Das Handwerk der Goldschmiede erfreut sich in der Slowakei einer alten und guten Tradition. Schon am Anfang des 14. jahr- hunderts trugen der Aufschwung des Ge- werbes und ein reges Marktleben zur Steigerung des bürgerlichen Wohlstandes bei. Dazu kam der Reichtum der slowa- kischen Bergwerke an Edelmetallen und die Prachtliebe der dort ansässigen Adeligen. Das Zusammentreffen dieser günstigen Be- dingungen brachte es mit sich, daß das Kunsthandwerk, insbesondere aber die Gold- schmiedekunst schon seit dem frühesten Mittelalter in Blüte stand. Einer der ersten Hinweise auf die Arbeiten der Gold- schmiede findet sich in der „Zipser Will- kür" aus dem Jahre 1370. Hier wird (las Verhältnis der Legierung von Silber und Kupfer geregelt und die Punzierung der fertigen Arbeiten angeordnet. Aber erst im 16. jahrhundert wird es allgemein üblich, Silbergegenstände mit Meister- und Be- schauzeichen zu versehen; Goldiuwelen blieben dagegen bis ins 19. Jahrhundert ohne Punzen. Daß sich das Goldschmiedehandwerk hohen Ansehens erfreute, bestätigen manche Ur- kunden, die über den Adelsstand der Gold- schmiede, über ihre Tätigkeit im Stadtrat und andere hervorragende Stellungen be- richten. Im Jahre 1331 bekam zum Bei- spiel Magister Petrus, Vizegespan der Zips und Goldschmied des Königs, als Beloh- nung für die Verfertigung eines Siegels das Gut Gemnik. Viele Goldschmiede, z. B. der Leutschauer D. Genersich (17. jh.) oder j. Szilassy (18.]h.), waren angesehene Patrizier. Die Goldschmiedekunst wurde an Herr- scherhöfen, in Klöstern und in den Zünften betrieben. Fast in allen größeren Orten der Slowakei sind Zünfte nachweisbar; vom 14. bis 19. jahrhundert werden insgesamt seehsunddreißig erwähnt. Zu den ältesten zählte die Kaschauer Goldschmiedezunft, die zur Zeit der Errichtung und Aus- stattung des dortigen Domes - um das Jahr 1376 N gegründet wurde. Die berühmtesten Goldschmiedeziinfte kon- zentrierten sich auf drei große Gebiete: den Raum der mittelslowakischen Berg- städte (Schemnitz - Banskä Stiavnica, Kremnitz - Kremnica und Neusohl - Banskä Bystrica),wo die reiche Edelmetall- schürfung und der Wohlstand der Bürger eine natürliche Basis für den Aufschwung dieses Handwerkes boten; der nordöstliche Teil des Landes mit seiner reichen kulturellen Vergangenheit und den verhältnismäßig ruhigen Entwicklungshe- dingungen, da diese Gebiete - die Zips mit Leutschau (Levoöa) an der Spitze und Kaschau (Kosice) 7 von den Türken- kriegen verschont blieben; Preßburg (Bratislava), das in der unmittel- baren Nähe Wiens nicht nur dem künstle- rischen EinHuß, sondern auch einer ernsten Konkurrenz ausgesetzt war. Leider fielen manche der schönsten Kunst- werke mittelalterlicher einheimischer Gold- schmiedekunst den Unruhen der Jahr- hunderte zum Opfer. Plünderungen der Tataren, Türkenkriege, religiöse Kämpfe, Feuersbrünste und wirtschaftliche Maß- nahmen bedeuteten das Ende manchen wert- vollen Kunstgutes. S0 befahl z. B. eine königliche Verordnung aus dem Jahre 1526, Gold- und Silbergegenstände einzuschmel- zen und zu Münzen zu verarbeiten, um die Lasten der Türkenkriege Finanzieren zu können. Im Jahre 1556 wurde Kaschau vom Feuer heimgesucht, und so verkaufte man alles Wertvolle, das nicht ein Opfer der Flammen geworden war, um die Not der leidenden Bevölkerung zu lindern. Einige Jahrzehnte später hat der aufstän- dische Fürst Emericus Thököly den Ka- schauer Domschatz beschlagnahmt, um daraus Münzen prägen zu lassen. Trotz dieser schweren Einbußen zeugt manches auf uns gekommene Kunstwerk a Tnubenpokal, Petxus w. Kccskclnd-lhy, 11. Jahrhundert, Kaschzu (Kulice) . W U? M10, I