Es ist kein Zufall, daß er zu diesem Lehrer ge- funden hat. Von humanem Denken beherrscht. mußte er sich am meisten von jenem Meister ange- zogen fühlen. der mit seinem Leben und seinem ganzen Werk Zeugnis für den Menschen in seiner Bedingtheit und in seiner Freiheit ablegte, der einer ganzen Generation junger österreichischer Bildhauer ein leitender Begleiter und. sei es wie immer, selbst noch antipodisch, Wegweiserwurde. Avramidis fand nun bald seinen ihm gemäßen Kanon. Zuerst vor allem in der Erfassung des menschlichen Kopfes. Der formelhaften Zeichen- setzung der lkone verwandt. wird der Kontur immer klarer, und nur mit wenigen Variationen wird das einmal gefundene Ideal in Richtung Geschlossenheit weiterentwickelt. Hier und in der großen Figur erreicht der Künstler ein Maximum an konstruktiver Bewältigung. Bei den Aufrecht- stehenden 7 Erinnerung an die allein ihr So-Sein prüsentierenden Koren 7 werden gleichsam alle Gliedmaßen in ein dichtes Koordinatengeflecht gespannt und zu einer leichtgeschwungenen harmonischen Einheit gebracht, in der die Form zur primären Aussage wird. Konstruktive Be- wältigung. haben wir gesagt: Ordnungseinheit, System. hätten wir es auch nennen können. Erbe freier Eigenständigkeit. ionische Sonderentwick- lung. Für diese Figuren hat sich Avramidis in einer Art SelbstdisziplinierungsehrbaldeineneigenenSkelett- bau erdacht. Nach einer Werkzeichnung 1:1 fertigt er etwa zwei Millimeter starke Metall- schablonen an, die er vertikal. jeweils in einem entsprechenden Winkel zur Löngsachse versetzt, als Kern seiner Plastiken montiert. Eine große Anzahl horizontaler. in gewissen Abständen geschichteter, ebenso starker Metallscheiben, die durch ihre Durchmesser die Aus- und Einbuchtun- gen des Körpers begrenzen. geben dem Skelett seine variable Modulation. Zwischen diesen sich selbst gesetzten Konstanten füllt nun der Künstler das Material, Gips oder Kunstharz, ein Gemisch mit Marmor oder Bronze. Die Hochkanten der bis an die Oberfläche der Plastik reichenden Skelette geben durch die optischen Unterbrechun- gen dem glattpolierten Körper einen durchaus mit den anatomischen Gegebenheiten schwingenden Rhythmus, der aus einem angeschlagenem Thema immer von neuem entwickelt wird. So etwa aus den fließenden Profilen die symmetrischen Formen, aus abgesetzten Profilen konvexeGruppen- gestaltungen. Bei einer „Absoluten Figur" wird durch eine Verengung der Abstände der hori- zontalen Skelettscheiben mit einer gleichzeitigen Auswötbung der dazwischenliegenden Felder eine weitere Steigerung erzielt. Es ergibt sich daraus eine wie aus unzähligen ineinandergeschobenen Kugeln geformte Figur. Wir finden auch den reinen Rumpttorso. Er ist von besonderer Aus- geglichenheit und nicht mehr zu Oberbietender Koinzidenz von Form und Idee. In all diesen Formen spüren wir einen Zug zum Vollkommenen (welcher Körper wäre voll- kommener als eine Kugel ?), der Avramidis seltsam mit den großen Vorfahren im Manierismus ver- bindet. einem Manierismus, von dessen Schöpfer Würtenberger u. a. sagt: "Der manierisiische Künstler sucht sein Heil in einer ganz anderen Sphäre als in der Natur, er wandte sich höheren Mächten zu. Er glaubte an die innere Vorstellung. cin das ,disegno interno'. an die forma spirituale', an die ldea." Es ist klar. daß bei einer exakten Durchführung seines Frogrammes Avramidis nur feine Variations- möglichkeiten offen gelassen werden. Wir sehen schon eine ähnliche Erscheinung bei der geschicht- lichen lkonenmalerei. Auch dort gibt es, ist der Formenkanon "Nikolaus" oder „Koimesis" er- reicht, nur sehr wenige augenfällige Unterschiede in der Behandlung des Themas. Kommt es jedoch auf das Augenföllige an? 4D z JDdrtnlS Avramidis, Kopf, 1959. Kunstharz wir Alu- miniumkonstruktion. H. 33 cm 3 JOGHHlS Avramidis, Torso I. 1961. Bronze. H. 10 (m 4 Joannis Avramidis. Links im Bild Figur lll. 1963. Gips auf Alumiriiumkcnstrukliürii H. 190 cm. wie Sockel. Rechts im Bild FÜftfrlgUPengPUDDQ, 19a. Gips auf Aluminiumkonslruktion. H. 153 crn. ohne Sockel