einem Aquarell- gruncl von nur wenigen Quadratzentimetern in impressionistischer Manier ein Vollendetes Detail der Wirklichkeit ersteht, erhebt Ender über sein außerordentliches Virtuosentum hinaus zu einem echten, großen Künstler.