eine nach englischem Muster zugeschnittene Verfassung gab, unterstützte die nationale Freiheitsbewegung, von der er sich die Schwächung des französischen Einflusses in Italien und die Stärkung des britischen ver- sprach. Castlereagh lehnte die Politik Bentincks ab und wünschte, daß Österreich an die Stelle Frankreichs als Vormund Italiens trete. Als der Wiener Kongreß zusammenttat, war die Sache Murats in Neapel nicht hoffnungslos, aber Bentinck verzögerte entgegen den Wei- sungen Castlereaghs den Abschluß eines Vertrages mit dem König von Napoleons Gnaden. Österreich, das Murat die Krone als Belohnung für seinen Abfall von Napoleon versprochen hatte, konnte ihm, als er sich in den Hundert Tagen dem Schwager anschloß, nicht mehr helfen. Murat suchte die Einheit Italiens vom Süden her herzustellen. Er wurde durch österreichische Truppen, die durch den Feldzug verhindert wurden, an Waterloo teilzunehmen, in den ersten Maitagen 1815 bei Tolentino und Macerata geschlagen und entsagte am 20. Mai im Vertrag von Casalanza dem Throne. Die Bourbonen kehrten nach Neapel zurück. Damit endete der Plan eines einigen Italiens unter der Dynastie Murat. Iir floh nach Toulon, um Napoleon seine Dienste anzubieten. Nach Waterloo brachte ihn die Flucht nach Korsika. Das Asyl, das ihm Kaiser Franz anbot, schlug er aus und segelte mit 6 Schiffen und 250 Mann nach Kalabrien. Von schweren Stürmen heimge- sucht, landete er mit einem einzigen Schiffe in Pizzo, wo er mit den 30 Mann, die ihm geblieben waren, nach einem Handgemenge von dem Gendarmeriehauptmann Trenta- capilli gefangen wurde. Trentacapilli war ein ehemaliger Räuberhauptmann, und Murat war in Kalabrien bei den Briganten, die er ver- folgte, verhaßt. Murat wurde vor ein Kriegs- gericht gestellt und erschossen, während seine Gattin Karoline von Kaiser Franz im Schloß Hainburg aufgenommen wurde. Im Kirchenstaat wurde das päpstliche Regi- ment wieder hergestellt, nach Toskana und Modena kehrten die vertriebenen Fürsten zurück. Die Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla wurden im Vertrag von Fontainebleau vom 10. Juni 1814 Marie Louise und dem einstigen König von Rom eingeräumt und die Linie Bourbon-Parma mit Lucca abgefunden. Alexander I. setzte im Geheimvertrag vom 31. Mai 1815 zwischen Österreich, Preußen und Rußland durch, daß die Nachfolge des Sohnes Napoleons garantiert wurde. Daß der Prinz zwei Jahre später sein Erbrecht verlor, war ein Erfolg der Engländer, auf deren Freundschaft Metternich angewiesen war. England wünschte mit Rücksicht auf die Freundschaft mit Spanien den Rückfall an jene Nebenlinie des Hauses Bourbon. Marie Louise wurde auf den lebenslänglichen Frucht- genuß beschränkt und ihr Sohn ausgeschlossen, um einer bonapartistischen Bewegung in Italien die Spitze abzubrechen. Österreich behielt sich das Besatzungsrecht in der Festung Piacenza vor. Die Bedeutung der Herzog- tümer war für Österreich eine rein militärische, denn ihre Aufgabe war die einer Barriere zwischen Piemont und Mittelitalien. 4 Viktor Emanuel kehrte von Sardinien nach Turin zurück und mit ihm der Zopf und der Dreispitz. Zur Stärkung des Hauses Savoyen, dem schließlich die Vertreibung der Öster- reicher aus Italien und die Einheit Italiens glückte, trug die vom Wiener Kongreß dem Königreich Sardinien einverleibte einstige Republik Genua bei. Toskana, Modena und Parma standen unter den Nebenlinien des Erzhauses, und das er- richtete lombardisch-venetianische Königreich sicherte Österreich die Vorherrschaft in Italien. Metternich wollte als Gegenstück zum Deut- schen Bund die italienischen Staaten in eine Lega italica zusammenfassen, doch scheiterte sein Plan, dessen Verwirklichung für Italien und Europa ein Glück hätte sein können, vor allem am Widerstand des Zaren, aber auch an dem Englands. Die Lombardei und Venetien gereichten der österreichischen Industrie zum Segen, als das neu gebildete Königreich im Jahre 1817 in das österreichische Zoll- und Prohibitivsystem einbezogen wurde. Dieses reiche Absatzgebiet half dem Kaisertum Österreich, durch Heran- ziehung englischer, französischer, belgischer, schweizerischer und vor allem rheinländischer, aber auch württembergischer und sächsischer Unternehmer und Werkmeister eine öster- reichische Industrie ins Leben zu rufen. Die ersten großen Fabriken sind der Initiative von drei Männern zu verdanken, dem in Florenz