NoelJ reelztgeiilg vor Beginn der großen Anstellung im Slifl XI. Florian „Die Kunst der Danauxelxule 1490- 1540" errelzien im Bruekmann- Verlag, Müneben, van Prof. Dr. Alfred Slange da: grundlegende Werk hierzu unter dem Titel „Die Malerei der Donamrbule". Da wir Prof. Xtange reif jabren {u unreren prominenten Mit- arbeitern {äblen dürfen, haben er und der Verlag Jirll hereii erklärt, einige Parragen au: diexem Buch a]: Einfüll- rung zum Tbemenkrei: de: vorliegenden Hefie: zur Verfügung zu xlellen. Die Redaktion in hierfür dem Autor und dem Brurkmann- Verlag zu großem Dank oerpfiiebtel. DIE DONAUSCHULF. Die Donauschule - so werden die Maler genannt, die im ersten Viertel des 16. Jahr- hunderts in Regensburg und Passau, in Krems und Wien und wohl auch in einigen anderen, noch auszumachenden Städten tätig gewesen sind: Albrecht Altdorfer und sein Bruder Erhard, Wolf Huber, der Meister des Pulkauer Altars, der nach einer von ihm mit höchst eigenwilligen Federzeichnungen ausgestatteten Handschrift neuerlich auch als Meister der Historia Friderici et Maximiliani angesprochen vaird, der temperamentvolle Reißer der Holz- schnittfolge der Wunder von Mariazell, der auch ein begabter Maler gewesen ist, daneben zahlreiche kleinere Talente, wie Michael Ostendorfer, Nikolaus Kirberger, der Mono- grammist J., Hans Pruckendorfer, der eigen- willige Maler der Kremsmünsterer Katharinen- legende, der Meister des Weiser Scheibell- Epitaphs. Es mag der Hinweise genug sein. Aber sogleich sind noch einige ältere Meister zu nennen, die man als die Patres bezeichnen darf: Lucas Cranach der Ältere, der während seiner Wiener Jahre den Donaurnalern die Ausdrucksmittel geprägt hat, Jörg Breu, der etwa gleichzeitig einige erregend kompo- nierte Altäre in Niederösterreich gemalt hat, und Rueland Frueauf der Jüngere, den man den letzten Legendenmaler nennen möchte. DIE DONAUMALER Die Donaumaler waren die Landschafter im Kreise der deutschen Künstler. Wohl ist das Landschaftsbild auch anderwärts gepflegt wor- den, es braucht nur an die Aquarelle und Zeichnungen Dürers erinnert zu werden, aber für sie war die Landschaftsmalerei das Herz- stück ihrer künstlerischen Bemühungen. Alt- dorfer hat die ersten autonomen Landschafts- bilder gemalt, er und Wolf Huber haben mehr Landschaftszeichnungen hinterlassen i wenn sie zum Teil auch nur als Kopien zu uns gekommen sind i als alle anderen deutschen Meister und Schulen, und ihre Zeichnungen müssen früh schon begehrte Objekte für Sammler und Liebhaber gewesen sein. Nur so lassen sich wohl die vielen Kopien erklären. Mehr noch, sie sahen, was immer sie zeichneten oder malten, wie eine Landschaft. Sie sahen die Dinge, mag es ein Baum, eine Burg oder ein Gesicht gewesen sein, so, weil sie alles wie ein Gewächs be- griffen, weil ihnen das Kleine und das Große, das Gewachsene und das Gebaute Teile des allumfassenden Kosmos waren. Nur im Zu- sammenhang des Alls vermochten sie das einzelne zu verstehen. 2 DIE ZEIT Die Zeit war dennoch nichts weniger als geruhsam. Das Reich war von je in der Krise. Im Widerstreit mit den landschaftlich-dynasti- schen wie den städtisch-demokratischen Mäch- ten wurde es nun auch innenpolitisch zer- schlagen, nachdem es seinen Führungsanspruch in Europa und in der Ecclesia langst verloren hatte. Die Kirche ihrerseits büßte durch die Schismen, Avignon, die Konzilien, Wiklif und Hus erschreckend an Autorität ein. Nicht weniger wirkten die neuen Wirtschaftsformen des Friihkapitalismus, nicht weniger die neuen Denkformen des Voluntarismus und des Empirismus als Sprengstoffe. Der alte Ordo- Gedanke hat seine Allgemeingültigkeit ver- loren, wie kein mittelalterliches zuvor war das 15. Jahrhundert vielgestaltig und wider- spruchsvoll. DIE FRÖMMIGKEIT Zum anderen war das 15. Jahrhundert eine fromme