Straßenrand." Als schließlich der Wiener Goethe-Verein Camillo Sitte zu einem Vortrag über die Platzfrage einlud, be- zeichnete dieser das ganze Beginnen aus grundsätzlichen Erwägungen als verfehlt und gebrauchte folgende Argumente: Es erweisen sich die „neu angelegten Riesen- plätze der Reihe nach (für Monumente) als untauglich". Die Alten schufen ge- schlossene kleine Plätze ohne sichtbare Straßeneinmündungen. Nunmehr legte man aber die Plätze an die breite Ringstraße, „damit gleich von vornherein jede Platz- wirkung ausgeschlossen ist". „Die Alten liebten kleine Plätze, die sie durch eine Fülle von Statuen, Monumenten aller Art, wie Hauptsäle von Wohnhäusern schmück- ten, wir dagegen . . . glauben, für jeden Gefeierten auch einen eigenen, besonderen Platz allein haben zu müssen". So kommt er zu dem Schluß, „daß in Wien gerade die neuen Riesenplätze beim Rathaus, bei der Votivkirche usw. in ihrem jetzigen Zustand für Monumentalaufstellung un- tauglich sind"12. Diese Argumentation übersah, daß dem Reprasentationsbedürfnis eines im liberalen Zeitalter mündig gewordenen Bürgertums eben gerade der auslagenartig wie eine Bühne an der Straße liegende Platz zusagen mußte. Mit dem Untergang dieses Zeit- alters, nach der Jahrhundertwende, beein- druckte freilich Sittes Beweisführung so sehr, daß der Rathausplatz (auch die Figuren der ehemaligen Elisabethbrücke projektiertc man vorerst für den Arkadenhof des Rat- hauses), ebenso wie der Platz vor der Votivkirche, die längste Zeit überhaupt frei von Monumenten blieb, während die übri- gen Denkmäler dieses Bereichs auf den umliegenden kleineren Plätzen zur Auf- stellung kamen (Liebenberg, Grillparzer, Anzengruber usw.). Noch 1917 erörterte man in einem „Wettbewerb zur Denkmal- aufstellung" diese Probleme 13. Um so mehr bevorzugte man das Denkmal als Bau- plastik. Diese dritte Lösung für die Denkmalauf- stellung ist, wie nach der Verbauung des Paradeplatzes am Rathausplatz beobachtet werden kann, zwar eine der glücklichsten für die bürgerlichen Denkmäler, zugleich aber auch die leichteste, weil es eben um das rein Dekorative, um das Arrangement geht, worin diese historisierende Epoche in ihrem großzügigen Eklektizismus zwei- fellos Talent hatte. Selbst wenn man von den Figurengruppen an der Parlaments- auffahrt absieht, wirken z. B. auch die zahlreichen Denkmäler des Arkadenhofes der Universität noch organisch und be- lebend in ihrer Umgebung. Die Platz- gestaltung selbst hat hier freilich etwas versagt. Die 8 Figuren der Elisabethbrücke wurden noch mit einigem Geschick hier- her versetzt und als Rathausauffahrt ver- wendet, die übrigen später placierten Mo- numente wiederholen nur mehr die Lösung der Aufstellung in einem Park, von dem Otto Wagner sagte, es sei dort „gelungen, einen der größten Plätze durch eine alberne Nllhhf 1m Nunul-nllulnu 4.. Huunn m. mm} mmwu v xx HQDJH 1m nuMu Im-wmnluu u 1 mß mm Xlununu mnh unynducnd; Au (clluxp An wmw. ulnrlvUßukluJl- "n 1x .n,...,v-...L hh n h-llvnkuhll w! um . . . dm n Änlkwlhl 4 um um. xxmm. Juulllhklli]! ulv 1.'cx-(l'YJx'lVx' Jun- ANMERKUNGEN 10 - 15 l" ÄSIW,C B r 3315311873, in dicwmFrxszikel : CSe 29806178. " Neuigkeitsweltblatt vom 17. 4. 1903. I1 Alle Angaben über das Goethe-Denkmal sind in der "Chronik des Wiener Gocrhevereins", Jahrgang 1-4, 6 und 8 enthalten. Gartenanlage jeder künstlerischen Wlirkung zu berauben". Gedenken wir bei dieser Gelegenheit auch noch der Denkmäler der großen Volks- parteien, denen an dieser Stelle - nahe Parlament und Rathaus i ein Platz ein- geräumt wurde, nachdem schon in der Monarchie durch die Denkmäler Cochs und Luegers der Platz als Poljtikum verwendet worden war. Insbesondere bei Coch zeigt die Verlegung des ursprünglich gewünsch- ten Aufstellungsortes im Postsparkassen- gebäude auf den Platz davor und dessen demonstrative Umbenennung in Georg Coch-Platz durch den christlichsozialen Gemeinderat deutlich die neue Tendenz 14. Hatten schon bei der Ausschreibung für das Lueger-Denkmal die meisten Künstler ursprünglich mit einer „monumentalen" Aufstellung vor dem Rathaus zu rechnen 15, so bleibt dieser Zug zur politischen De- monstration auch weiterhin erkennbar, so etwa in der für die Zweite Republik dann U Plan und Schriften. Kummer der Stadt Wien. EZ. 18576. H ASIW. kltinß Bvstindc. Schachtel 33-6. Mappe 16. w Ebda. Mappe 17, Genauere Angaben Zu diesen und den anderen Denkmälern werden in einem Buch des gleichen Verfassers enthalten sein, das 19m im Verlag für Jugend und Volk nnvcr dem Titel „Denkmäler der Wiener Ring- straße" erscheint kennzeichnenden Gegenüberstellung der Denkmäler sozialistischer Politiker (Seitz, Körner, Rcnncr) und der auf der anderen Seite der Ringstraße konkurrierenden Auf- stellung eines Exponcntcn der Volkspartei (Raab 4 auch an die politisch viel disku- tierte Aufstellung der Kopie des alten Franz-josephs-Denkmals der Breitenseer Kaserne ist zu erinnern). Formal sucht man Anlehnung an die dynastischen Aufstela lungsformcn auf Plätzen (Coch, Lueger), oder an die spätbürgerlichen Formen der Verbindung von Denkmal und Bank (Seitz, Körner). Erst später versucht man, sich zu anderen Formen durchzuringen, etwa im Fall des Renner-Denkmals oder der Ein- passung in das - leider letzte komplett erhaltene - Parkgittcr der Ringstraße am Volksgarten (Raab), zwei Lösungen, die Diskussionen ausgelöst haben. Die vor- stehenden Ausführungen zeigen freilich, daß derartige Kontroversen über die Plätze für die Denkmäler der Wiener Ringstraße nicht neu sind. 31