dieser bedeutungsvollen Anerkennung spiel- te der monumentale Wladislaw-Thronsaal (Abb. 4), dessen scheinbar unlösbare technische Probleme die Souveränität des schalfenden Gedankens meisterte, eine ge- wisse Protagonistenrtille. So verflechten sich bei ihm nicht nur das Alte harmonisch mit dem Neuen 7 das Gotische mit dem Renaissancehaften -, sondern es wurde buchstäblich ein neues achitekto- nisches Phänomen gebildet. In der Lite- ratur wurde es schon angedeutet (Fehr), daß die Schleifensterngewölbe Rieds in der Sn-Barbara-Kirche zu Kuttenberg (Abb. 8) ein widerspiegeln der Gedanken- strömungen des zeitgenössischen Huma- nismus sein könnten. Noch mehr kann man solche Ideen in der Gestaltung des Gewölbes im Wladislaxia-Saal (Abb. 7) erkennen, wo die dynamischen Kurven der Bogenrippen die Vorstellung der Himmelskörperbewegungen im Weltall wahrhaftig hervorrufen, die die künstle- rische Vorankündigung dessen wären, was ein halbes Jahrhundert später Kopernikus Wissenschaftlich formulierte. Damit hängt auch das Vorkommen der relativ reinen Renaissanceformensprache zusammen (am Prager Palast, Abb. 3, besonders in seinem Thronsaal), die die Beziehungen mit der Residenz 4 mit ihrem ganzen humanisti- schen Milieu 4 zu Ofen, die im Jahre 1490 Wladislaws Erbe geworden ist, vermittelt. Das Vorhandensein dieser Ideen überrascht eigentlich nicht. Ofen hörte nicht auf, auch unter Wladislaw der Sitz der weisen Hof- humanisten der Gesellschaft „Sodalitas Danubiana" zu sein, in deren Zentrum man Belehrung finden konnte und von wo manche Inspiration ausgegangen ist. VUladi- slaws Prager Hofarchitekt schöpfte hier sein Erkennen der Gestaltungsgrundsätze des fortgeschrittenen italienischen Quattrocento (wir erwähnen hier namentlich den Wir- kungskreis von Luciano da Laurana, be- sonders sein Schloß in Urbino für Fedetigru da Montefeltre). Bis jetzt wurde der Um- stand nicht in Betracht gezogen, daß sich die Hauptetappc der Bautätigkeit in Prag eben in der Zeit verwirklichte, als Wladi- slaw für ständig nach Ungarn zog, von wo aus er mit überraschender Zielbewtißt- heit die Prager Burg zu einem Staatssymbol ausbauen ließ. Als Schlüssel zu der bisher verschlossenen Welt der zumeist verborgenen Herrscher- wünsche dienen die Wandmalereien der SL-Wenzels-Kapelle in der Prager Burg- kathedrale (Abb. 5). Erstaunlich ist, daß sie bis heute mit der Persönlichkeit des Königs als Auftraggeber noch nicht in Vcr- bindung gebracht wurden. Die Malereien in dem sakralen Raum von höchster natio- nalcr Bedeutung (die Kapelle befindet sich über der Grabstelle des Landespatrons, des heiligen Vifenzel) waren, außer dem oben er- wähnten hervorragenden Spyss-Oratorium, offensichtlich ein weiteres Glied in der Verwirklichung der imposanten Königs- pläne, die die SL-Veits-Kathcdralc betrafen und die der Aufbau des Langhauses krönen sollte. Der ausgedehnte Zyklus mit etwa dreißig Szenen aus dem Thema der Wen- zels-Legcndc, einschließlich der die ganze Westwand einnehmendcn Szene von der Ankunft des Fürsten Wenzel auf dem Regensburger Reichstag, deren Pendant die überlebensgroßen Gestalten Wladislaws mit h Anomm. gr-ii. Meister des Leitmeritzer Alm. mit SCiHCT w um, Wandmalerei m der SL-Wenzels- Kilptlle tIUY I rager Bllrgkalhedrillt, Arikurirr des Fürsten Wenzel im lkcgemburger Reichstag, Ausschnitt mit Heinrich llCH! Finken V01" 1509 Königin Anna de Foix-Candalle vorstellen, bedeutet ein Dokument, in dem man lesen kann. Es spricht außerdem von dem Be- streben des scheinbar ganz aprogrammati- schen Herrschers, sich mit dem großen Vorbild Kaiser Karl IV. ausgleichen zu wollen, mit dem er sogar blutsverwandt war. („Unser Ahn und Urgroßvater Karl" kann man in den zeitgenössischen Urkun- den lesen.) i Für ein Mitglied der katholi- schen Dynastie der Jagellonen, das von einem fremden Hofe nach Prag kam, lag es nahe, bei diesem großen böhmischen Herr- scher von europäischem Rang eine Stütze zu suchen. Beweist diesen Umstand nicht viel- 7