Peier Baum LUDWIG HEINRICH JUNGNICKEL ZUM GEDENKEN - RÜCKBLICK AUF LEBEN UND SCHAFFEN DES IM VORJAHR VERSTORBENEN KÜNSTLERS Als am 14. Februar des Vorjahres Ludwig Heinrich Jungnickel im hohen Alter von 84 Jahren vereinsamt starb, verlor Österreichs Kunst einen ihrer markantesten Künstler. Im Totenschein wurden sowohl Jungnickels Vater als auch dessen Mutter als „unbekannt" vermerkt, und zum Begräbnis auf dem Wiener Zentralfriedhof erschienen nur wenige Freunde und Oftizielle. Professor Leopold Schmid hielt die schlichte Trauerrede und er war es auch. der sich nach Kräften um das Zustande- kommen der umfangreichen Gedüchtnisausstellung im Wiener Künstlerhaus verdient machte. Ein hochinteressanten aus iüngster Zeit stammender Brief von Jungnickels 1910 nach Argentinien aus- gewandertem Bruder gibt über die Jugend des1881 in Wunsiedel (Franken) geborenen Künstlers authentisch Auskunft: ..wir waren s Geschwister. 2 Mädchen und 3 Jungens. Ich war der jüngste. mein Bruder der zweitjüngsle. Er besuchte in München die Lateinsctiule. Ich verbrachte meine Jugend fast nur mit Br. Ludwig. Wir weren beide große Naturfreunde, so daß wir immer botanisierten, hatten Schmelterlingsammlung. Käfersammlung. Terrarium, Aquarium und ein Herbarium. alles mit lateinischer Benennung. wir suchten stets des Wahre und Schöne in der Natur, wo er debei vieles in Skizzen und Landschaftsgemülden festhielt. Im sernrner 1591 wanderten wir beide durch die Tiroler Berge bis zum Großglockner und venediger. we wir stets auf Almen waren und er den Betrieb und Charakter im Bilde festhielt und auch en Teurisien verkaufte. zum Lebensunterhalt. 1:299 irennien wir uns. Ludwig ging zu Fuß nach ltolien (bis Rom und Neapel). verdiente sich den Unterhalt mit Porträtzeictmen in den Kaffees. In Rom verkehrte er in den Künsllerkreisen, dabei seiiui er ein Bild (Kruzifix), des so gui eusnei und Bewunderung erzeugte, so daß es dern Papst gezeigt wurde. der es dann in der Sixtinischen Kapelle eutnengen iieß. Nach Studien in Rom reiste er nach Wien. des er als seine zweite Heimat betrachtete," lm Gründungsiahr der Wiener Secession, 1898, kam Jungnickel, der zunächst an der Akademie bei Griepen- kerl, Eisenmenger und William Unger studierte, auch schon in Kontakt mit Alfred Roller, Josef Hoffmann und Gustav Klimt. Von besonderer Bedeutung wurde vor allem seine Bekanntschaft mit Klimt, als dessen Mitarbeiter er 1911 für Josef Hoffmanns berühmtes Palais Stoclet in Brüssel einen Tierfries gestaltete. L. H. Jungnickel war Mitglied der "Wiener Werkstätte" und der „Kunstschau". 1924 fand Jungnickel Aufnahme im Wiener Künstlerhaus und 1930 erhielt der Künstler den Österreichischen Staatspreis. Unverständlich muß es bleiben, wieso Jungnickels Bilder und Graphiken 1938 als „Entartete Kunst" verpönt wurden, was den Künstler bewog. seiner Wahlheimat den Rücken zu kehren und nach dem südlichen Abbazia zu ziehen. Jungnickel kehrte erst 1952 nach Österreich zurück. Noch im selben Jahr veranstaltete die Albertina eine Einzelausstellung seines graphischen Werkes. Die Jahre bis zu seinem Tod verbrachte der Künstler in selbstgewollter spartanischer Abgeschiedenheit in Villach und Wien. Die Gedachtnisausstellung im Wiener Künstlerhaus (Dezember 1965) war weit mehr als ein Akt der Pietät, mehr als ehrende Verpflichtung. Ohne den Anspruch auf strenge Wissenschaftlichkeit und chronologische Abfolge zu erheben (dazu ist das gesamte Material noch viel zuwenig bearbeitet), dokumentierte sie an Hand von Beispielen aller Schaffensperioden überzeugend Eigenart und Bedeutung des reichen Lebens- werkes. Neben frühen Holzschnitten, Radierungen und Lithographien. die Jungnickels Ansehen als Gra- nhiker henründeten, stnnrion die mhllncnn TiPF7PiFhhlIhrl9h (in: Mnidßrc im Minelrninin riar nrÄninnlnilr