AUS DEM KUNSTLEBEN HERBERT BOECKL ZUM GEDÄCHTNIS Nur wer ihn naher kannte oder wem er sich im flüchtigen Augenblick einer menschlichen Begegnung ciufschlofi. wußte. wieviel Zartheit und Feinfuhlig- keit in seiner Seele waren. in dieser mächtigen überlebensgroßen Erschei- nung steckten. Zuerst sah man nur den Feueratem, die Leidenschaft seiner frühen und mittleren Bilder. ihre schein- bare Gewaltsamkeit. die in einem un- aufhörlichen Ringen dem Genius ab- getrotzt wurden. erst später kam man auch dazu. hinter den manchmal fast brutalen Spachtel- und Pinselzügen sein teinnerviges. ja lyrisches Temperament selbst dieser Epochen seines Werkes zu spüren. dessen Wahrhaftigkeit immer unmittelbar ergriff und überzeugte. Diese Wahrhaftigkeit war von Jener Art, wie sie nur wahrer und großer Kunst zu eigen ist. kompromißlos und unbedingt. nur der menschlichen und künstlerischen Erkenntnis gehorchend. die Dinge setzend und bauend. in einer Verwandlung die Natur durch den Geist und die Seele gestaltend. Die Ausschließlichkeil der Malerei. der Kunst, hatte mit einer reinen Flamme sein Wesen bis in die geheimsten Fasern ergriffen, und seine ahnungsvolle Liebe galt ihren Großen. In Bildern und Gleichnissen ihn von ihnen sprechen zu hören. war immer seltsam bewegend. Hier sprach einer. der um ihre Ge- heimnisse wußte. der in sie einge- drungen war. ihre Leiden und ihre Triumphe kannte. Er gehörte ihnen mit heftiger Liebe an und wufite ebenso hettig zu verneinen. was nicht ihren Maßstäben entsprach. Darum turchteten und liebten ihn nicht nur seine Schüler. die seine Ansprüche an sich und andere ahnten. Er hat diesem Anspruch bis zum letzten genügt. Nicht umsonst reiste er noch im Herbst seines Lebens nach Spanien. Griechen- land und Ägypten. suchte die Orte auf. an denen wesentliche Entscheidungen für die abendländische Kultur gefallen waren. Es bedeutete ihm mehr und rnehnjenenvielschichtigen Bedingungen nachzugehen. aus denen Europa und auch Österreich wurde, das er wie seinen Glauben mit tiefer Inbrunst liebte. In seinem großen Lebenswerk. das er uns nun als Beispiel und Verpflichtung hinterlätlt. hat er der Malerei Gültiges und Neues gegeben. Am 3. Juni 1884 in Klagenfurt geboren. bildete er. der zuerst Architekturstudent war, sich als Autodidakt in der Malerei aus und trat bereits um W10 mit Ölbildern. Zeichnungen und Aquarellen hervor. die Neues und Revolutionäres bedeuteten. Mit traumwandlerischer Sicherheit stand er mit ihnen gleichzeitig in einer weiteren Tradition als der österreichi- schen und mitten im aktuellen Kunst- geschehen seiner Zeit. Der nüchterne und doch leidenschaftliche. weil be- seelte Expressionismus dieser Frühzeit steht der ersten Epoche Cezannes näher als dem Fauvismus und dem deutschen Expressionismus. von dem ihn seine Tektonik und das erstrebte Mal] unterscheidet. Schon damals setzte er Meisterwerke. die zum großen Klang europäischer Malerei gehören. In einem erneuten Ansatz vertiefte er der Natur gegenüber sein Verhältnis zur Wirk- lichkeit. der immer seine zärtliche und leidenschaftliche Liebe galt. Damit tauchen auch die ersten sakralen Themen auf. für die der große Flügel- altar. der endlich seinen Platz in einer Kirche gefunden hat. zum Prüfstein wurde. Aus ihm entstand dann die neue. endgültige Befreiung in einem erneuten Ringen mit der Natur. die einen entschiedenen und bewußteren Anschluß an die zeitgenössische Malerei brachte. Er gipfelte in dem großartigen Freskenwerk von Seckau. das in seinem tiefgründigen und symbolischen Hymnus von Farbe und Form. in seinen gewuß- ten Beziehungen wohl das bedeutendste Guvre moderner religiöser Malerei h 'l darstellt. In ihm wurden die vormals noch latenten Verknüpfungen mit dem Barock abgelöst durch solche zur Gatik seiner Heimat, zu deren internationalem Stil. ihrer metaphysischen Leichtigkeit und Poesie. Aquarelle entstanden. die letztes Destillat malerischer Weisheit darstellen. Durch seine Liebe und Suche nach Klassik.die erin seinen größten Werken verwirklichte. baute Herbert Boeckl das Europäische wieder in die österr reichische Kunst als absolutes Mai} ein und schufsa eine Verbindung. die lange zerbrochen Seine kraftvollen Synthesen gaben ihr neue Möglichkeiten und Ansatzpunkte. geben