schöpferischen Konzepten jener Perioden. Wir aber müssen aut solche billige Effekte bewußi verzichten und die ehrlichste und wenn möglich differenzierteste Sprache suchen. um Wesentliches aussagen zu können. wo es Wesentliches zu sagen gilt. ist aber eine solche Forderung nur über Ar:hi- tektur notwendig? Gilt sie nicht auch in demselben Matte für den Maler und den Bildhauerila. über sie hinaus, nicht auch für den Musiker und Dichter? Die Probleme und Wertmaßstöbe der Künste sind im Bereich des Eigentlichen identisch. Es bedarf deshalb vielleicht keines besonderen Übergonges. wenn ich nun noch etwas van meinen persönlichen Erinnerungen an die Atmosphäre in den Maler- und Bildhauerschulen zu meiner Studienzeit ver- mitteln möchte. Was ich schon anfangs im Zusammenhang mit der Architektur gesagt habe, gilt vielleicht in einem noch stärkeren Maße für die Entwicklung in Malerei und Plastik. Nämlich: was sich bei einem solchen Rückblick dem Beschciuer am stärksten aufdrängt und oft verwirrend wirkt, ist der so tiefe Wandel der Ausdrurksforrnen in der Kunst. der in den Jahren seit damals vor sich gegangen ist. Unwillkürlich drängen sich bei einer solchen oft so gegensätzlichen Vielfalt die Frage nach Wertmaßstäben und nach einer Ge- meinsamkeit in all der Vielfalt auf. In der Malerei und Bildhauerei galten damals außer für die dekorativen Arbeiten der Meister- schule für Wandmalerei als ernstester und bester Maßstab Männer wie Degas. Maillol und Despiau. aber auch Van Gogh und in gewisser Hinsicht noch immer Hans von Marees. Eine Auseinander- setzung mit den iüngeren Strömungen in der modernen Malerei und Plastik war damals unauf- schiebbar, und die Frage, welche dieser jüngeren Richtungen an der Akademie gepflegt werden sollen, war brennend geworden. Aber die Zeit wurde versäumt. Heute. glaube ich, dürfte es kaum mehr bezweifelt werden. daB Maler wie Rouault, Kakoschka, Barlach oder Klee zu den wesentlichen Repräsen- tanten der Malerei unserer Zeit gehören. Was wir daraus für heute lernen müssen. ist die Notwendigkeit einer wirklichen Aufgeschlossen- heit gegenüber den schöpferischen Kröften. Dies darfaber nicht zu Konjunkturmeierei und Charak- terlosigkeit führen. Eine solche Aufgeschlossenheit erfordert im Gegenteil viel Charakter, Bescheiden- heit und Einfühlungsvermögen. Für den Anspruch gewisser Gruppen aber. datt es in der modernen Malerei und Bildhauerei eine fortschreitende, konsequente Entwicklung gibt. finden sich. glaube ich. nicht genügend An- haltspunkte. Der Anspruch der Tachisten z. B.. daß sie die bis heute späteste und deshalb auch höchste Phase in der Entwicklung der Malerei repräsentieren, scheint mir durch nichts begründet. Vielmehr finde ich. daß sie nur eine von den Ausdrucks- formen unserer Kunst sind. Ich bin auch der Ansicht. daß das Lebensgefühl einer jeden Zeit verschieden ist und sich in ihrer Malerei ausdrückt. Aber warum eine Ausdrucksform. weil sie später ist. die um soviel höhere Entwicklung darstellen soll. sehe ich nicht ein. Denken wir nur an die reiche Mannigfaltigkeit in der Malerei nach dem ersten Weltkrieg, z. B. an die Arbeiten des frühen Max Ernst, deren starker Einfluß sich erst heute richtig fühlbar macht, und im Gegensatz zu ihm an Barlach.0der denken wir an Braque und im Gegensatz zu ihm an Nolde oder an Kokoschka und Paul Klee. Ich würde es nichtwagen. zu sagen, wer von diesen oder vielen anderen für mich .,der" repräsentative Ausdruck jener Zeit ist. Gerade die unerhört dramatische Vielfalt und der Reichtum kommt mir als ein Ausdruck der Zerrissenheit und Problematik unserer aufgewühlten Zeit vor. Das unerhört schnelle Kommen und Gehen der verschiedenen einander ablösenden Kunstrich- tungen der letzten Jahrzehnte wirft aber eine andere Frage auf, und zwar: Ist es möglich, daß die Probleme, Ziele und Bemühungen einer Generation innerhalb eines Menschenalters ungültig und belanglos werden - wenn es sich um wirkliche künstlerische und menschliche Ziel- setzungen und Leistungen handelt. Ich denke da an das Wollen z. B. der Expressionisten, an die Arbeiten des jungen Kokoschka oder Barlach oder Nolde. Wenn die Vision und der Wertmaß- stab eines Rouault oder Barlach oder all der anderen Männer nicht nur eine modisch bedingte Sensationslust war, sondern ein tiefernstes Suchen und oft auch Finden von dauernder Qualität, dann kann ein solches Lebenswerk nicht innerhalb eines Menschencilters zu einer Zeiterscheinung von rein kunsthistorischem lnteresse herabsinken. Entweder waren damals die Wertmaflstübe der Künstler und ihrer literarischen Verfechter falsch und die schöpferische Kraft zu schwach. um etwas Dauerhaftes zu schaffen, oder die nachfolgende Generation der Kunstkritiker ist nicht fähig oder gewillt, die dauernden Qualitäten der so kurz vorangegangenen Richtungen auch