15 17 Begegnung der inneren Verwandtschaft der modernen dinghaften Ausdruckskunst mit dem österreichischen Barock und einer unterbewußt wirkenden. ererbten Vorstellungswelt des Künstlers stellen seine graphischen Blätter der heimischen Barockarchitekturen unter Beweis, so der "Kaiser- trakt des Stiftes Klosterneuburg". 1924, Kreide. Historisches Museum der Stadt Wien. und die völlig ungewohnt gewählte Teilansicht der "Karls- kirche in Wien", 1930, Tusche, Feder und Pinsel. Die Altersgraphik des nun bereits 73jöhrigen Künstlers begnügt sich mit rhythmisch kühn aus- schwingenden Linien, die, als noch immer dem Naturbild verwandte Abstraktion. Menschenbild und Bewegung festhalten oder die in starrer Architektonik. in Wechselspiel von Helligkeit und Schwarz, das ehemalige, kubennahe Erleben zu einer Hieraglyphe des Vergönglichen verdichten. Als Maler erreichte Georg Pevetz in den zwanziger Jahren einen bedeutenden expressiven Kalorismus, der in seiner Unbündigkeit an die "Fauves" er- innert. Er malte blendende Porträts in systematisch durchgeführten Hell-Dunkel-Proportionen, model- lierte plastisch die Formen und gestaltete van innen her den darzustellenden Kopf in seiner charakteristischen Lichterscheinung. Das Porträt, "Der Kopf eines alten Mannes", 1922, ist im Besitz der Österreichischen Galerie. Noch bedeutender ist seine lebensgroße, moderne Komposition ..Toter Sebastian", die 1927 geschaffen wurde und die neben der ebenfalls expressiv koloristischen "Kreuzigung", 1928 - sie wurde leider im Welt- krieg vernichtet - einen Höhepunkt in der Mal- kunst von Georg Pevetz darstellt. Farbentrunkene Landschaften und Stilleben beschließen das glück- hafte Jahrzehnt. Dann kamen Jahre der Not und Wirren und der Zweite Weltkrieg. Pevetz hat trotzdem in diesen dunklen Jahren viel gearbeitet. Damals kannte eine stilistische Lösung der Problematik einem der dinghaften Menschen- und Naturgestaltung verpflichteten Maler und Graphiker nicht gelingen. Die Zeit des geistigen Umbruchs war da. Eine Lösung wäre auch für Georg Pevetz nur im Rahmen einer im weitesten Sinne nicht angewandten. freien Kunst möglich gewesen. vielleicht im Schaf- fensfeld einer dinglosen Abstraktion. in dem zum Teil die Freunde seiner Pariser Zeit ihre geistige Erfüllung gefunden haben. Als Reserveoffizier zeichnete Georg Pevetz in nie unterbrochener Besessenheit auf losen Blättchen und Postkarten mit Blei, Feder und Buntstift Szenen des Kriegsalltages. Hundert dieser optischen Tagebuchblütter füllen die Mappen des Künst- lers. Um die fünfziger Jahre durchpulste wieder ein Kraftstrom den alternden Maler. Er erarbeitete seinen Alterssttl, Wieder dinghaft. aufbauend auf barocken Elementen, überschattet von der Technik seiner sakralen Kirchenfenster und bedingt vom Nachklang des starken kubistischen Erlebens der Pariser Zeit, malte nun Georg Pevetz große Bildkompositionen. in denen Mensch und Natur in die Struktur einer planimetrisch angeordneten Sphürik eingebettet wurden. Die früheren reinen und grellen Farben sind nun gedämpft und sorg- fältig gegeneinander abgewogen. Ziel des Strebens ist eine nahe an das Ornament gerückte Linien- sprache. Das wesentlichste Gemälde dieses Alters- stils ist die lebensgroße Komposition "Frauen im Bade". Wäre diese Stilvariante um ein Vierteljahrhundert früher in Erscheinung getreten. vielleicht hätte Europa darüber diskutiert. 43