geborenen Franz I., dem Koblenzer Metternich und dem Rheinländer Philipp Ritter von Stahl, der als Präsident der Kommerz-Hofkommis- sion mit der Heranziehung fremder Unter- nehmer betraut war. „Die österreichische Monarchie", schrieb Tal- leyrand nach der Schlacht von Austerlitz an Napoleon, „ist eine Zusammenfassung von schlecht gefiigten Staaten, die in Sprachen, Sitten, Glauben und Verfassung von ein- ander abweichen und nur durch die Gemein- samkeit des Herrschers miteinander verbunden sind. Eine solche Macht ist notwendiger- weise schwach, aber sie ist ein genügend starkes Bollwerk gegen die Barbaren - und ein notwendiges." Die Monarchie war eine Länder- und Völkergemeinschaft mit aus- scheidenden und eintretenden Mitgliedern, ein übernationales Gebilde, wie man sich zur Erhaltung der europäischen Ordnung kein besseres wünschen konnte. Belgien war aus- geschieden, Venetien, Dalmatien und Salzburg zugewachsen. Die Wiedergewinnung des Breisgaus wurde durch Rußland vereitelt, dessen Werk es auch war, daß die für den Schutz der Lombardei so wichtigen Festungen Alessandria, Novara und Domodossola den Österreichern ab und den Piemontesen zuge- sprochen wurden. Die österreichfeindliche Haltung Alexanders I. war in der sich an England anlehnenden Politik Metternichs be- gründet. Deutsch-Österreich wurde um Salzburg, ver- stümmelt durch die Abtretung fruchtbaren Tieflandes und ausgeplündert durch die Bayern, vermehrt. Kronprinz Ludwig hatte von der Einrichtung des Schlosses Mirabell bis zu den Tränkeimern des Blühnbacher Gestüts vom ärarischen Gut mitgeschleppt, was fahrbar war. Salzburg sah nach de Ende der unter den Erzbischöfen blühend: Wirtschaft einer Jahrzehnte dauernden Ve armung entgegen. Jede Bautätigkeit lag sti Salzburg bietet in seiner der Armut zu ve dankenden Erhaltung seines herrlichen Baron ein Denkmal für das Unglück, das der „A schluß" für ein Land bedeuten kann. Fiir d Monarchie lag sein Wert vor allem in der m unter ihre Herrschaft gebrachten Verbindur mit Tirol. Die Signatarrnachte des Wiener Kongress verallgemeinerten das 1806 vom Parlament Westminster beschlossene Verbot des Sklave handels. Mit Hilfe des am 3. Jänner 1815 mit Englat und Frankreich geschlossenen Bündnisses g lang der kaiserlichen Diplomatie die E haltung des Königreichs Sachsen, wenn dies auch einen Teil an Preußen abtreten mußt Kaiser Franz drohte: „Der König von Sachsi muß sein Land wiederhaben, sonst schiel ich." Zugleich wurde die Bildung ein russischen Großpolens vereitelt. Nach dem Sturz Napoleons war der russiscl Autokrat die meist gefürchtete und mei umworbene Persönlichkeit Europas. Talle rand bezeichnet ihn als ein wenig geiste gestört, einen Wirrkopf, der von einem Extte ins andere fällt und dem niemand, der mit ih zu tun hat, Vertrauen schenkt. Am 26. Se tember 1815 schloß er mit Franz I. ut Friedrich Wilhelm III. die Heilige Allian die als Völkerbund gedacht war. Die di Monarchen reichten sich als Väter ihrer Untc tanen die Hände, gelobten einander gege seitigen Beistand und nach den Vorschrift: der Religion, der christlichen Liebe ut Gerechtigkeit zu handeln. Der Beitritt l diesem dem ewigen Frieden dienenden Bur stand allen christlichen Ländern - nicht d Türkei! - offen. Eine Reihe von Staate aber weder der Papst noch England folgtt der Einladung. Die Heilige Allianz wurt von allen, die sie unterzeichneten, als Unsii betrachtet, der zu nichts anderm diente, z den Glanz des Zaren bei seinen Untertani zu erhöhen, die sich an den prächtigen Phras: der Monarchenverbrüderung, die in der Peter burger Zeitung vorn 31. Dezember 18 verlautbart wurden, in der Neujahrsnacht b rauschen durften. In der Zeit Nikolaus wurde die Heilige Allianz zur Bezeichnut der Ostmächte und ihrer Reaktion gegen di westlichen Liberalismus. Der Wiener Kongreß beschloß noch e Anerkennung der dauernden Neutralität d Schweiz und die internationale Regelung d Schiffahrt auf Rhein, Neckar, Main, Mosi Maas und Schelde. England erhielt das PI tektorat über die Ionischen Inseln. Im Riickblickierscheint von allen Ereignissl des Wiener Kongresses doch der Vertrag vo 3. Jänner 1815 das wichtigste zu sein, c Abhaltung der Russen von einem zu riet? Eindringen nach Mitteleuropa. Dies gelai erst dem ungekrönten Zaren Stalin, dem ke Metternich, kein Talleyrand und kein Castl reagh gegenüberstanden. Man sieht, der Kongreß hat nicht nur g tanzt.