Aus Münchner Privatbesitz sind kürzlich zwei Entwürfe für Deckenfresken aufgetaucht. Sie tragen auf der Rückseite einen handschrift- lichen Vermerk: Erworben 1939 aus den Sammlungen des Stiftes Sankt Florianl. Die nähere Untersuchung nach dem Stil und nach den vorhandenen archivalischen Quellen hat ergeben, daß wir tatsächlich Entwürfe für das oberösterreichische Augustinerchor- herrenstift vor uns haben. Die ältere der beiden Skizzen (Öl auf Papier, 46X34 cm, Abb. 3) ist stilistisch etwa um 1740 zu datieren. Sie zeigt in hochovaler Komposition eine Reihe allegorischer Figuren, die in der Mitte oben mit der Allegorie der Wissenschaft beginnen, der die geflügelte Gestalt des Glaubens mit der Lanze zu Hilfe eilt. Die Skizze ist anscheinend für einen kleineren Raum - wohl für den Nebenraurn einer Bibliothek oder für ein wissenschaft- liches Kabinett - bestimmt gewesen. Wir haben einen typischen Bozzetto vor uns, der in breiten Pinselstrichen ohne Rücksicht auf Einzelheiten das Konzept der Decke zeigt. Wir sehen die kraftvolle Hand eines Meisters, dem es auf die Verteilung der Figuren und auf den großen Farbeffekt ankommt. in der Reihenfolge des Werdens wird nach diesem Bozzetto noch ein ausgeführter Modello not- wendig gewesen sein. Dieser Modello könnte jedoch dann weggelassen werden, wenn neben dem Bozzetto, der die Farben zeigt, eine aus- gefeilte Zeichnung vorliegt, nach der die Figuren auf die Decke übertragen werden können. Die leuchtende Farbenskala, die Struktur der Malerei und die allegorischen Figuren sind ganz charakteristisch für die Hand des großen österreichischen Freskanten Daniel Gran. Wenn wir vergleichsweise Grans Entwurf für das Langhaus der Wallfahrtskirche am Sonn- tagberg betrachten (Abb. 2), dann erkennen wir sofort denselben breiten Pinselstrich, die- selben Farben, die gleichen Gestalten. Auch das Kompositionsschema und die Umrah- mung sind gleich. Der Vergleich mit anderen gesicherten Skizzen Grans, wie beispielsweise dem Entwurf für die Wiener Hofbibliothek im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg 1, zeigt ebenfalls weitgehende Übereinstimmung in der Pinselführung, der Farbenskala und den Figurentypen. An der Autorschaft Grans ist somit nicht zu zweifeln. Daniel Gran hat für Sankt Florian keine Fres- ken ausgeführt. Wir wissen jedoch, daß Propst Georg II. mit dem Künstler korrespondiert hat, ihm seine geplanten Programme mit-