für heute noch als gültig und lebendig zu sehen und anzuer- kennen. Es ist sicher unmöglich, daß eine wirkliche Qualität innerhalb von zwei Dezennien voll- kommen überholt und bedeutungslos werden kann und zu rein historischem Interesse herab- sinkt. Die Frage der Dauerhaftigkeit ist eines der er- probtesten Hilfsmittel für die Erforschung von Qualitäten in der Kunst. Die Periode, auf die wir heute zurückblicken, mag schon groß genug sein, um in dieser Hinsicht gewisse Hinweise geben zu können. Ich glaube, es wäre deshalb in diesem Zusammenhang eine legitime Frage, inwieweit Bilder und Plastiken der verschiedenen modernen Kunstrichtungen der letzten Jahrzehnte uns heute noch etwas zu sagen haben, und zwar nicht von einem historischen Standpunkt aus, sondern als ein ursprüngliches Erleben. Ich glaube 1.3.. daß die Ausdrucksformen des Expressionismus für die sakrale Kunst noch bei weitem nicht erschöpft oder gar überwunden sind. Daß wir diese für die sakrale Kunst so wichtige Richtung hier nicht pflegen. wird damit begründet, doß wir eben keinen Rouault in Wien haben. Dies ist aber kein Einwand, da wir auch keinen Salvador Dali hier haben und auch keinen Max Ernst. Wir verwenden diese Namen nur als Bezeichnungen für Kunst- richtungen der Gegenwart. Die Richtungen selbst sind von diesen Männern vor Jahren durch ihre Arbeit begründet worden. Ein Rektorat soll keine einseitige Stellung beziehen in dem Kampf der Gemüter und den Auseinander- setzungen der verschiedenen Kunstrichtungen und Strömungen. Die bestmögliche Qualität zu suchen und zu fördern und sie von Mode zu unter- scheiden und vor der Mode zu beschützen, rnuß unser dauerndes Bemühen und unser Ziel sein, wie immer schwierig und mangelhaft dies in der Tat auch ausfallen mag. Es bleibt dies für uns eine Verpflichtung, solange wir arbeiten, ja solange wir leben. In all den Jahren intensiver und rückhaltloser Teilnahme an der Bew der modernen Kunst habe ich mich in m bescheidenen Rahmen um dieses Erkenne müht, und so erscheint es mir überaus va wenn man heute bereits ganz sicher seir daß die Arbeiten eines Kline die eines überholt haben. Ebenso unmöglich erscheint es mir, schon sagen zu wollen. ob diese oder jene von de schiedenen Richtungen der Malerei von hei die weitestentwickeite oder zeitgerechtes gelten hat. Ich sehe keinerlei Notwendigki solche Prophezeiungen. Jedes wesentliche werk hat sein Eigenleben und seine Ausstra und das ist in Wirklichkeit alles. was zählt. Es ist natürlich, daß ein überzeugter abst Maler einen Rouauit nicht wirklich schützen oder ein Expressionist wie der junge Kakc mit einem Abstrakten wie Braque selbst slandenerweise nichts anzufangen weiß. dies bei einem Maler verständlich ist e der Malerei ist ja sein Glaubensbekenntnis -, s: es doch auch Menschen geben, die die M und Bildhauerei lieben und trotzdem so außen stehen, daß sie verschiedene Richt verstehen und schützen können. Aber sogar den Malern hat es immer welche gegebe andere Richtungen. ia Gegensätze zu scl wußten, z. B. hat Toulouse-Lautrec Sisley Wl geliebt und Picasso den Henri Rousseau sozt überhaupt entdeckt. Es scheint mir dahel der vornehmsten und wichtigsten Aufgabe Akademie zu sein. die dauernde künstie und geistige Qualität zu suchen und sie zu fö wo immer die jeweilige Entscheidung mag. Dies wird sehr verständlich und klar. wen bedenken, wie vielfältig und weitgespanr Tätigkeitsbereich und der Aufgabenkrei: verschiedenen Meisterschulen der Akadern Es ist wohl sicher. daß z. B. ein großes Alt eine andere künstlerische Ausdrucksform geistige Haltung erfordert als ein Wandt einer Hotelhalle oder daß die graphisch: stratlon von Kafka eine andere Ausdruci finden mag als das Porträt eines großen 5 spielers. Diese Vielfalt kann Reichtum bedeuten uns nicht notwendigerweise Chaos und Willküi Sie bedeutet eine Herausforderung an l geistigen Kräfte, Wesentliches zu unterscl von Unwesentlichem A von Mode und JK Wie schwer rnir dies erscheint, habe ich früher gesagt. Aber denken wir zur Ermu und Bestärkung an Walter Gropius - er ist einer der einflußreichsten Kunsterzieher, Weimar. Dessau oder auf der Universi Harvard. Wie immer seine Schwächen sein i - und jeder von uns hat die seinen w. mar ihm sicher nicht vorwerfen, daß er charal ist. Und dennoch hielt Gropius es für richti mit seinen Grundsätzen vereinbar. Gegensät den Metaphysikerlohannes ltten und einen v schoftlich ausgerichteten Intellektuellen wieM Nagy - einen Lyriker wie Paul Klee und so kühlen Kopf wie Oskar Schlemmer - Feininger zu gleicher Zeit mit Kandinsky . rufen. Heute sind all diese Namen untrennbar rr Geschichte der modernen Kunst verbunde diesem unerhört offenen Weitblick und reichen Vielfalt als Erziehungsprogramm r ich meinen Rückblick schließen. Er soll Ul stärkung sein für die vor uns liegende Arbe