durch vier Säulen, die zwei Bogenreihen tragen, Seitenschiffe abgeteilt sind und der eigentliche Eingangsraum quadratisch wird. Von hier führen einige Stufen in die Treppenhalle. Der durch die Treppe ein- genommene Raum ist entsprechend der Teilung der Vorhalle durch Säulen ab- gesteckt. Die Treppe setzt in der Mitte an, führt von einem mittleren Podest nach beiden Seiten zu wenig höheren Neben- podesten und von hier mit zwei Laufen in der Gegenrichtung des Mittellaufes auf das Geschoßpodest. Diese Treppe erhält ihren besonderen Reiz durch die beiden einge- schobenen Kurzläufe im Halbstuck und durch die Durchblicke durch die Bögen von den verschieden hoch liegenden Po- desten. Die Wölbung der Deckenfelder des die Treppe umgebenden Ganges mit Flach- kuppeln auf Pendentifs, die Bögen zwischen den einzelnen Jochen, ferner die Blatt- kapitelle der Pfeiler und Säulen bilden mit den Einzelformen der Treppe und des Geländers ein noch gut erhaltenes, einheit- liches Ensemble. Der Bau entstand, als die akademischen Architekten Eduard van der Nüll und August Siccard von Siccardsburg auf ihrem Höhepunkt standen. Das Arsenal war längst fertig 36, die Altlerchenfelder Kirche wurde 1861 geweiht 37, bei den Aufgaben der Stadterweiterung wirkten beide an führen- der Stelle mit39. Eine solche bedeutende Stellung verfehlte nicht ihre Wirkung auf diejenigen zeitgenössischen Kollegen, die, ohne Stilschöpfer zu sein, doch gute und tüchtige Meister ihres Faches waren. So kann man, ausstrahlend vom Kommandan- turgcbäude des Arsenals in den späten fünfziger und den frühen sechziger Jahren, in Wien häufig solche romantisietende Architektur antreffen; um nur wenige Beispiele zu nennen: das Haus Floriani- gasse 939, das Militär-Technische-Comitee am Getreidemarkt 940, das Haus Baben- bergerstraße 541 und am Rande auch noch der Kopfbau des ehemaligen Kaiserin- Elisabeth-(WesQBahnhofes41, wobei die letztgenannten schon stark mit Renaissance- Dekorationen durchsetzt sind. Es gab damals aber auch noch nicht die intellek- tuelle Gegnerschaft der Renaissance- Historiker, wie Eitelberger, Lützow, Vin- centi und Doderer, gegen jene stilsuchende Architektur, wie sie sich in Wien im Nach- märz, in München unter Gärtner und Maximilian II. und in Berlin durch Persius und Stüler entwickelt hatte und der eine romantische Haltung durchaus eigen ist. Dabei war die klassizistische, vnrmärzliche Akademieschulung von Nobile und Spren- ger nicht spurlos an Fellner vorüber- gegangen. Sie ist erkennbar in der streng symmetrischen Gliederung von Grund- und Aufriß, der Flächigkeit der Architektur, bei der die Fenster fast bündig mit der Wand sitzen, überhaupt in der Hochschätzung der verputzten Wandtläche als Architektur- teil. Der einzige Teil der Fassade, in wel- chem die Wandstruktur völlig zurücktritt, ist der Mittelrisalit; die aufgelöste Front- mitte erfährt so vor der dichten Wand- 22 struktur der Breitfront eine außerordent- liche Steigerung. Dieser Teil der Fassade scheint auch nicht ganz unabhängig zu sein vom Bank- und Börsengebäude, das Ferstel 1856-1860 in der Herrengasse erbaut hatte; besonders die schmale Front, die in die Herrengasse blickt, zeigt einen ähnlichen Aufbauß. Die klassizistischen Ansätze reichen aber auch bis in Details, wie bei der stereometrischen Überführung der quadratischen Sockel der Pfeilervor- lagen in die aufsteigende Oktogonform. Was aber an diesem und anderen Bauten Fellners überrascht, sind die Elemente eines Gärtnerstils. Hierzu zählen die breiten, oft extrem gestreckten Baukörper etwa der Irrenanstalt, des Abgeordnetenhauses, der Handelsakademie, aber auch die gewollte IndiHerenz der Richtungen: Vertikale und Horizontale heben sich