Ernst Köller DIE KÜNSTLER ÖSTERREICHS UND DIE WELT Eryvbrlissc der Ansxrcllung "Öslvrrv 1908-1938", Graz, Künsllcrlxnnmjärz ixrlrv Mulvrvi V- Frbcv 1966. 1 Albin Egger-Lienz, Am Kulvorienberg bei Boxen, 1922. o: auf Leinwand. 214x122 cm, m, r. 11.: Egger-Lienz. Wien. Ösverreichische Galerie Der einfachste Weg, den häufig zu hörenden Vor! wurf zu widerlegen. die Künstler Österreichs seien vornehmlich zwischen 1918 und 1938 uninformiert und unaktuell schon im Augenblick ihres Auftretens gewesen. ist die statistische Methode. Die Grazer Ausstellung stellte das Werk von 57 Künstlern aus zwei Generationen samt unmittelbaren Vorläufern und Nachzüglern zur Diskussion. Von diesen 57 Malern. die gewissermaßen einen „repräsentativen Querschnitt" durch die Gesamt- zahl der Schaffenden abgeben. haben 18 in Paris, 19 in München, 8 in Italien, je zwei in Stuttgart, Dresden. Berlin. Weimar und Budapest sowie je einer in Agram, England, Karlsruhe, Köln und Krakau studiert oder bei längeren Aufenthalten in den genannten Städten und Ländern entschei- dende Schaffensimpulse erhalten; es mag dabei auf die Tatsache hingewiesen sein. daß in der eben gegebenen Aufstellung die üblichen kurzen Studien- und Arbeitsreisen nicht berücksichtigt sind. Unsere Aufstellung beweist aber auch, daß eine erkleckliche Anzahl von Künstlern nicht bloß in einem ausländischen Zentrum, sondern an meh- reren Kunststütten außerhalb Österreichs studierte und somit die Gelegenheit wahrnahm, eine Viel- falt von Anregungen zu verarbeiten. Ausschließlich in Österreich im Sinne seiner heuti- gen geographischen Ausdehnung erfuhren ledig- lich 15 Künstler ihre Ausbildung, aber unter ihnen finden wir eine Reihe von Hauptmeistern. deren Strahlungskraft weit über die Grenzen des engeren Umkreises hinausreicht, Wir nennen die Namen: Hauser, Kiimt, Kokoschka, Laske, Moll und Schiele. Aber die meisten dieser Maler haben nach Ab- schluß ihrer formativen Periode die Länder Europas bereist und sich vornehmlich von der Kunst des Westens schöpferisch anregen lassen. Wie sehr Österreich sich dem Westen verbunden gefühlt hat, geht aus der Tatsache hervor, dciß nur ganz wenige Maler künstlerisch aus dem Osten kamen und daß auch diese sich „westlichen" Strömungen umschlossen. Immerhin gab es in unserer Ausstellung auch zehn Künstler. die nie in Österreich studiert haben. aber hier wirkten und wirken; unter ihnen finden wir so prominente Persönlichkeiten wie Egger- Lienz. Kubin und Wickenburg. Aber auch die Frage. wie viele Künstler aus Öster- reich längere Zeit im Ausland arbeiteten und wie viele Maler Österreich ganz an die Welt abgeben mußte. ist von hohem Interesse. Jean Egger war in Paris von 1925 bis 1932 als gefeierter Porträtist tätig, Albin Egger-Lienz be- kleidete vor dem ersten Weltkrieg eine Professur an der Weimarer Kunstschule. Gütersloh lebte und arbeitete von 1919 bis 1921 in München und von 1928 bis 1930 in Cagnes-sur-Mer: Felix Albrecht Harta, eine der Schlüsselfiguren des Expressionis- mus in Österreich, weilte nebst vielen kürzeren Frankreichaufenthalten 1926427 in Paris und ver- brachte künstlerisch außerordentlich intensive Schaffensjahre ab 1938 cils Emigrant in England. Während der gleichen Zeit war Carry Hauser. Hauptvertreter der „Zweiten expressionistischen Welle" in Österreich. in der Schweiz tätig. L. H. Jungnickel bekleidete 1911 eine Professur an der Kunstgewerbeschule in Frankfurt am Main und lebte von 1938 bis nach Ende des zweiten Welt- krieges in Abbazia. Kokoschkci war von 1917 bis 1924 Akademieprofessor in Dresden und bereiste bis 1931 alle Länder Europas sowie Vorderasien und Nordafrika. Anton Kolig wirkte von 1928 bis 1943 als Akademieprotessor in Stuttgart, Kubin begründete nach Abschluß seiner Münchner Studien 1909 die „Neue Künstlervereinigung", aus 27