eine Platlr form. auf der sich die Jugend erst bewähren muß. Die österreichische Kunst hat durch seinen Tod. dem langesLeiden vorangingeinenschmerz- lichen und unersetzlichen Verlust cr- fahren. Sein Werk wird dauern und dauernd wachsen und strahlen (Abb. 1). war. Claus Pack Die Wiener und ihre Museen Das Bundesministerium fur Unterricht gib bekannt. d in den inrn unterstehendei Staatlichen Kunstsammlungen und Museei in den Monatcn Dezember 1965 45.856 um Jariner l966 58 402 Besucher gezählt wurden Die Gesamtzahl der Besucher im Jahri l965 betriiq l.OlSZl3 t Herbert Boeckl rnit dem ttGltEPlSCttPT unieri-ictiisrriinisis-r. dem Qsierreictiiscner Botschafter und den Herren des Biennole komitccs nni Erdffrtungstag der XXXll ElQrlttalO in Venedig t9s4 vor sc ner Bildern lPt Osterrcichpavillon NOLDE-AUSSTELLUNG IM MUSEUM DES 20. JAHRHUNDERTS "Ungemalte Bilder" der Kriegsiahre als künstlerischer Höhepunkt: guter Besuch Was Werner Hafmann im Katalog- vorwort reichlich zurückhaltend als nwechselvalle Geschichte" der ersten großen Nolde-Ausstellung in Österreich bezeichnete. ist in Wahrheit ein be- trübliches Beispiel dafür. welche Eng- pässe wichtige kulturelle Vorhaben hierzulande zu überwinden haben. ehe sie - falls es glücklicherweise überhaupt dazu kommt 7 verwirklicht werden können. Direktor Walter Kasten hatte bereits vor gut fünf Jahren die Absicht. eine repräsentative Nolde-Ausstellung nach Linz zu bringen. Da jedoch der wich- tigste Leihgeber. die Stiftung Ada und Emil Nolde in Seebüll. damals wegen anderer Verpflichtungen nicht in der Lage war, Sammlungsbestände für Linz freizustellen. mußte das Projekt zunächst zurückgestellt werden. Als Wiens Museum des 20. Jahrhunderts nach jahrzehntelangen Geburtswehen vor nunmehr dreieinhalb Jahren end- lich eröffnet wurde. lud Walter Kasten seinen Wiener Kollegen Dr. Hofmann 48 zur Mitarbeit und Mitbeteiligung an der Ausstellung ein. Waren es anfangs Schwierigkeiten technischer Natur. die einer raschen Realisation entgegen- standen. so folgten nun Finanzielle Be- schneidungen. die schließlich dazu führten. daß der Linzer Partner und eigentliche Initiator infolge zu hoher Anteilskosten für Transport und Ver- sicherung von dem gemeinsamen Un- ternehmen Abstand nehmen mußte. Doch nicht nur die tinanzschwüchere oberösterreichische Landeshauptstadt, sondern auch Wien selbst wäre beinahe um den Genuß dieser großartigen Schau gekommen. hätte nicht die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland mit einem Zuschuß von 20000 DM (die gleiche Summe wurde auch als Sub- vention vam Bundesministerium für Unterricht gewährt) generös geholfen. Die Ausstellung. die mit einer der be- deutendsten Persönlichkeiten des deut- schen Expressionismus bekanntmachte. trug wesentlich dazu bei. den chroni- schen Nachholbedarf an moderner Kunst zu decken. der bei uns noch immer besteht. Der Künstler (sein bürgerlicher Name lautet Emil Hansen) wurde am 7. Au- gust in Nolde, einem kleinen Dorf unweit der dänisch-deutschen Grenze. geboren. Seine 7 leider nur allzuoft simplifizierend und tendenziös gedeu- tete - Heimat- und Naturliebe war der Beweggrund. weshalb Hansen seit dem Jahr 1900 seine Bilder ausschließ- lich mit Nolde signierte und somit den Namen seines Geburtsortes zu seinem eigenen machte. Von 1884 bis 1888 war Nalde Schüler einer Schnitzschule in Flensburg. bald darauf reiste er nach München und Berlin, später nach Paris und Kopen- hagen. 1906 wurde er Mitglied der "Brücke". der neben dem ..Bluuen Reiter" bedeutendsten deutschen Künst- lergemeinschaft dieses Jahrhunderts. Ein wichtiges Datum in Noldes auf- schlußreicher Biographie stellt schließ- lich das Jahr 1927 dar. in dem - nach eigenen Plänen des Künstlers ä mit dem Bau des weithin bekannten Nolde- Museums. des Hauses in Seebüll. be- gonnen wurde. Während acht Monaten sind dort Noldes Hauptwerke und das Gros seines graphischen Guvres der Öffentlichkeit zugänglich. Der nachhaltige Eindruck. den die Wiener Ausstellung hinterließ. lag gleichermaßen in ihrem Umfang wie in der Qualität und Beschaffenheit der Auswahl begründet. Unter den 64 Öl- FmH Nokin Im Numxv 1911 [m11 Nohiu. Tropxwsuwre, 19H (Abb Z. 3 aus der AussheUwng Erw! Nohie mw Ahwscunw dßs Z0 in 1 Wr-dcds. Vheü