Zeit. Aus überzeugtem Glauben ver- anlaßte Stiftungen wohltätiger Art begegnen in großer Zahl, Stiftungen von Altarwerken, Epitaphien und vielem anderen füllten die Kirchen. Kaum abschätzbar war die Zahl der Bruderschaften, die alle ihre Ordnungen, Tage, Häuser, Kapellen und Altäre hatten. Welt- liches und Kirchliches waren unlösbar ver- knüpft. Freilich darf nicht übersehen werden, daß diesem kraftvollen Gebets- und Tat- glauben als dunkle Kulisse Hexenwahn und seltsame Ausbrüche der Angst gegenüber- standen. ln den Kirchen wurden blutschwitzen- de Hostien gefunden. Juden wurden der Hostienschandung verdächtigt, am Himmel wurden blutige Kreuze und Lanzen gesehen, Flagellanten durchzogen das Land, falsche Propheten tauchten auf. Es gab mancherlei, was erschrecken laßt. DIE APOKALYPSE Das edelste Zeugnis der Stimmung dieser Jahrzehnte hat uns Albrecht Dürer in den Holzschnitten der Apokalypse geschenkt. Dürer leitete mit der Apokalypse eine Epoche deutscher Kunst ein. Sie war eine Aussage, die weit über Nürnbergs Mauern gültig, sie war eine Aufforderung, die alle Künstler zu einem neuen Schaffen aufrütteln mußte. Schon das Thema war bedeutsam. Er gab mit ihm, was der Zeit not tat, indem er die Visionen des Johannes veranschaulichte, wie ihm der Herr das Ende der Welt kundtut und das Gericht und die Zeichen, die ihm voran- gehen. Nicht minder bedeutsam waren, sind noch heute das ungewöhnliche Format und die volkstümliche Technik, die vielfache Ver- vielfältigung erlaubte. Und dazu die glühende Sprache der Linienführung, so daß es oft den Anschein hat, als ob die Zeichnung koche und Walle. Dürer respektierte die Wirklichkeit mehr als jeder Maler zuvor. DIE DEVOTIO MODERNA Neben dieser apokalyptischen gab es um 1500 aber auch eine stillere Stimmung in Deutsch- land. Sie kam sehr unmittelbar aus der welt- flüchtigen Mystik, obwohl sie mitunter wie deren Umkehr erscheint. lis ist die Devotio moderna. Ihre edelste Blüte fand die Devotio moderna im frühen 15. Jahrhundert in der „Irnitatio Christi" des Thomas von Kempen (1379 bis 1471). Wie die „Theologia deutsch" wollte auch die „lmitatio Christi" keine tiefgrün- digen Spekulationen vermitteln, sondern eine schlichte Innerlichkeit und heilige Freude ehren. Man sollte nicht zu hoch von sich denken und sich nicht wegen seiner Kunst oder Wissenschaft erheben, sich vielmehr wegen der verliehenen Einsicht fürchten und sein Unwissen bekennen. Man sei nicht stolz auf die guten Werke; wohin man auch immer läuft, Ruhe wird man nur im demütigen Gehorsam finden. - Viel wirkt, wer es aus Liebe wirkt; rechte Liebe vereinigt mit Gott. -- Man kann nicht immer auf den höheren Stufen der Beschauung leben, muß auch niedrige Dinge und die Last des gebrechlichen Lebens tragen. ; Die Natur, die Heilige Schrift und alle Kreaturen soll der Mensch studieren und aus ihnen Nutzen ziehen, aber nicht mehr, das heißt, er soll in geistiger Mäßigkeit leben. DER REALISMUS UM 1500 So kam es, daß das, was man gemeinhin als Mittelalter bezeichnet, in Deutschland länger als in Italien lebendig geblieben ist und das Kunstschaffen einen religiösen Charakter noch bis ins 16. Jahrhundert bewahren konnte. Selbst Dürers Bildnisse machen sichtbar, daß das Stifterbild ihr Ahne gewesen ist. Wie dieses bergen sie weniger Geheimnis des menschlichen Charakters und des irdischen Schicksals als das des metaphysischen Ur- grundes. Realismus bedeutet in Deutschland auch noch um 1500 etwas anderes als in Italien. Um es auf eine knappe Formel zu bringen, er, der Realismus, begriifin Deutsch- land die Welt als eine Äußerung Gottes in Raum und Zeit, vielleicht als ein ewiges, gewaltiges Schöpfungsereignis, vielleicht als ein ewiges Werden der Ultima materia aus der Prima materia. Dies war das besondere An- liegen der Donaumalerei.