spenstige blonde Haar ist in strähnigen
Locken zusammengefaßt.
Die Frau trägt ein schwarzes Kleid mit
weißem Hemdeinsatz und pelzgesäumtem
Ärmel und eine die Stirn bedeckende
weiße Haube, die in einem Zipfel über
die rechte Schulter herabfällt. In der allein
sichtbaren Linken hält sie ein Sträußchen
roter Nelken. Fleckige Schatten und frei
aufgesetzte Lichter treiben die Einzelformen
des kräftig modellierten Kopfes und Halses
stärker hervor, als es beim Manne geschieht.
Die unliebenswürdige Strenge des Ant-
litzes wird durch nichts gemildert. Un-
stirnmigkeiten in der Verkürzung des
Mundes, in der Zeichnung der ganzen
uns zugekehrten Gesichtshälfte gehören
ebenso zum graphischen Stil des Porträts
wie die Zeichnung der hart gebrochenen
Falten, der welligen Säume.
Der Landschaftsausblick in grünen und
erdigen Tönen ist malerisch freier. In der
Mitte erhebt sich, auf beide Bildet verteilt,
eine Burg, an deren Fuß ein Gehöft mit
einem spitzbogigen Tor liegt. Darüberhin
ziehen Wolken. Auf der Rückseite jeder
Tafel Findet sich in großen Ziffern das
Datum 1521.
Man darf die lnnsbrucker Bildnisse als
tüchtige und charaktervolle Leistungen der
altdeutschen Porträtkunst ansprechen, ohne
ihnen einen allzu hohen Rang einräumen
zu wollen. Sie folgen dem hergebrachten,
vor allem von Bernhard Strigel gepflegten
Bildnistypus mit landschaftlichem Aus-
blick, bleiben aber hinter den nach Linie
und Farbe kultivierteren Schöpfungen des
Memminger Meisters zurück. Daß es sich
um Arbeiten der Augsburger Schule han-
delt, ist wohl nie bezweifelt worden. Sucht
man nach Vergleichbarem, so stößt man
auf ein Marienbild der Galerie in Agram,
dessen Landschaftsausschnitt engste m0-
tivische Übereinstimmungen mit dem der
Bildnisse zeigt. Burg und Gehöft Enden
sich dort, annähernd gleich gruppiert,
wieder. Nach Buchner handelt es sich bei
dem Marienbilde um ein Werk des älteren
Jörg Breu mit der die Alterswerke des
Künstlers kennzeichnenden „Verschärfung
und leichten Verhärtung der Formge-
bung"6. Er setzt es um 1525 an, freilich
mit der Einschränkung, daß bei der un-
gleichmäßigen Arbeitsweise Breus eine ge-
nauere Datierung nicht möglich sei.
Gleichfalls in den Beginn der zwanziger
Jahre des 16. Jahrhunderts gehören die
beiden Tafeln mit den Heiligen Bartholo-
mäus und Nikolaus (Abb. 3), den Heiligen
Sebastian und Eustachius (Staatl. Kunst-
halle, Karlsruhe). Hans Rupe brachte sie
mit einem Altarbild in Zusammenhang, das
die Heiligen Ulrich und Afra zeigt (Penn-
sylvania Museum of Art, Philadelphia) und
auf Grund der Bezeichnung „HB 1520"
als ein Werk Burgkmairs galt. Rupe
bestritt die Echtheit des Monogrammes
und schrieb den ganzen Altar Breu zu7.
Wieder zeigen die landschaftlichen Motive
- an erster Stelle die Burg - am sinn-
fälligsten den Zusammenhang mit den
Innsbrucker Bildnissen. Das Gehöft, das
16
im Agramer Marienbilde neben dem Kopf
des Kindes erscheint, Endet sich auf den
Karlsruher Flügeln neben dem Kopf des
hl. Bartholnmäus, wobei es ganz ent-
sprechend von einer Baumsilhouette über-
deckt wird. Bestimmte bei dem Marien-
bilde der zugrunde gelegte Dürerstich B. 40
den Faltenstil, der freilich übertrieben wird,
so ist Breu in den Karlsruher Tafeln sein
eigener Herr. Die Heiligen sind, ähnlich
den Bildnissen, im Einzelnen überformu-
lierr, im Ganzen ein wenig trocken. Da
sich die Figuren der Landschaft stärker
angleichen, ergibt sich ein ruhigerer Ge-
samteindruck. Die Modellierung der Köpfe
V man vergleiche den des hl. Nikolaus
mit der lnnsbrucker Frau A, die Zeichnung
der Falten und Säume, schließlich die
Wiedergabe des Haares sind nah verwandt:
Beim lnnsbrucker Herrn wie beim hl. Eu-
stachius wird das volle Haupthaar durch
in hellerem Ton aufgesetzte und in sich
selbst bewegte Locken belebt.
Wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme,
daß die Dargestellten der Porträts zu den
Landschaftsausblicken keine andere Be-
ziehung haben als diejenige, welche im
Bilde sichtbar wird, stimmen doch die
Baulichkeiten auf den verschiedenen "Fafeln
nie genau übereinß. Andernfalls müßte
man die Arbeiten noch enger miteinander
verknüpfen, müßte man sich die Frage
stellen, ob die Porträtierten vielleicht die
Besteller der Altar- und Andaehtsbilder
waren. Ohne archivalische Belege ist hierauf
eine Antwort nicht zu Enden.
An die besprochenen Bildnisse läßt sich
das eines Mannes in Sibiu (Hermannstadt)
anschließen (Abb. 4). Im alten Katalog des
Brukenthalmuseums wird es der Schule
des Bernhard Strigel zugewiesen"). Es mißt
40,5x31 cm und ist laut Katalog auf
Erlenholz gemalt. Die Wendung des Dar-
gestellten nach rechts ist für ein Einzel-
porträt ungewöhnlich, so daß wir ein
verschollenes Gegenstück annehmen dürfen.
Die Übereinstimmungen mit den lnns-
brucker Bildnissen sind evident, die Ab-
weichungen geringfügig. Das Barett über-
schneidet die Landschaft ein wenig mehr,
die allein sichtbare linke Hand greift in
den Pelz. Hinter dem Manne ist eine
Brüstung eingezogen, die die Jahreszahl
1521 trägt. Zu seinen l-läupten liest man
die etwas vordringliche Altersangabe 56.
Mögen schon ursprünglich die Übergänge
etwas weicher gewesen sein als in den
lnnsbrucker Porträts, so müssen sich doch
Schultern und Barett des Dargestellten