gegeneinander auf und bewirken eine weitgehende Flächen- neutralität auch bei stärker reliefierter Wand. Giirtnerdetails sind aber auch die mehrmals anzutreffenden Gesimsleisten über Bogenfenstern und die Rilfelbänder. Eine ungewöhnliche Form ist auch der Versatz der Dachfirste, wie ihn Fellncr an den Pförtner- häusern des Irrenhauses geübt hat, und die oktogonalen Pfcilervorlagen linden sich in Gärtners Werk zwar nicht in München, sondern am Rathaus in Zittau (Sachsen) 44. Doch hat es wenig Wahrscheinlichkeit, daß ein solch abgelegener Bau in Wien bekannt War, es sei denn durch Bekanntschaft mit oder Schülerschaft bei Gärtner. Über die zeitweilig engen Beziehungen zwischen Wien und München, wobei besonders in der Baukunst lange Zeit München der gebende Teil war, ist im einzelnen wenig bekannt, doch ist es nicht schwer, sich München als das Ziel einer kürzeren Reise vorzustellen oder als Station einer Reise von oder nach Italien. Auch für Fellner ist nach 1837 ein Aufenthalt in München denkbar, bisher aber nicht nachgewiesen, sowenig wie eine immerhin mögliche Italienreise 45. Was den nüchternen Zweckbau der Handels- akademie so qualitätvoll erscheinen läßt, ist die Bescheidenheit der Formensprache bei solider Durchführung im Handwerklichen. Dabei fehlt es nicht an idealistischer Ge- sinnung, an Stilwillen, denn bei aller Betonung des Praktischen hat Fellner sich doch über das Neueste auf seinem Fach- gebiet stets auf dem laufenden gehalten. S0 muß er neben Försters Allgemeiner Bauzeitung auch die Berliner „Zeitschrift für Bauwesen" und später auch die „Deut- sche Bauzeitung" gelesen haben". Auch hat sich Fellner literarisch versucht in einer Erwiderung auf eine Schrift von Ferstel und Eitelberger 47. Diese Schrift verrät, wie sehr Fellner ein Mann solider Praxis war, der noch stark mit dem Handwerklichen verbunden war. S0 gehört der ältere Fcllner noch zu jenen Alt-Wiener Architekten, die in der ersten Zeit der Ringstraßenbebauung und abseits von den öffentlichen, ärarischen Baustellen für eine solide, formal anständige Bebauung SOtgtCn. ANMERKUNGEN 36 - 47 1a n u n an 41 42 u u 4.x 4a u Schlußstcinlcgung am B.Mai 1856, 5.11. A.Srrubl, Das k.k. Waßcnmuseum im Arsenal, 1961, S. 35. Franz Rieger, Die Alderchenfelder Kirche, cin Meister- werk der bildcndm Kunst. Wien 1911. k. v. Eizelbcrger. Ed. v. d. Nüll und Aug. vßiccnrdsburg. ' Zeirschr. 1'. bildende Kunst, 4., 19169, b 1771", u. 2141.: c preisgekrönten Eurwurfe zur Erweiterung dcr uncrcn Süd! Wim, 1859, von demselben. Erbaut 1352153 durch Franz Auennann. k.k, Stadtbau- meistcr; Bauherr war Jos. Michael lfwcnlhal. Erhzut 1862164 durch die Geniedirckrinn, Erbaut 1864165 durch Philipp Thciß (E), llürgerl. Stadi- baumeisler; Bauherr war die Priv. Staatsbahn . Erbaut ISSBISO nach Plänen von Morirz Löhr. Als Teilnehmer an dem Konkurs Pur das Dnnk- und Börscngcbäude in der Herrengassc halle Fcllncr sich auch zweifellos srhr intensiv mit den Verschiedenen Konkur- reuzprojckmn befaßt; Fellner erhielt krinrn der l'un! Preise (Deutsches Kunstblatr, 6, 1855, S. 407). zu Friedrich v. Gärtner s. Klnux Eggen. Die Hauptwerk: F. v. G" 1963, Das Rathaus in Zillau wurde nach Plänen Gärtners 183571345 durch Carl August Schrnmm erbaur. s. 3.: W. Magrilz. Au: dem SchaRbn und Wirken Pro- fessor C. A. Schramms. in: Deutsche Architektur 6. 1957, (10). 589. Ä. V. Wurrn-Amkreuz, n. a. (7., S. 9. schrcibt: , zur Ergänzung seiner Ausbildung große mm nummm hau: " HßiTminn, 1a. 0., S. 39 und Killer. Wie soll Wien bauen. Zur ßdcuchruxig das liehen Wohnhauses" der Herren Prof. R. vun lznclbcrgcr und Archirekr Heinr. Ferne], mit cinigcn Bemcrknn n über Wiener Baugrselze von Ferdinand Fclhrcr, Archi- n-kt. Wien 1860.